Plankstadt.. Die Kerwe fällt ein weiteres Mal aus, denn die Corona-Pandemie fordert weiterhin ihren Tribut. In den vergangenen Jahren hat sich das Gemeindearchiv regelmäßig der Plänkschter Kerwe angenommen und über Herkunft, Geschichte und Terminfestlegung, über Kerwebrauchtum hier und anderswo berichtet und so die Erinnerung an diese liebe Tradition aufrechterhalten.
Der Plänkschter Carnevalclub PCC hat ein Übriges getan und nach Kräften zum Erhalt der Tradition beigetragen; ebenso in früheren Jahren die „Kerweborscht“, die, von Manfred Wettstein vom Handwerker- und Gewerbeverein angeführt, am Kerwemontag durch die Geschäfte zogen.
Vielerlei Gründe mögen für den Rückgang alter Traditionen verantwortlich sein; man denke daran, dass sich heute fast niemand mehr für den Montagsfrühschoppen zur Kirchweih freinehmen kann oder die Anzahl der Gastwirtschaften immer mehr zurückgegangen sind. All diese Dinge wurden schon früher einmal beleuchtet, ebenso die Festlegung des Kerwetermins auf den dritten Sonntag im Oktober – wohlgemerkt nicht das dritte Wochenende – durch „den Gemeinderath, den Bürgerausschuß und die versammelte Gemeinde“, die am 26. September 1840 im Rathaus zusammengetreten, um die „weltliche Kirchweihfeyer dahier“ zu beraten. Zu dieser Zeit zählte Plankstadt rund 1550 Einwohner, davon waren 256 Bürger. Nur letztere waren abstimmungsberechtigt.
Geschäftsessen anno dazumal
Gerade auch an Kerwe darf an einen alten Brauch unter Geschäftsleuten erinnert werden, den man heute vergebens sucht – das Kundschaftsessen. Was versteht man darunter? In früheren Zeiten war es nicht üblich, an Sonn- und Feiertagen in eine Gaststätte zum Mittagessen zu gehen. Selbst bei größeren Gesellschaften wie bei Erstkommunion oder Konfirmation, mitunter sogar bei Hochzeiten, wurden eher die Möbel aus Wohn- und Schlafstube geräumt, um Platz zu schaffen für die Festtafel, als in Gastwirtschaften zu feiern. Es gab Köchinnen, die Erfahrung mit größeren Gesellschaften hatten und diese wurden für solche Zwecke engagiert, wenn sie nicht sowieso zur Verwandtschaft gehörten.
Nun hatten aber viele Geschäftsleute Kunden unter den Gastwirten des Ortes oder der Umgebung, denen sie sich verpflichtet fühlten und die sie wenigstens einmal im Jahr mit ihrem Besuch beehren wollten. Bei diesen Gelegenheiten ließen sich auch Gespräche mit anderen Geschäftsleuten führen, die sich ebenfalls in den Gaststätten aufhielten. Gerade das Kirchweihfest bot sich an. Großzügige Geschäftsleute nahmen dazu sogar Freunde mit, damit die Zeche größer ausfiel.
Dass wir es hier mit einer betriebswirtschaftlich relevanten Sache zu tun haben, zeigt die Tatsache, dass unsere Steuergesetze das Kundschaftsessen durchaus als wichtige Betriebsausgabe ansehen mit der Einschränkung, dass Kosten dafür nur abzugsfähig sind, wenn zum Beispiel bei einem solchen Besuch der Inhaber einer Gastwirtschaft auch Geschäftsfreund und die private Veranlassung unbedeutend ist und die betriebliche Veranlassung nachgewiesen werden kann.
Viele Bräuche geraten entweder in Vergessenheit oder sind aufgrund der heute gegebenen Umstände nicht mehr wie früher durchführbar. Dazu gehört auch der Leichenschmaus nach einer Beerdigung. Gaststättensterben oder Umwidmung von ehemaligen Nebenzimmern und Sälen oder auch völlig veränderte Öffnungszeiten stellen Angehörige von Verstorbenen hier vor eine manchmal unlösbare Aufgabe. Wo heute bestenfalls noch ein Kaffeetrinken infrage kommt, war es früher üblich, die ganze Beerdigungsgesellschaft zum Essen einzuladen.
Da bei Trauerfällen die anfallenden Beerdigungsmodalitäten immer auch Stress bedeuten, konnte dieser in gemütlicher Runde gut abgebaut werden. Und schlussendlich weist der Leichenschmaus darauf hin, dass für die Hinterbliebenen und Trauernden das Leben mit seinen alltäglichen Dingen weitergeht.
Einen geeigneten Ort für den Leichenschmaus zu finden, wird in heutiger Zeit auch immer problematischer, denn die Gastronomie hat immer seltener passende Nebenzimmer. Wenn man überhaupt etwas finden würde, sind diese Gaststätten heute tagsüber meist geschlossen. Wohlwollende Wirte öffnen auch schon mal extra für diesen besonderen Zweck am Nachmittag. Beerdigungsinstitute sind zum Teil ebenfalls schon dazu übergegangen, eigene Räumlichkeiten für die Hinterbliebenen anzubieten.
So wie hier dargestellt, ergeht es vielen alten Bräuchen und Gepflogenheiten. Dass sie aber auch in unserer Zeit fehlen, zeigt sich an den vielen literarischen Ratgebern, in denen ganz bewusst bestimmte Rituale zur Bewältigung von Lebenssituationen neu beschrieben, interpretiert und propagiert werden.
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