Plankstadt. „Eigentlich sollte Walter Zimmermann auch bei dem Gespräch dabei sein“, sagt seine Lebensgefährtin Eleonore Barker. Vor sieben Jahren habe sie die Leitung der Esso-Tankstelle in Plankstadt vom mittlerweile mehrfach am Herzen operierten Zimmermann übernommen – nachdem er diese 53 Jahre lang betrieben hatte. Und in den insgesamt 60 Jahren, in denen beide die Autofahrer und Raucher aus Plankstadt versorgten, hat sich nicht nur die Tankstelle grundlegend verändert.
Mit 25 Jahren, im Juli 1964, habe Walter Zimmermann die Tankstellenleitung übernommen, weiß seine heutige Lebensgefährtin: „Er hatte eine junge Familie, die alle hier integriert waren. Zum Beispiel hat die Tochter sogar hier gelernt.“
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Angefangen habe die Tankstelle nur mit einer einzigen Zapfsäule. „Damals gab es noch keine Werkstatt oder Waschstraße. Das kam mit der Zeit dazu.“ Den Waschservice habe es in den 1970er Jahren nur direkt an der Zapfsäule gegeben – durch die Hand eines Mitarbeiters. „Später gab es dann auch eine Autowerkstatt. Als es dann vor ungefähr 15 Jahren so aussah, als würde die Tankstelle an Roc (Retail Operating Company, Anmerk. der Red.) verkauft werden, wurde auch die Werkstatt geschlossen.“ Zwar sei es nie zu einem Verkauf gekommen, eine Autowerkstatt habe es im Nachgang aber auch nicht mehr gegeben: „Heute sind diese Räumlichkeiten unser Lager.“
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Knapp 80 Prozent der Kunden, schätzt Eleonore Barker, seien mit der Tankstelle groß geworden: „Es ist oft so, dass Leute herkommen und uns die Geschichten erzählen, die sie als Kinder mit dieser Tankstelle erlebt haben.“ Auch bei ihren Mitarbeitern habe sie immer auf einen Heimatbezug geachtet, erzählt Barker: „Ich selbst komme aus Bayern und kenne die Menschen erst, seit ich mit Walter liiert bin, also seit ungefähr 29 Jahren.“ Viele ihrer Mitarbeiter seien aber in Plankstadt aufgewachsen, was immer wieder zu spannenden Gesprächen führe: „Dann ist es halt auch kein Problem, wenn ein Stammkunde mal den Geldbeutel vergisst. Soll er einfach beim nächsten Mal zahlen.“
Eine dieser Mitarbeiterinnen ist Laura Grethlein, die sich erinnert: „Ich arbeite seit mittlerweile sechs Jahren hier. Angefangen habe ich als Aushilfe, mittlerweile bin ich stellvertretende Chefin.“ Als ein Kunde das Gespräch mit dem Reporter dieser Zeitung unterbricht, grüßt Grethlein ihn kurz, fasst mit einem gekonnten Griff hinter sich im Kassenbereich und schiebt augenblicklich zwei weiß-rote Schachteln Zigaretten über den Tresen. „Ja, bei vielen Kunden weiß ich, was sie rauchen. Das macht auch den Charme unserer Tankstelle aus, so als einzige in der Gemeinde“, weiß die junge Führungskraft.
„In drei Jahren habe ich die zehn Jahre voll, dann gebe ich die Leitung der Tankstelle ab“, kündigt Barker an. Die Nachfolge sei schon geklärt: Laura Grethlein wird Leiterin der Esso-Tankstelle in Plankstadt. „Zu Laura kommen alle unsere Kunden gerne, sie ist mit ihnen per Du, unterhält sich mit den meisten und weiß, was der Kunde individuell möchte. Und auch meine anderen Mitarbeiter fragen immer Laura, wenn sie irgendetwas brauchen“, lobt Barker.
Überfall hinterlässt Spuren
Ein solches Einkaufserlebnis zu schaffen, sei nicht nur schön für den Kunden, weiß Laura Grethlein: „Ich mag es, dass alles so familiär ist und ich mit den Leuten quatschen kann. Ein solch persönliches Verhältnis findet man in Großstädten kaum noch.“
Zuletzt beschäftigte sich das Team rund um die beliebte Esso allerdings nicht mit der Nachfolge von Zimmermann und Barker. Es ging viel mehr um die Ehrung beider Personen. „Ich musste nichts machen, alles haben meine Mitarbeiter organisiert“, erzählt die Chefin zur 60-Jahre-Feier. Es habe einen Grill, eine Bar, eine Tombola und vieles mehr gegeben: „Es lief sogar die Musik aus den 1970ern. Und es waren viele Kunden da, die wir persönlich einluden, was uns sehr freute.“ Die Einnahmen des gelungenen Festes seien allerdings nicht für die Tankstelle gedacht: „Wir spenden alles an die Ahrschipper.“
In den vielen Jahren, habe sich auch menschlich einiges verändert in Plankstadt: „Besonders seit der Pandemie ist alles unpersönlicher geworden“, weiß Barker. „Die Kunden sind mehr auf Zack. Alles muss schnell gehen und ist unpersönlich. Viele schauen auch während des kompletten Tankstellenbesuchs auf das Handy.“
Allerdings habe sich nicht nur der Kundenkreis verändert: „Seit dem Überfall im März 2023 (wir berichteten) sind Mitarbeiter deutlich vorsichtiger geworden.“ Eine Kollegin sei dabei mit der Machete bedroht worden: „Sie arbeitet hier heute gar nicht mehr, es war einfach zu hart.“ Eine andere Kollegin übernehme nicht mehr die Schicht am Abend: „So etwas hinterlässt einfach seine Spuren.“
Wer sich aber nicht verunsichern lässt: Laura Grethlein, eine sympathische, junge und dynamische Frau aus Plankstadt, der Regionalität und Persönliches wichtig sind – und die in drei Jahren die Esso-Tankstelle in Plankstadt übernimmt.
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