Plankstadt. Jahr für Jahr ist am zweiten Samstag im Juni der World Gin Day. Der internationale Tag des Gins wurde 2009 von dem Schotten Neil Houston ins Leben gerufen, um die Spirituose rund um den Wacholder zu ehren. Die Kurpfalz Distillers aus Plankstadt feiern natürlich mit. Die kleine Familienmanufaktur von Udo und Irmgard Weis entwickelt alle Destillate selbst. Im eigenen Keller ist eine Destillationsanlage aufgebaut, dort wird auch jede einzelne Flasche kontrolliert, etikettiert und für den Markt bereitgestellt.
Die Idee, einen „perfekten Gin“ zu entwickeln, kam dem promovierten Chemiker, Professor für Wirtschaftsingenieurwesen und CDU-Gemeinderat und seiner Frau nach dem Studium von mittelalterlichen Rezepten. „Technik, Wissen und Leidenschaft“ sehen die beiden als die drei Grundpfeiler ihrer gemeinsamen Arbeit. Mit dem „Buga 23 London Dry Gin“ präsentieren sich die Kurpfalz Distillers nun auch als offizieller Genusspartner der Bundesgartenschau in Mannheim.
Die ersten Versuche mit dem Wacholderschnaps liegen schon einige Jahre zurück. Die eigentliche Produktion startete vor über zwei Jahren mit dem „Wahrsager“-Gin. Idee war, einen reinen Gin zu schaffen, der nur die natürlichen Aromen der Botanicals enthält. Der Name leitet sich aus dem Wahrsagebuch, einer mittelalterlichen Handschrift aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts und Teil der Bibliotheca Palatina, ab. Das Etikett der Spirituose, die 2022 den World Spirits Award in Silber einheimste, zeigt Illustrationen aus dem Wahrsagebuch.
Die Rezeptur für den „Gin Doktor“ basiert auf wissenschaftlichen Versuchsreihen. Der Doktor im Namen steht symbolhaft als akademischer Grad. Beim Gin mit dem Namen „Achse“ nimmt Hobbyhistoriker Udo Weis Bezug auf die Achse zwischen den Bergen Königstuhl und Kalmit sowie die kurfürstliche Sommerresidenz in Schwetzingen. Es ist eine Hommage an die kurpfälzische Baukunst und die einstige Maulbeerbaumallee. Das Etikett zeigt die Karte des Hofastronomen Christian Mayer aus dem Jahre 1773.
Den aktuellen Buga-Gin sieht das Ehepaar Weis als eine Hommage an den Namensgeber der ehemaligen US-Kaserne auf dem jetzigen Buga-Gelände, Dominic Spinelli: „Ein Gin für Freundschaft und Frieden.“ Zwei besondere Botanicals sind drin, beschreibt Udo Weis die erdig und mediterran schmeckende Spirituose. Zum einen Topinambur als Symbol für die Freundschaft mit den US-Amerikanern, eine leuchtend gelb blühende Pflanze, deren Knollen auch hier als Nahrungsmittel und Stärkelieferant dient, zum anderen Mohn, seit dem ersten Weltkrieg ein Symbol für den Frieden, als in den rotblühenden Mohnfeldern von Flandern Tausende Soldaten ihr Leben lassen mussten. Für den besonderen Buga-Gin wurde Mohnsaat eingesetzt.
Mittelalterliche Rezepturen
Der erfolgreiche Versuch der Kurpfalz Distillers, mittelalterliche Heilrezepturen mit einem zeitgerechten Geschmack zu verbinden, schlägt sich im Kräutergeist „Kreutter“, so die mittelhochdeutsche Schreibweise, nieder. Piment, Zimt, Pfeffer, Koriander, Sternanis und ein Hauch von Kümmel treffen auf den Gaumen.
An weiteren Ideen mangelt es dem Ehepaar Weis nicht. Die offiziellen Gin-Sorten mit ihren starken Wacholdernoten werden in der Region destilliert, die geografischen Gin-Sorten allerdings nicht. Plymouth Gin darf nur im englischen Plymouth hergestellt werden. Der Gin de Mahón darf nur in der Hauptstadt Menorcas produziert werden, der Vilnius Gin nur in der Hauptstadt Litauens.
Der „Gin Doktor“ der Plankstadter Destille ist ein Old Tom Gin, die erste Variante des Gins, so wie wir ihn heute kennen: Sehr süß, wegen des hohen Zuckeranteils und sehr gut zur Zubereitung von Cocktails geeignet. Wer die bittersüße Kurpfalz im Glas haben möchte, ist mit dem Amaro „Ancello“ gut bedient. Die außergewöhnliche Grundlage fand das Ehepaar Weis in einer regionalen Pflanze der besonderen Art: Die kurpfälzische Bitterorange, oft auch dreiblättrige Zitrone genannt, ist ein Gewächs, das sich durch einen süßen harmonischen Geruch der Blüten im April bemerkbar macht.
Auf der Buga bieten Udo und Irmgard Weis zu bestimmten Terminen Vorträge und Gin-Tastings an. Man darf auch gespannt sein, was die Handball Wölfe Plankstadt zur neuesten Kreation der Kurpfalz Distillers sagen. Extra für das diesjährige Ortsmittefest am 17. und 18. Juni wurde für die Plänkschter Handballer ein spezielles „Wolfsblut“ entwickelt. Noch hat niemand diese Gin-Brombeere mit 45 Volumenprozent gesehen, geschweige denn probiert. Unsere Zeitung aber schon – das kräftige „Wolfsblut“ schmeckt hervorragend!
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