Plankstadt. Es war eine Zeitungsanzeige, die Julia Böbingers Lebensweg entscheidend beeinflusst hat. Aus Plankstadt stammend, hatte sie nach ihrem Abitur am Eppelheimer Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium Ende der 1990er-Jahre gerade ihr Studium der Anglistik und Romanistik abgeschlossen. Da erspähte sie das Inserat, mit dem ein Antiquariat im englischen Cambridge eine deutsche Aushilfe suchte. „Der Grund waren die altdeutschen Schriftzeichen: Dafür benötigte der Inhaber des Ladens einen Muttersprachler. Also habe ich mir gedacht, dass ich das doch mal einen Monat lang machen könnte. Am Ende bin ich dann sechs Jahre geblieben“, erzählt Julia Böbinger mit einem Lachen.
Dicke Einbände aus Leder und Gold, kauzige alte Professoren sowie eine fast schon klischeehafte englische Szenerie: Mit ihrem Job in Cambridge konnte die heute 48-Jährige jahrelang in eine andere Welt abtauchen. Parallel entwickelte sie ihre Leidenschaft für das Fotografieren weiter.
Zur Person: Julia Böbinger
- Julia Böbinger ist 1973 geboren und wuchs in Plankstadt auf. Sie besuchte das Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Eppelheim und studierte danach in Heidelberg, Freiburg und Wales Anglistik und Romanistik.
- Nach jahrelangen Stationen in England und der Schweiz lebt sie heute in Frankfurt, wo sie als Lehrerin im Bildungszentrum Hermann Hesse für junge Menschen mit Suchtproblemen arbeitet.
- Eine Auswahl von Julia Böbingers Fotografien sind bis auf Weiteres im Schwetzinger Hotel „Villa Benz“ in der Zähringerstraße 51 zu sehen.
- Nicht-Hotelgäste können die kleine Ausstellung bei freiem Eintritt nachmittags besuchen, sollten sich aber vorher kurz bei der Rezeption unter Telefon 06202/93 60 90 oder per E-Mail an villa-benz@wyhotels.de im Vorfeld anmelden.
Schon als Jugendliche hatte sie in Plankstadt und Umgebung oft eine Kamera dabei, damals natürlich noch analog und mit begrenzten Mitteln. „Das hat mein Auge wohl entscheidend geprägt: Ich hatte maximal 36 Bilder zur Verfügung und wusste nie, ob sie überhaupt etwas geworden sind. Da hat sich bei mir wohl ein Gespür für besondere Augenblicke entwickelt, das ich bis heute für meine Arbeit nutze“, sagt Julia Böbinger.
Auf die sechs Jahre in dem kleinen Antiquariat in Cambridge folgten zwei weitere, in denen sie an einem englischen College internationale Schüler und ihre Gastfamilien betreute. Dann fuhr sie ein halbes Jahr lang mit einem alten Auto quer durch Neuseeland, um schließlich in Basel Deutsch als Fremdsprache zu unterrichten.
Erst einige Zeit später näherte sich Julia Böbinger ihrer alten Heimat noch weiter an: Seitdem lebt sie in Frankfurt und unterrichtet als Quereinsteigerin im dortigen Bildungszentrum Hermann Hesse junge Menschen mit Suchtproblemen, die ihren Schulabschluss nachholen wollen. „Wir Lehrer können hier auf die Schüler sehr individuell eingehen - und kaum eine Unterrichtsstunde läuft ab wie geplant. Das macht den Job so faszinierend“, erklärt Julia Böbinger.
Jederzeit den Moment einfangen
Wohl auch durch diesen intensiven Kontakt zu Menschen ist Julia Böbingers „professionelles Hobby“ geprägt: die Fotografie. „Ich habe meine frühe Leidenschaft immer beibehalten und laufe ständig mit einer Kamera herum. Im Alltag und auf Reisen ist es meistens nur ein kleines Modell, aber mir ist wichtig, dass ich jederzeit einen passenden Moment einfangen kann“, sagt Julia Böbinger.
Entsprechend sind ihre Bilder von alltäglichen Situationen geprägt: Kleine Ereignisse, die im Kopf des Betrachters eine Geschichte entstehen lassen. Oft sind Menschen zu sehen, diesen Bezugspunkt sucht die offene und lebensfrohe Fotografin am liebsten. Aber auch Detailaufnahmen kommen in ihrem Werk vor, kleine Aspekte des großen Ganzen, die zum Nachdenken anregen sollen.
Lange Zeit sah Julia Böbinger das Fotografieren „eigentlich nur als Hobby für mich selbst“, wie sie sagt. Doch nach und nach ermutigten sie Freunde und Familie, ihre Werke der Öffentlichkeit zu zeigen. Am Ende führte dann das eine zum anderen - und Julia Böbinger kam mit ihrer Kunst in ihre alte Heimat zurück.
Suche nach lokalen Künstlern
Im Plankstadter Friseursalon von Ronald Wyss zeigte sie einige ihrer Werke – was bei einem Haarschnitt auch Julian Blem bemerkte. Der Geschäftsführer des Schwetzinger Hotels „Villa Benz“ war gerade auf der Suche nach lokalen Künstlern, um in seinem Haus regelmäßige Ausstellungen zu starten.
Die Werke von Julia Böbinger überzeugten ihn sofort – und so ist seit kurzer Zeit eine Auswahl ihrer Fotografien bis auf Weiteres in dem Hotel in der Zähringerstraße zu sehen (wir berichteten).
„Mir macht es jedes Mal Spaß, meine über die Jahre angesammelten Bilder zu sichten und eine Auswahl zu treffen, welche Motive ich zeigen und wie ich sie arrangieren will. Das ist ein sehr kreativer Prozess und dabei entdecke ich meine Fotografien manchmal für mich selbst ganz neu, das ist ein schöner Nebeneffekt“, erzählt Julia Böbinger.
Wichtig ist der 48-jährigen Wahl-Frankfurterin dabei, dass sie ihre Bilder fast nie nachbearbeitet. „Das wäre mir einfach zu künstlich“, sagt Julia Böbinger. „Ich will ja den möglichst authentischen Augenblick zeigen, der im nächsten Moment schon wieder vorbei ist. Wenn ich das den Betrachtern meiner Bilder bieten kann, ist ein Foto für mich gelungen.“
- Kontakt zu Julia Böbinger per E-Mail an jboebinger@gmx.de
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