Es war ein Abschied nach 14 Jahren und das Ende eines der letzten inhabergeführten Häuser in Hockenheim: Im vergangenen Frühjahr musste Julian Blem sein „Hotel am Flughafen“ wegen der Folgen der Corona-Krise schließen (wir berichteten). Damit endete auch eine lange Familientradition. „Schon meine Großeltern haben als Gastwirte den ,Badischen Hof’ in Plankstadt geführt, meine Eltern dann in Schwetzingen das ,Weiße Rössl’ und unsere Familienmetzgerei. Insofern geht durch Corona wirklich eine Ära zu Ende“, sagte Blem damals im Gespräch mit unserer Zeitung.
Doch am Ende war die Tradition dann doch stärker: Einige Monate später, als das Gastgewerbe zumindest den Sommer über wieder besser dastand, konnte Julian Blem eine Stelle als Geschäftsführer im Schwetzinger Hotel „Villa Benz“ antreten. Der Inhaber – ein langjähriger Freund von Blem – konnte die große Erfahrung des ehemals selbstständigen Hoteliers gut gebrauchen. Und auch wenn er jetzt nicht mehr „sein eigener Chef“ ist, kann Julian Blem doch weiterhin seiner Leidenschaft nachgehen und das Gästehaus in der Zähringerstraße führen.
„Die Lage direkt am Schlossgarten und die schöne alte Villa sind eine außergewöhnliche Arbeitsumgebung, insofern bin ich gerne wieder nach Schwetzingen zurückgekehrt. Außerdem haben meine Großeltern ebenfalls in der Zähringerstraße gewohnt, ich kenne mich hier also seit meiner Kindheit gut aus und fühle mich zu Hause“, sagt Blem freudestrahlend, während er durch das kleine Hotel mit seinen zehn Zimmern führt.
„Die vergangenen Monate waren für unsere Branche natürlich wieder hart: Unsere Auslastung war die meiste Zeit über sehr gering und liegt auch jetzt noch rund 40 Prozent unter dem Durchschnitt normaler Zeiten. Aber wir spüren für die kommenden Wochen und den Sommer eine stärkere Nachfrage, so langsam buchen auch Touristen wieder Übernachtungen. Das ist für Schwetzingen natürlich enorm wichtig, weil der Tourismus hier eine so große Rolle spielt“, sagt Julian Blem und blickt optimistisch in die Zukunft. „Mit den wohl bald zum größten Teil fallenden Corona-Vorgaben wird sich dieser Trend bestimmt noch steigern.“
Ausstellung in Fluren
Aktuell sind Masken und Teilnehmergrenzen allerdings noch Pflicht – und so durften am Wochenende nur rund 30 Besucher in die „Villa Benz“ kommen, um die Vernissage einer besonderen Ausstellung zu erleben: Die in Plankstadt aufgewachsene Fotografin Julia Böbinger stellt in den kommenden Wochen einige ihrer Werke aus. „Die Idee hatte ich, weil die Flure der Villa wie gemacht sind für eine kleine Ausstellung“, verrät Julian Blem, der die Kunstausstellung an seiner neuen Wirkungsstätte initiiert hat. Und so können Besucher ab sofort zwischen den Gästezimmertüren und im Frühstücksraum die spannenden Werke von Julia Böbinger betrachten.
„Für mich sind Alltagsszenen besonders interessant, die eine kleine Geschichte erzählen. Deshalb habe ich eigentlich immer eine Kamera dabei, und wenn es nur ein kleines kompaktes Modell ist. Denn ich will die kurzen Augenblicke einfangen können, die im nächsten Moment schon wieder verschwunden sind“, erzählt Julia Böbinger. Für die Ausstellung in der „Villa Benz“ hat die 48-Jährige einen Querschnitt ihrer Werke ausgewählt: Menschen und Straßenszenen, dabei immer wieder Graffiti-Malereien als Bild im Bild.
Der Blick für das Besondere im Alltäglichen mag auch durch ihre hauptberufliche Arbeit als Lehrerin im Frankfurter Bildungszentrum Hermann Hesse geprägt sein. Die „Schule für neue Chancen“, wie sich die soziale Einrichtung selbst nennt, unterstützt junge Menschen mit Suchtproblemen dabei, ihren Abschluss zu machen. „Der unverstellte Blick auf Menschen hat mich schon immer fasziniert“, sagt Julia Böbinger. „Deshalb bearbeite ich meine Bilder auch so gut wie nie nach. Das wäre mir einfach zu künstlich.“
Ihre kleine Ausstellung in der „Villa Benz“ ist in den kommenden Wochen nachmittags auch für Nicht-Hotelgäste geöffnet – idealerweise sollten sie sich vorher kurz bei der Rezeption unter Telefon 06202/ 93 60 90 oder per E-Mail an villa-benz@wyhotels.de anmelden. Und auch regionale Künstler können sich an Julian Blem wenden, wenn sie Interesse haben, im Hotel auszustellen.
„Ich würde dieses Kunst-Experiment gerne dauerhaft fortführen und immer wieder neue Ausstellungen anbieten. Vielleicht sind auch Skulpturen in unserem Garten oder auf der Vorderseite möglich, direkt an der Zähringerstraße und mit Blick auf den Schlossgarten. Unser Haus soll nämlich für alle Besucher offen sein. Genau wie damals, als meine Großeltern in Plankstadt mit ihrer Gastwirtschaft eine lange Familientradition begründet haben, die ich nun zum Glück weiter fortführen kann“, sagt Julian Blem freudestrahlend.
Info: Weitere Bilder gibt es unter www.schwetzinger-zeitung.de
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