Plankstadt. Mit einem außergewöhnlichen Gottesdienst feierten die evangelischen Kirchengemeinden am Reformationstag in Plankstadt. Unter dem Titel „Zu Gast bei Kirche“ lud Moderator Simon Layer am 31. Oktober zu einer Talkshow ein, die sich der Frage widmete: Wozu braucht es heute noch Kirche? Bereits beim Eintritt in die gut gefüllte Kirche war zu spüren, dass an diesem Abend kein gewöhnlicher Gottesdienst bevorstand. Layer begrüßte die Besucher herzlich und bat sie gleich zu Beginn um spontane Statements aus dem Publikum – ein Auftakt, der für viele überraschend kam und die lebendige Atmosphäre des Abends bestimmte.
Reformationstag neu gestalten
Zum zweiten Mal hatte sich ein Team um Nicole Amend, Paul Hafner, Simone Heidbrink, Daniel Horsch, Dr. Susanne Laupichler und Simon Layer vorgenommen, den Reformationstag in neuer Form zu gestalten. Statt Predigt und klassischer Liturgie wurde eine Talkshow inszeniert, in der auf hohem Niveau über die (Nicht-)Notwendigkeit von Kirche gestritten wurde. Die Rollen waren prominent besetzt: Friedrich Nietzsche wurde von Daniel Horsch dargestellt, Richard Dawkins von Simone Heidbrink, Karl Barth von Nicole Amend. Susanne Laupichler nahm als engagiertes Kirchenmitglied an der Runde teil und brachte die Stimme der Gläubigen ein.
Begleitet wurde der Abend von Bezirkskantor Paul Hafner und dem Regio-Chor Nordwest, die den musikalischen Rahmen bildeten. Zwischen Liedern, Gesprächen und Gebeten wechselten sich theologische Tiefe und pointierter Humor ab. Die liturgischen Elemente des Gottesdienstes waren geschickt in das Talkshow-Format integriert, wodurch ein spannender Wechsel zwischen Inszenierung und geistlicher Reflexion entstand. Besonders eindrucksvoll wurde, wie Musik und Wort sich gegenseitig ergänzten – etwa wenn der Chor den Psalm „Die Himmel erzählen die Ehre Gottes“ aufgriff und damit eine Brücke zwischen Diskussion und Glauben schlug.
Scharfe Kritik an der Kirche
Inhaltlich trafen an diesem Abend Welten aufeinander. Nietzsche und Dawkins bestritten die Notwendigkeit von Kirche mit scharfer Kritik: Religion mache schwach, verhindere Fortschritt und sei nichts anderes als ein Lückenfüller für Unwissen. Dawkins spitzte zu, indem er den Glauben an Gott mit dem Glauben an rosa Einhörner verglich – ein Plüschtier als ironisches Symbol hatte er gleich dabei. Karl Barth hielt mit theologischer Klarheit dagegen: Kirche sei nötig, weil der Mensch Orientierung brauche und Gott sich in seiner Liebe immer wieder offenbare. Susanne Laupichler unterstrich, dass Kirche Gemeinschaft schaffe und Menschen in schwierigen Lebenslagen begleite – durch Seelsorge, Unterstützung und gelebte Mitmenschlichkeit.
Der Dialog zwischen den Figuren war anspruchsvoll und unterhaltsam zugleich. Nietzsche stellte das Ideal des „Übermenschen“ in den Raum, während Barth betonte, dass allein Christus der wahre Mensch sei – ein Gegenpol zu menschlicher Selbstüberhöhung. In Laupichlers Worten zeigte sich schließlich das Anliegen vieler: Kirche müsse relevant bleiben, indem sie sich in gesellschaftliche Diskussionen einbringe und auch dort präsent sei, wo Menschen am Rand stünden.
Die Besucher reagierten aufmerksam, lachten über pointierte Einwürfe und hörten konzentriert zu, wenn es ernster wurde. Am Ende zeigten sich viele beeindruckt von der Verbindung aus Theater, Theologie und Gottesdienst. Die Fürbitten wurden in veränderter Form eingebaut, das Publikum durfte eigene Anliegen äußern und wurde so aktiv in den Ablauf einbezogen.
Am Ausgang überwogen Lob und Anerkennung. „Nächstes Jahr bitte wieder so!“, sagte eine Besucherin begeistert. Die aufwendige Vorbereitung und die dichte inhaltliche Gestaltung fanden große Wertschätzung. Das Team um Nicole Amend, Paul Hafner, Simone Heidbrink, Daniel Horsch, Dr. Susanne Laupichler und Simon Layer zeigte, dass der Reformationstag auch im 21. Jahrhundert Raum für neue Formen des Glaubens und des Denkens bieten kann.
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