Energiewende

Klimaschutz-Leitbild in Plankstadt: „Es wird teuer und es wird bitter“

Die Auftaktveranstaltung der Gemeinde erläutert den aktuellen Stand in Plankstadt und im Kreis – und zeigt die Konsequenzen der Energiewende auf.

Von 
Volker Widdrat
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Bürgermeister Nils Drescher begrüßt im Trausaal des Rathauses zahlreiche interessierte Zuhörer zur Auftaktveranstaltung für die Energiewende und die Vorstellung des geplanten Klimaschutz-Leitbilds der Gemeinde. © Widdrat

Plankstadt. Die Auftaktveranstaltung zur Energiewende mit der Vorstellung des geplanten Klimaschutz-Leitbilds der Gemeinde Plankstadt war sehr gut besucht. Bürgermeister Nils Drescher begrüßte im Rathaus rund 70 Bürger, darunter Mitglieder der Lokalen Agenda, Landwirte, Gemeinderäte und Vereinsvertreter. Klimaschutz sei in Plankstadt schon lange Thema und mittlerweile eine wichtige Aufgabe, die nur durch die Zusammenarbeit aller Beteiligter aus Politik, Verwaltung, Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft erfolgreich bewältigt werden könne, so Drescher.

Was erwartet die Bundesregierung von Gemeinden wie Plankstadt? Die Frage beantwortete Diplom-Ingenieur Volker Broekmans, der über die Energiepolitik in Deutschland referierte. Der Fachmann von der Deutschen Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft (DSK) hatte aber auch jede Menge Hiobsbotschaften im Gepäck. Fossile Energieträger wie Gas und Öl würden kontinuierlich verteuert, um Anreize für Sanierung und Umstieg auf Erneuerbare Energien zu schaffen. Die Wärmeversorgung sei eine besondere Herausforderung für innerstädtische Quartiere sowie den Gebäudebestand.

Es muss schnell gehen mit dem Klimaschutz in Plankstadt

„Der Gebäudesektor muss in 23 Jahren klimaneutral werden“, erklärte Broekmans. Den Kommunen kommt im klimapolitischen Handeln eine wesentliche Rolle zu. Sie sind für die lokale Umsetzung unterschiedlicher Maßnahmen zuständig und können durch die Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen die Geschwindigkeit und den Erfolg der Klimaschutzarbeit begünstigen.

Die Versorgung mit Energien für Wärme, Strom und Mobilität erfordert einen langfristigen Planungsprozess. Und doch muss es schnell gehen. Die netzbasierte Wärmeversorgung mit Einbindung nachhaltiger Energien sei ein „entscheidender Baustein der künftigen Wärmeversorgung im Bestandsgebäudesektor“. Künftig werden netzbasierte Wärmesysteme die zweite wichtige Säule der Wärmeversorgung darstellen müssen.

Stadtwerke stellen hier für Kommunen ein Instrument zur aktiven Gestaltung der lokalen Energiewende dar. „Sie können sich aufregen, wie Sie wollen, Sie werden den Wandel hinkriegen und auch finanzieren müssen. Es wird teuer und es wird bitter“, sagte der Fachmann den Zuhörern.

Diplom-Ingenieur Volker Broekmans von der Deutsche Stadt- und Grundstücksentwicklungsgesellschaft (DSK) erklärt, warum die Wärmeversorgung eine besondere Herausforderung für innerstädtische Quartiere sowie den Gebäudebestand ist. © Widdrat

Die Aufgabenfelder für die Kommunen böten aber auch Chancen. Eine vielfältige Förderlandschaft unterstütze die kommunalen Akteure. Eine enge Verknüpfung der kommunalen Wärmeplanung mit stadtplanerischen Instrumenten sei essenziell für die Umsetzung. „Dank der Wärmeplanung erhalten Kommunen ein konsistentes Zielbild eines treibhausgasneutralen Gebäudebestands als Grundlage für Stadtentwicklung und Energieplanung“, führte Broekmans aus und definierte ein Quartier als „Identifikations- und Handlungsraum für Menschen“. Bauherren oder Eigentümer, deren Gebäude in räumlichem Zusammenhang stehen, können Vereinbarungen über die gemeinsame Versorgung mit Wärme oder Kälte treffen.

Diplom-Ingenieur Michael Müller sprach über die Erstellung der Potenzialanalyse „Erneuerbare Energien im Rhein-Neckar-Kreis“ und den „Steckbrief“ für Plankstadt. Der Bereichsleiter des Instituts für angewandtes Stoffstrommanagement der Hochschule Trier erläuterte die mögliche Land- und Flächennutzung bei der Energieversorgung. Die Studie für den Rhein-Neckar-Kreis beinhaltet ein mögliches Szenario zur Erreichung einer Klimaneutralität bis 2040. Der Gesamtenergiebedarf des Rhein-Neckar-Kreises wird mit rund 13,5 Millionen Megawattstunden beziffert. Die verteilen sich mit rund 19 Prozent auf den Gesamtstromverbrauch, 46 Prozent auf den Gesamtwärmeverbrauch und 35 Prozent auf Energieverbräuche im Sektor Verkehr und Transport.

Erneuerbare mit geringem Anteil

Der Anteil der regenerativen Energien liegt im Stromsektor bei 18 Prozent, während der Wärmesektor zu rund 15 Prozent aus regenerativen Quellen gedeckt wird. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, muss der Ausbau der regenerativen Energieträger deutlich beschleunigt werden. Es zeigt sich, dass im Rhein-Neckar-Kreis rund 9,8 Millionen Megawattstunden Strom und 625 000 Megawattstunden für den direkten Wärmeeinsatz aus regenerativen Energieträgern erzeugt werden könnten. Die größten Ausbaupotenziale liegen in der Photovoltaik (5,6 Millionen Megawattstunden) und Windkraft (4 Millionen Megawattstunden).

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Für Plankstadt beträgt der Gesamtenergieverbrauch rund 171 500 Megawattstunden, das entspricht einem Pro-Kopf-Verbrauch von rund 16,8 Megawattstunden. Der Anteil Erneuerbarer Energien im Strombereich liegt bei sechs Prozent, der Anteil im Wärmebereich bei sieben Prozent. Für die Windkraft gibt es keine Potenziale, aber für Solarenergie auf Dachflächen. So sind etwa 63,5 Prozent des aktuellen Stromverbrauchs durch Photovoltaik auf Dachflächen möglich. Müller erläuterte auch die Möglichkeiten für Solarenergie auf Freiflächen.

Bei einer Gesamtfläche von 850 Hektar beträgt die aktuell landwirtschaftlich genutzte Fläche rund 560 Hektar. Eine mögliche Flächenkulisse für Photovoltaik beläuft sich auf 18,6 Hektar beziehungsweise 38,5 Hektar nach dem neuen EEG-Gesetz. Durch die Lage im Oberrheingraben ist ein großes Potenzial für die Nutzung der Tiefengeothermie gegeben. Wasserkraft hat keine Potenziale in Plankstadt. „Solar ist eine Chance, einen Beitrag zur Energiewende zu leisten“, meinte Müller. Es brauche aber viel Zeit: „Versuchen Sie, mehrere Meinungen einzuholen.“

Klimaschutzmanagerin Ulrike Krause stellte die Planungen für ein Klimaschutz-Leitbild für die Gemeinde vor. Seit über 30 Jahren arbeite Plankstadt erfolgreich an den Themen Umwelt- und Klimaschutz. Interessierte Bürger sollen die Möglichkeit haben, an der Erstellung mitzuwirken. Im Leitbild sollen die wichtigsten Ziele für eine nachhaltige kommunale Klimaschutz- und Energiepolitik in der Gemeinde verankert werden.

Alle Hausdächer in Plankstadt fotografiert

Die Ist-Analyse ist weitgehend fertiggestellt. Die Maßnahmen sollen dem Gemeinderat Ende des Jahres vorgestellt werden. Krause kündigte Workshops zu fünf Themenbereichen an: Energiewende im Stromsektor, Energiewende in der Wärmeerzeugung, Mobilitätswende in Plankstadt, Klimaschutz in Unternehmen und Gewerbe sowie energetische Sanierung von Gebäuden. Dazu wird ein Solarkataster erstellt. Mit einem Flugzeug waren unlängst sämtliche Dachflächen des Ortsgebiets systematisch fotografiert worden.

Abschließend kündigte die Klimaschutzmanagerin eine Veranstaltung an: Das Sanierungsmobil steht am Donnerstag, 16. März, von 10 bis 18 Uhr auf dem Festplatz. Um 16 Uhr wird Bürgermeister Nils Drescher die Fahrradständer einweihen, anschließend startet die Tour über den neuen Rad- und Fußweg „rund um Plankstadt“.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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