Apotheken

Medikamentenknappheit Plankstadt: Eine Verkettung unglücklicher Umstände

Die bundesweite Medikamentenknappheit und die Lieferengpässe bei Fiebersäften sind auch in der Region um Plankstadt und Eppelheim zu spüren.

Von 
Laura Kaltschmidt
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Apotheker raten besorgten Eltern dazu, auf andere Arzneimittel umzusteigen, wenn Fiebersäfte nicht oder nur schlecht erhältlich sind. Dazu zählen dann auch unbeliebtere Formen wie Zäpfchen. © Franziska Gabbert /dpa

Plankstadt/Eppelheim. Bestellungen im Internet sind mittlerweile großer Bestandteil der meisten Haushalte in Deutschland und weltweit. Von Kleidung, über Elektronik bis hin zu Möbelstücken ist das Angebot zahlreicher Onlineshops unendlich groß. Die Lieferwege, welche bestellte Waren hinter sich haben, sind allerdings deutlich länger, als der Weg zum Einkaufsmarkt wäre. In Anbetracht der zunehmenden Globalisierung und Vernetzung der Welt wird schlussendlich immer weniger im Land der Käufer produziert, fast alles wird aus dem Ausland importiert oder ist mindestens auf Rohstoffe aus anderen Ländern angewiesen.

Vor mehr als zwei Jahren, als die Corona-Pandemie begann, wurde vielen – vielleicht zum ersten Mal – bewusst, wie sehr unser alltägliches Leben von anderen Ländern auf der ganzen Welt abhängt. Darauf folgte die Blockade des Suezkanals, welche erneut darauf aufmerksam machte, wie lang der Weg unserer Güter eigentlich ist. Doch was passiert, wenn plötzlich nicht mehr nur die Regale in Supermärkten, sondern auch die Regale unserer lokalen Apotheken leer bleiben?

In Erklärungsnot

In diesem Sommer sind einerseits die Corona-Zahlen besonders hoch, andererseits häufen sich auch Grippe-Infektionen. Vor allem viele Eltern sehen sich mit der Knappheit von Fiebersäften konfrontiert. So beispielsweise auch Viktoria Domke, eine dreifache Mutter aus unserer Region. Sie sorge sich vor allem um ihr jüngstes Kind im Alter von zehn Monaten: „Den älteren beiden kann ich besser erklären, dass es ihnen bald wieder gut geht. Bei einem Baby ist das wirklich schwierig.“ Die sofortige Fiebersenkung bei Babys hält sie selbst für sehr sinnvoll und wichtig, während sie bei ihren älteren Kindern im Kindergarten- und Grundschulalter weniger Sorgen habe. Sie habe zum Glück noch ein bisschen Fiebersaft in der Hausapotheke für Notfälle, aber über den Winter reiche das nicht. „Man unterstützt sich natürlich auch unter Freunden mit den Vorräten“, sagt Domke. Dennoch fragt sie sich, wie der Winter verlaufen wird, wenn es schon zur Sommerzeit so große Schwierigkeiten gibt. „Die Knappheit verschiedenster Schmerzmittel und Medikamente ist ein bundesweites Problem“, erklärt Monika Müller-Jaschinski, Inhaberin der Central-Apotheke Eppelheim, im Gespräch mit dieser Zeitung.

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So seien Ibuprofen, Paracetamol und zahlreiche andere Medikamente nicht nur in Eppelheim und in Plankstadt, sondern in ganz Deutschland derzeit schwer zu beschaffen. Während die Nachfrage steigt, sinkt das Angebot. Die Gründe für die akute Knappheit, beziehungsweise konkret für die Engpässe, seien vielfältig und das Ergebnis eines schleichenden Prozesses. Das bestätigt auch Birgit Pernickel, Filialleiterin der Schubert-Apotheke in Plankstadt und meint, dass dieser schon vor mehreren Jahren ins Rollen gekommen sei. Oliver Steinkrüger von der Apotheke im Ärztehaus in Eppelheim findet: „Es ist schwer einzuschätzen, woran das konkret liegt. Es gibt viele Lieferkettenverschiebungen, die aufeinandertreffen.“ Die Ware käme überwiegend aus dem Ausland, hauptsächlich aus China, wo vieles derzeit stillsteht. Steinkrüger glaubt, von Pandemie über Lieferschwierigkeiten bis hin zum Krieg seien es viele unglückliche Umstände gleichzeitig. „Es ist wie verhext“, meint Steinkrüger.

„Die Großhändler, von denen wir die Medikamente bekommen, haben nichts mehr im Lager“, erklärt Pernickel. Eine mögliche Lösung sei, dass der Arzt eine Rezeptur verschreibt, welche dann vor Ort angemischt werden könne. Obwohl die Problematik schon länger bestehe, habe man bisher niemanden mit leeren Händen nach Hause schicken müssen. „Es gibt meistens auch andere Möglichkeiten, um die jeweiligen Wirkstoffe einzunehmen. Zäpfchen, Brause- oder Schmelztabletten sind beispielsweise eher noch zur Verfügung“, erklärt Pernickel. Es sei wichtig, dass vor allem bei Kindern auch mal auf die unbeliebteren Zäpfchen ausgewichen wird.

Es gibt Alternativen

Alternativ sei beispielsweise das verschreibungspflichtige Novaminsulfon, das auch in Tropfenform erhältlich ist, für Kinder geeignet. Es gebe keinen Grund zur Panik. Pernickel, Müller-Jaschinski und Steinkrüger appellieren vor allem an ihre Kunden, keine Medikamente zu horten. Pernickel erinnere die Situation an die leeren Klopapierregale zu Beginn der Pandemie. Alle Apotheker bitten die Kunden darum, nur bei Bedarf Medikamente zu kaufen, sodass jeder, der sie braucht, auch welche bekommen kann. Es sei allerdings keine dauerhafte Lösung, auf andere Mittel umzusteigen.

Erneut zeigt sich, dass eine geringere Abhängigkeit vom Ausland profitabel wäre. „Das ist aber kein Prozess, der innerhalb von zwei Tagen passieren kann“, erkennt Steinkrüger. Er findet, es zeige sich bei allen Dingen, dass es ein Ziel sein muss, Unabhängigkeit zu schaffen. Er ist sich relativ sicher, dass diese Situation sich wieder entspannen werde. Und bis dahin fände man Lösungen, um ein Kind fieberfrei zu bekommen, wenn auch ohne Auswahl und ohne Luxus.

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