Plankstadt. Man muss schon genau hinsehen, um die Photovoltaikanlage (PV-Anlage) auf dem Dach des Hauses von Gaby und Gerhard Wacker in der Willy-Brandt-Straße zu entdecken. Geht man hinter dem Gebäude ein paar Schritte zurück und schaut nach oben, kann man eine Ecke der Vorrichtung mit den Solarmodulen erahnen. Bis die PV-Anlage auf dem Dach installiert war, war es ein weiter Weg. Das Ehepaar Wacker berichtet von Behördengängen, unzähligen Anrufen und zu zahlenden Gebühren. Schuld daran ist ein kleiner Absatz im Bebauungsplan „Bruchhäuser Weg“ aus dem Jahr 2007: „Solar- und Photovoltaik-anlagen dürfen die obere Dachhaut nicht mehr als 0,25 Meter überragen. Eine Aufständerung ist nicht zulässig.“ Denn die Neigung des Daches der Wackers beträgt elf Grad, aufgeständert werden sollte auf 30 Grad.
„Damals wollte der Gemeinderat aus optischen Gründen keine Aufständerungen zulassen“, erzählt Gaby Wacker, die selbst im SPD-Ortsverein aktiv ist und einige Zeit lang im Gemeinderat saß. Mittlerweile hat sich die Meinung des Gremiums diesbezüglich geändert – es sei nicht mehr zeitgemäß. Deshalb hat der Rat in seiner jüngsten Sitzung auf Antrag der SPD-Fraktion auch einstimmig beschlossen, diesen Satz endgültig aus dem Bebauungsplan zu streichen. Aufständerungen sind künftig erlaubt.
Für Gerhard und Gaby Wacker kommt der Beschluss leider zu spät. Sie mussten einen Befreiungsantrag stellen. Im August erkundigten sie sich beim Plankstadter Bauamt und erfuhren, dass sie sich ein Formular beim Baurechtsreferat in Heidelberg herunterladen und mit einem amtlichen Lageplan dreifach einreichen müssen. Und dann kam schon das erste Problem: Das Formular war auf der Webseite nicht auffindbar. Über ein Telefonat fanden die Plankstadter heraus, dass das Dokument nun beim Wirtschaftsministerium verlinkt sei. Schließlich forderten Gaby und Gerhard Wacker einen amtlichen Lageplan beim Vermessungsamt an. „Bei der Gemeinde liegt er quasi in der Schublade, aber trotzdem mussten wir ihn neu anfordern, weil er nicht ,amtlich‘genug ist“, erzählen sie. Die Gebühr dafür waren 20 Euro.
Odyssee wegen PV-Anlage in Plankstadt: Unterlagen unvollständig
Die Gemeinde Plankstadt erteilte schnell die Befreiung. Damit sollte die Sache aber noch lange nicht erledigt sein. Ende August kam die Nachricht vom Baurechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises, dass die eingereichten Unterlagen unvollständig seien. Eine zeichnerische Darstellung und vermaßte Ansichten werden gefordert. „Einen Architekten oder Bauzeichner dafür zu beauftragen, hätte uns viel Geld gekostet“, gibt Gerhard Wacker zu bedenken.
Das Bauamt in Plankstadt hatte darauf übrigens keinen Einfluss – die Mitarbeitenden versuchten zu helfen, konnten aber nicht auf die Forderung aus Heidelberg einwirken. Nach mehreren Telefonaten kam nun der Vorschlag, das Ehepaar solle einen Plan mit der Seitenansicht des Hauses einsenden, auf dem ein 30-Grad-Winkel eingezeichnet ist, der die spätere PV-Anlage darstellen solle. „Die ,Geometrie-Hausaufgaben‘ haben wir erledigt und eingesendet“, erzählt Gaby Wacker weiter.
Jetzt mussten sie und ihr Ehemann auf den Eingangsbescheid warten. Sobald dieser eingehe, solle binnen zwei Monaten entweder eine Zu- oder Absage kommen. Ärgerlich für die Plankstadter, sie hatten schließlich einen ablaufenden Kostenvoranschlag und ein neues Angebot wäre mit erheblich mehr Kosten verbunden. Darauf wiesen sie gegenüber dem Amt hin. Auf Verständnis stießen sie allerdings nicht. Stattdessen wurde auf die dünne Personaldecke und die viele Arbeit hingewiesen, eine Beschleunigung sei nicht möglich.
Ende September fragten die Plankstadter nach, wo die Eingangsbestätigung bleibe. „Erst wenn der Bescheid da ist, beginnt die Zwei-Monatsfrist“, erklärt Gaby Wacker. Nach drängender Nachfrage bekam sie ein Schreiben per E-Mail, in dem stand, dass noch Unterlagen vom Plankstadter Bauamt fehlten. „Wir haben direkt nachgefragt und das Bauamt versicherte uns, dass nichts mehr fehlt“, fügt sie verärgert hinzu. Parallel informierte sie die SPD-Fraktion, die schließlich den Stein zur Änderung des Bebauungsplans „Bruchhäuser Weg“ ins Rollen brachte. Und sie schickte Unterlagen an das Büro des SPD-Landtagsabgeordneten Daniel Born und regte an, eine parlamentarische Anfrage zu starten.
Mehrere Wochen zogen ins Land und am 26. Oktober kam dann der Bescheid der Lieferfirma, dass Solarmodule und Wechselrichter nun zur Verfügung stünden. Sollte das Unternehmen die PV-Anlage nicht zeitnah montieren können, vergebe man das Material anderweitig und Familie Wacker müsse mehrere Monate warten. Die beiden standen vor einem Dilemma und entschieden letztlich, die Anlage montieren zu lassen. Endlich, am 2. November, trudelte die Genehmigung ein. Verbunden mit einem Gebührenbescheid über rund 365 Euro. Das ärgert das Ehepaar. „Wir haben direkt Widerspruch eingelegt“, erklären sie. Bald darauf kam die erste Mahnung, der Betrag stieg auf 372 Euro. Eine Reaktion auf den längst eingereichten Widerspruch blieb zunächst aus.
Odyssee wegen PV-Anlage in Plankstadt: Präsidium wird eingeschaltet
„Dann wurde er abgelehnt mit der ,Empfehlung’, ihn bis zum 20. Dezember zurückzunehmen.“ Falls nicht, würde der Vorgang dem Regierungspräsidium vorgelegt werden. Unter Vorbehalt leisteten die Plankstadter die Zahlung, den Einspruch nahmen sie nicht zurück. „Und das werden wir auch nicht tun“, sagt Gaby Wacker entschlossen. Gerade mit Blick auf die Energiekrise und der deshalb gebotene dringende Ausbau der erneuerbaren Energien sollte einem die Anschaffung einer PV-Anlage nicht so schwer gemacht werden. Und vor allem nicht so zeit- und kostenintensiv. Die Wackers haben jetzt noch einen Brief direkt an das Regierungspräsidium geschrieben. Ihre Sorge sei, dass das Baurechtsamt nur die reine Formalie zur Entscheidung vorlegt und diese nicht beanstandet wird. Ihnen gehe es aber darum, das Grundsätzliche klären zu lassen und auch aufzuzeigen, dass das Hindernis, das sich ihnen in den Weg stellte, vom Gemeinderat zwischenzeitlich aus dem Weg geräumt wurde. Sie also die einzigen Betroffenen sind, die diese Kosten tragen müssen. Eine Antwort steht bis heute aus.
Blickt man von der Straße aus auf das Haus in der Willy-Brandt-Straße, kann man kaum glauben, dass hinter der Ecke, die leicht auf dem Dach hervorblitzt, eine solche Odyssee steckt.
URL dieses Artikels:
https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/plankstadt_artikel,-plankstadt-photovoltaikanlage-stellt-plankstadter-paar-vor-unzaehlige-buerokratische-huerden-_arid,2043538.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.schwetzinger-zeitung.de/orte/plankstadt.html