Reilingen. Mit Ordnern, Computer, Drucker, Laptop und einigen weiteren Dingen ist Pfarrerin Eva Leonhardt im katholischen Pfarramt eingezogen. Ja, sie haben richtig gelesen, die evangelische Pfarrerin wird in nächster Zeit Tür an Tür mit ihrem katholischen Kollegen Pfarrer Christian Müller arbeiten, der ihr in der Not Unterschlupf gewährt.
Das evangelische Pfarrbüro ist nach einem Wasserrohrbruch nicht nutzbar
Nach einem Wasserrohrbruch am Martinstag ist das Haus, in dem sich das evangelische Pfarrbüro befindet, zu Zeit nicht nutzbar und deshalb findet man die Pfarrerin und ihre Sekretärin aktuell im katholischen Pfarrhaus in der Reilinger Hauptstraße.
Als Eva Leonhardt am Abend des 11. November den Anruf erhielt, dass es beim evangelischen Pfarramt zu einem Wasserrohrbruch gekommen war und das Wasser in den dortigen Keller läuft, war sie gerade unterwegs und begann sofort zu telefonieren, um zu fragen, wer vor Ort nach dem Rechten, nach Schäden schauen könnte.
Die Pfarrgemeinderäte Walter Dorn und Nadine Bikowski machten sich gleich auf den Weg und fanden einen Keller vor, der voller Wasser stand. Das Wasser in der Schulstraße wurde daraufhin sofort abgestellt und die Feuerwehr pumpte die Kellerräume leer. Nach ersten Reparaturen hatten die Bewohner der Schulstraße bald wieder Wasser in den Hähnen, doch eines war klar – so schnell wird das evangelische Gebäude vorerst nicht benutzbar sein. „Dann stellten wir uns die Frage, wo wir nun arbeiten sollen“, berichtet Eva Leonhardt.
Nach ersten Überlegungen, die von Homeoffice bis zu Sitzungen in der Kirche reichten, erinnerte sie sich an ein Gespräch mit ihrem Kollegen Christian Müller, in dem sie über ein gemeinsames Pfarramt philosophiert hatten. „Ich habe einfach mal direkt angefragt, ob im katholischen Pfarrhaus vielleicht ein Raum frei wäre, in den wir vorübergehend einziehen könnten, bis unser Pfarramt wieder nutzbar sei. Christian Müller hatte sofort ja gesagt und so ging alles ganz schnell und unbürokratisch“ erklärt die Pfarrerin dankbar und Pfarrer Müller ergänzte: „Uns war es eine Freude, dass wir unkompliziert helfen konnten. Dies ist für uns beide ein ganz besonderes Zeichen der Ökumene“.
Der Raum, der von katholischer Seite als eine Art „Ausweichbüro“ genutzt wird, ist nicht ständig besetzt und so gab es – nach kleinen Umorganisationen – , keine Probleme, diesen für die evangelische Kirchengemeinde zur Verfügung zu stellen. Eberhard Dommer hatte sich kurzerhand um das nötige W-lan und um die Telefonverbindungen gekümmert und so konnte Eva Leonhardt mir ihrer Sekretärin vor knapp einer Woche in der Hauptstraße an die Arbeit gehen.
„Wir fühlen uns sehr wohl hier, es ist ein schöner heller Raum und wir sind sehr dankbar dafür“, sagt die Pfarrerin, die die Zusammenarbeit mit Christian Müller sehr schätzt. Dies beruhe auf Gegenseitigkeit ergänzt der katholische Kollege gleich und sieht dies nicht nur als ein menschliches, sondern auch als ein christliches Zeichen. „Auch wenn wir verschiedenen Konfessionen angehören, haben wir doch den gleichen Auftrag und für mich ist es wichtig, dies auch zu zeigen und zu leben“, sagt Müller.
Ökumenisches Pfarrbüro: Ein schöner Gedanke
Nachdem klar war, dass die Arbeiten im evangelischen Pfarramt länger dauern werden und somit auch das Asylgesuch der Evangelen bei den Katholiken, scherzten Eva Leonhardt und Christian Müller, dass sie wohl das erste ökumenische Pfarramt seien, und finden diesen Gedanken sogar recht schön.
Nun wird Eva Leonhardt weiter wichtige Dinge für ihre alltägliche Arbeit in Umzugskartons packen und in ihr „Leihbüro“ in der Hauptstraße neben der katholischen Kirche transportieren. Praktisch ist nun auch, dass sie für Gespräche mit ihrem Kollegen Christian Müller nicht mehr zu Telefon greifen muss, sonder einfach an der Tür nebenan klopfen kann. Ein tolles Zeichen christlicher Gemeinschaft.
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