Reilingen. Es war die letzte Sitzung des Gemeinderates in seiner jetzigen Besetzung – Mitte Juli übernimmt der im Juni gewählte Rat die Geschicke der Gemeinde. Dementsprechend stand die Kommunalwahl im Mittelpunkt der Sitzung am Montag in der Aula der Schillerschule. Ein Meer von Blumensträußen war sichtbares Zeichen für eine Sitzung, die etwas Besonderes war. Denn zum Ausklang der Sitzungsperiode galt es, langjährigen Mitgliedern für ihr Engagement zu danken.
Doch zuvor war es die Aufgabe des Gemeinderates das Ergebnis der Wahl vom Juni zu bestätigen, festzustellen, dass es gegen keinen der gewählten Gemeinderäte Gründe gibt, die einer Annahme des Mandats im Wege stehen. Eine Feststellung, die der Rat einstimmig traf.
Reilinger Bürgermeister lässt den Wahlsonntag Revue passieren
Bürgermeister Stefan Weisbrod blickte zurück auf den Wahlsonntag und bescheinigte dem Gemeindewahlausschuss, „eine tadellose Arbeit abgeliefert“ zu haben, wobei sein Dank stellvertretend dessen Vorsitzender Sabine Petzold galt.
Rund 80 Wahlhelfer und 93 Kandidaten zählte die Kommunalwahl, die mit einer Beteiligung von über 70 Prozent an der Spitze im Wahlkreis liegt, was umgekehrt 69 000 abgegebenen Stimmen entspricht. Weisbrod schloss in sein Lob Hauptamtsleiter Ingo Pelz und Stefanie Schuppel von der Verwaltung ein, die den Wahltag organisierten.
Zum Abschluss seines Rückblicks hatte Weisbrod noch einige statistische Zahlen. So liegt der Frauenanteil im 18-köpfigen Gemeinderat weiterhin bei einem Drittel, hingegen sank der Altersdurchschnitt um 1,6 Jahre auf nunmehr 51,8 Jahre. Jüngster im Gemeinderat ist künftig Jochen Lochner (Linke) und die meisten Stimmen holten bei den Männern „Wiederholungstäter“ Peter Geng (FW) und bei den Frauen Barbara Vogel (CDU).
Musik beim Reilinger Gemeinderat: Flotte Melodien mit "Wörner Cocktail"
Womit das Gemeindeoberhaupt zu den Ehrungen überleitete, die, wie er hinzufügte, in „einem würdigen Rahmen“ vorzunehmen sind. Dazu zählt für Weisbrod die Musik, weshalb im Folgenden die Band „Wörner Cocktail“ mit flotten Melodien unterhielt.
Die Ehrungen nahm Bürgermeister Weisbrod im Namen des Präsidiums des Gemeindetages von Baden-Württemberg vor – „es ist keine Ehrung der Gemeinde“. Für 30 Jahre Zugehörigkeit zum Rat wurden Peter Geng und Charly Weibel ausgezeichnet, seit 25 Jahren gehören Sabine Petzold, Dieter Rösch und Heinrich Dorn dem Rat an, Anette Schweiger ist seit zwei Jahrzehnten dabei und auf ein Jahrzehnt im Rat kommen Patricia Faber und Barbara Vogel.
Weisbrod bezeichnete die Ehrung als eine schöne Gelegenheit, beispielhaftes Verhalten und bürgerschaftliches Engagement zu würdigen, das Wirken der Geehrten für die örtliche Gemeinschaft zu betonen. In den Kreis der zu Ehrenden schloss Weisbrod Peter Schell ein, der zwar kein „klassisches Datum“ am Ratstisch erreicht hat, der dem Rat jedoch seit nunmehr 44 Jahren angehört und damit der dienstälteste Gemeinderat ist. Was gleichfalls aller Ehren wert ist, so der Bürgermeister.
Reilingen ehrt insgesamt 175 Jahre Gemeinderatsarbeit
Angesichts von 175 Jahren Gemeinderatsarbeit, die es zu ehren galt – ohne die 44 Jahre von Peter Schell – wollte Weisbrod nicht auf die einzelnen Verdienste der Jubilare eingehen, „die Liste wäre zu lang“. Seinen herzlichen Dank verband er an die Gemeinderäte mit der „höflichen Bitte“ weiterzumachen, weiterhin Beispiel und Vorbild im Ehrenamt zu sein und andere anzustecken, es ihnen gleichzutun.
Und dann hieß es Abschied nehmen. Fünf der Gemeinderäte werden dem neuen Rat nicht mehr angehören, vier von ihnen schafften den Wiedereinzug nicht – Sabine Petzold hatte auf eine erneute Kandidatur verzichtet. „Wir wollen sie nicht loslassen“, rief Weisbrod den scheidenden Räten zu und sprach die Bitte aus, dass man sich wiedersehen möge. Verabschiedet wurden von ihm Jochen Rotter (Grüne), der dem Rat insgesamt sechs Jahre angehörte, Caroline Michl (Grüne), fünf Jahre, Agnés Thuault-Pfahler (CDU), acht Jahre, und Peter Kneis (CDU), 16 Jahre. Für jeden von ihnen fand der Bürgermeister persönliche Worte und auch die Fraktionskollegen rühmten deren Verdienste mit herzlichen Worten und der einen oder anderen Anekdote.
Und dann kam jener Moment, den Weisbrod so lange wie möglich hinauszögern wollte, der Abschied von Sabine Petzold – „ohne sie ist der Gemeinderat nicht vorstellbar“, umschrieb Weisbrod das Wirken der Freien Wählerin, die sich in einem Maße für die Dorfgemeinschaft engagiert habe, das beispielhaft sei. „Sie war ein Glück und Segen für das Dorf“, erinnerte Weisbrod an das Jahr 1989, als die Ära Petzold ihren Anfang genommen habe, sich die Familie in der Gemeinde anmeldete.
Sabine Petzold mit einer beeindruckenden ehrenamtlichen Karriere in Reilingen
Womit die ehrenamtliche Karriere ihren Lauf nahm. 1994 kam Petzold zu den Freien Wählern, 1995 wurde sie für fast drei Jahrzehnte zu deren Vorsitzender gewählt und 1999 zog sie in den Gemeinderat ein, dem sie 25 Jahre angehören sollte. Daneben wurde sie zur Galionsfigur der Kultur- und Sportgemeinschaft (KuSG), als deren Vorsitzende sie ihr großes Talent zum Organisieren und zum Zusammenbringen von Menschen ausleben konnte. Seit 2008 steht sie der KuSG vor und wird weiterhin deren Vorsitzende bleiben, zeigte sich Weisbrod erleichtert. Solche Menschen, fasste er zusammen, „sind extrem wertvoll“ fürs Dorf.
Peter Geng zeichnete den Weg seiner Fraktionskollegin nach, die von Fleiß geprägt immer das Ohr am Bürger gehabt habe und die dafür sorgte, dass die FW sehr gut aufgestellt seien, erneut mit fünf Räten ins Gremium gewählt wurden. Bei den Wahlen habe stets Sabine Petzold die Marschroute vorgegeben, wollte Geng nicht wissen, wie viele Stunden sie ins Ehrenamt investiert habe.
Erinnerung: Als Sabine Petzold 1989 nach Reilingen kam und offen aufgenommen wurde
Das letzte Wort an diesem Abend gebührte der scheidenden Jubilarin, die sich an ihre Anfänge in der Gemeinde erinnerte – „wir wurden mit offenen Amen empfangen“, erinnerte sie an 1989. Besonders freut sie, dass ihr die Bürger bei fünf Kommunalwahlen das Vertrauen ausgesprochen haben – „und das mir, der Neigeplackten“. Weshalb es sie mit Stolz erfüllt habe, das Amt auszuüben.
Zum Abschluss ihrer Ansprache, bei der Sabine Petzold die eine oder andere Träne nicht unterdrücken konnte, hatte sie noch ein dickes Lob für Bürgermeister Weisbrod, der das Dorf schöner gemacht habe: „Du machst das schon richtig gut“, rief sie ihm zu, bevor der Saal sie mit stehendem Beifall verabschiedete.
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