Lesung

"Obdachlos katholisch": Autorin Regina Laudage-Kleeberg gibt Einblicke in Reilingen

Die Autorin Regina Laudage-Kleeberg setzt sich in ihrem Buch „Obdachlos katholisch“ mit der Kirche auseinander und gibt bei einer Lesung in Reilingen Einblicke dazu.

Von 
Katrin Dietrich
Lesedauer: 
Diese Zuhörerin nutzte nach der Lesung die Chance, sich ein Exemplar ihres Buchs von der Verfasserin Regina Laudage-Kleeberg (l.) signieren zu lassen. © Katrin Dietrich

Reilingen. Der Schriftstellerin Regina Laudage-Kleeberg lauschen, wenn sie aus ihrem Buch „Obdachlos katholisch“ vorliest: Das konnten die Zuhörer am Freitag im Wendelinushaus in Reilingen. Dorthin hatte sie das Katholische Bildungswerk eingeladen, begrüßt wurde sie von Anne Assmann. Neben der Gelegenheit, ihr Buch vorzustellen, freute Laudage-Kleeberg darauf, mit den Menschen zu sprechen und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich untereinander auszutauschen. Wer trotz des interessanten Themas glaubte, dass es ein schwerer Abend werden könnte, der durfte gleich zu Beginn aufatmen. Die Autorin nahm mit ihrem fröhlichen und sympathischen Wesen das Publikum sofort gefangen und ließ erahnen, dass es alles andere als anstrengend und starr werden würde. Sie zeigte auch auf, dass sie ihren Glauben trotz der Kritik an der Kirche weiter intensiv und gerne lebt. „Ich liebe es, katholisch zu sein, ich habe nur so meine Probleme mit der Institution Kirche“.

Bevor Laudage-Kleeberg zu ihrem Buch griff, erzählte sie erst einmal von sich, ihrer Familie, ihrer früheren Arbeit beim Bistum Münster und dem langen Prozess, in dem ihr immer mehr das Versagen der Institution klar wurde. Dabei saß sie den Besuchern zugewandt auf einem Tisch, einen König von Rolf Knoblauch neben sich, und hielt locker ihr Buch „Obdachlos katholisch – Auf dem Weg zu einer Kirche, die wieder ein Zuhause ist“ in der Hand. Die erste Passage, die sie daraus las, handelte von ihrem persönlichen Bezug zum Kölner Dom und dem betörenden Licht- und Farbspiel des Richter-Fensters in „diesem wunderschönen gotischen Monster“, einem Ort, der ihr gut tut. „Ich bitte Sie nun, der Person neben sich von einem Raum oder einem Ort zu erzählen, wo sie zu Gott finden“, forderte die Autorin ihre Zuhörer auf. Es begannen heiteres Erzählen, Lachen und ein fröhlicher Austausch.

Sexueller Missbrauch in katholischer Kirche ebenfalls Thema bei Lesung in Reilingen

Dies war der Übergang zur Ambivalenz der katholischen Kirche. Dieser gelinge es, Orte zu schaffen, die Menschen gut tun, aber gleichzeitig gebe es dort Unverstandenheit, sexuellen Missbrauch, Menschenverachtung, das Nichtbestrafen der Täter und den Umstand, das Opfern nicht geglaubt werde. Dazu liest Laudage-Kleeberg aus dem Kapitel „Warum ich?“ einen Auszug einer Geschichte von Michael, 53 Jahre. „Seit dem 18. Lebensjahr habe ich auf verschiedene Art und Weise Missbrauch erlitten. Trotzdem wurde ich Priester. Als Kaplan wurde ich auch vier Jahre sexuell missbraucht. Ungefähr 18 Jahre später wollte ich einen Rat von meinem Ortsbischof, der empfing mich nicht. Neben der Frage ,Warum ich?’ beschäftigt mich das Schweigen der Masse.“ Dazu schrieb er ein berührendes Gedicht.

Im Saal herrschte erst betroffenes Schweigen, dann ungläubiges Kopfschütteln. Die Autorin engagierte sich selbst in einem Projekt dafür, dass diesen Menschen Gehör geschenkt und geglaubt wird. „Es geschehen Dinge in dieser Kirche, die sich für mich nicht vereinbaren lassen. Und gleichzeitig fühle ich mich getragen“, beleuchtet sie ihre persönliche Zerrissenheit. Nach diesem Satz kam auch sofort eine Reaktion der Zuhörer: „Glaube und die Institution Kirche haben nichts miteinander zu tun“. Dem stimme Laudage-Kleeberg zu. „Die Taufe wäscht sich nicht ab, auch nicht mit dem Austritt aus der Kirche“,ergänzte sie und gab Zeit für einen weiteren Austausch. „Erzählen Sie sich, wo Sie stehen“. Damit meinte sie den Glauben und den Platz in der Kirche.

Mehr zum Thema

Bücherei

„Heiß auf Lesen“ in Neulußheim: Spaß am Buch soll gefördert werden

Veröffentlicht
Von
PM Bücherei
Mehr erfahren
Leseabend

Urlaubslektüre gefällig? Tipps von Experten aus Neulußheim

Veröffentlicht
Von
Marion Brandenburger
Mehr erfahren
Evangelische Kirchengemeinde

Elena Fischer präsentiert "Paradise Garden" in Neulußheim

Veröffentlicht
Von
Renate Hettwer
Mehr erfahren

Als weitere Gründe, warum sie gerne katholisch ist, nannte die Autorin die Musik und Ostern. „Die Osternacht ist der Inbegriff des Katholischseins“. Ostern stehe für Hoffnung, und die Leute wünschten sich, dass die Institution Kirche ihnen wieder ein Zuhause gibt, sie nicht mehr obdachlos sind. Das Wort „obdachlos“ sei nur eine Metapher, betonte Laudage-Kleeberg, und sie begegne Obdachlosen mit großer Würde. Zwischen den Kapiteln ließ sie wiederholt Menschen von der Straße zu Wort kommen, erzählet von Klaus, den sie am Bahnhof in Münster kennengelernt hat.

Lesung in Reilingen: Mut durch Herzblut und Ehrenamt

Mut machte sie auch den ehrenamtlich Engagierten, die mit Herzblut etwas für die Menschen vor Ort auf die Beine stellten. „Tut das. Gott zeigt nicht mit dem Finger auf uns, wenn im Gebet etwas nicht ganz stimmt oder zählt, ob wir Normverstöße haben. Er freut sich, dass wir ihn preisen. Wir können uns wunderbar gelassen und frei fühlen.“

Sie wolle sich mit ihrer Kritik nicht Profilieren, sondern zeigen, was für sie und viele Menschen einfach nicht zusammen passe und Zweifel aufwerfe. „Jeder muss für sich seinen Weg gehen und seinen ganz persönlichen Weg des Glaubens finden“, sagte die Schriftstellerin. Zum Abschluss sangen alle Besucher zusammen das Lied „Ins Wasser fällt ein Stein“. An der Kraft der Stimmen war zu hören, dass der Abend den Menschen etwas Stärkendes gegeben hatte.

Freie Autorin Seit 2001 fotografiere und schreibe ich regelmäßig und gerne als Freie Mitarbeiterin für die Schwetzinger Zeitung. Vor meine Linse und unter meine Feder kommen gerne die Feuerwehr, Tiere, Natur, Kinder, Kirche, Feste, Kultur, mein Heimatort Reilingen und

Copyright © 2025 Schwetzinger Zeitung

VG WORT Zählmarke