Burg Wersau

Reilingen: Archäologiepark soll Bedeutung betonen

Der Landtagsabgeordnete Daniel Born erkundigt sich nach dem Stand der Ausgrabungen an der Reilinger Burg Wersau und informiert sich über die Geschichte der Ruine.

Von 
Andreas Wühler
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Vorsitzender Benny Schaich-Lebek (v. l.), Günter Petermann, Grabungsleiter Dr. Roland Prien, Bürgermeisterstellvertreter Peter Geng , Christian Soeder, Anja Wilhelmi-Rapp, Helga Petermann, Daniel Born, Erich Schweikert, Rainer Lochner und Jochen Lochner, auf dem zum Teil schon verfüllten Grabungsfeld. © Lenhardt

Reilingen. Wenn sich ein Landespolitiker vor Ort ein geplantes Projekt erläutern lässt, noch dazu eines, das über den Ort hinaus in die Region ausstrahlt, dann kommt unweigerlich der Moment, an dem der finanzielle Aspekt in den Mittelpunkt rückt. Kann das Land helfend unter die Arme greifen? Mit dieser Frage musste sich der Landtagsabgeordnete Daniel Born auch bei seinem Besuch auf der Grabungsstätte der Burg Wersau auseinandersetzen. Der Abgeordnete war auf seiner Sommertour in Begleitung einiger SPD-Mitglieder zu Gast.

Auf dem Areal der Burg Wersau traf Born auf Vertreter des Arbeitskreises der „Burg unter der Grasnarbe“, die ihm profunde die Bedeutung des ehemaligen Bauwerks vor Augen führten. Nicht zuletzt erlangte die Burg größere Beachtung, da sie als Keimzelle der Universität Heidelberg gilt: Auf ihr wurde die Gründungsurkunde überreicht. Am 24. Juni 1386 weilte Pfalzgraf Ruprecht I. auf der Burg Wersau und bekam die Bulle von Papst Urban VI. überreicht, in der dieser die Errichtung eines Generalstudiums in Heidelberg genehmigt. Pfalzgraf Ruprecht I. begründet daraufhin am 1. Oktober 1386 die Universität Ruperto Carola Heidelberg. Von Prag abgesehen, gegründet 1348 von Karl IV., ist Heidelberg die früheste deutsche Universität.

Ehemalige Burg in Reilingen besitzt große historische Bedeutung

Das Wissen um diese Gegebenheit überdauerte die Jahrhunderte, die Burg nicht, sie wurde im Laufe der Zeit zerstört und viele ihrer Steine, ob groß oder klein, finden sich in alten Bauwerken, nicht nur in der Gemeinde Reilingen. „Wir wussten um die historische Bedeutung der ehemaligen Burg, nicht jedoch ihren genauen Standort“, erzählte Bürgermeisterstellvertreter Peter Geng dem Besucher und berichtete, wie die Burg zur Gemeinde kam.

Im vorderen Bereich des Areals stand die Schlossmühle, die bis in die 1960er Jahre betrieben wurde. Als Bürgermeister Walter Klein Anfang des Jahrhunderts der damaligen Eigentümerin zum Geburtstag gratulierte, erfuhr er von deren Plänen, die Schlossmühle zu veräußern. Sofort habe er die Gelegenheit am Schopf ergriffen, erinnert sich Geng, vom Vorkaufsrecht der Gemeinde gesprochen und unverzüglich eine Sondersitzung des Gemeinderates einberufen, auf der mit großer Mehrheit der Kauf des Areals beschlossen wurde.

„Die Keimzelle“ des Arbeitskreises Burg Wersau, so Geng, für den es damals wichtig war, dass die Gemeinde den Fuß in die Tür bekam. Allerdings – der Ratsmehrheit schwebten keine historischen Bauwerke vor, sie wollte auf dem Gelände ein Projekt der Wohnbebauung verwirklichen. Doch um die Schlossmühle herum seien schon einige interessante archäologische Funde gemacht worden und als 2014 die Schlossmühle abgerissen wurde, sich der Arbeitskreis Burg Wersau gegründet hatte, da waren die Pläne zur Schaffung von Wohnraum selbst Geschichte.

Am linken Bildrand der Ausgrabungsfläche soll das Empfangsgebäude entstehen. Die restliche Fläche zeigt den Bereich, in dem die Ausgrabungen abgeschlossen sind, der zum virtuellen Museum werden soll. © AK Wersau/Ingolf Bayer

Sehr zur Freude von Benny Schaich-Lebek, dem Vorsitzenden des Arbeitskreises, dessen Mitglieder schon unzählige Funde auf dem Areal gemacht haben, die derzeit dabei sind, die Geschichte der Burg aus dem Dunkel der Zeit zu retten. So sei es zwar seit Langem bekannt, dass Burg 1289 erstmals erwähnt wurde und ab 1236 den Schenken von Wersau gehörte. Doch ist es für den Vorsitzenden wahrscheinlich, dass es wohl noch ältere Bauteile der Burg gibt, wie Funde aus dem 13. Jahrhundert nahelegen. Ob die Anfänge der Wersau in einem sogenannten Burgus ruhen, einer kleinen befestigten Anlage, lasse sich nicht beweisen – solche Bauten waren aus Holz und sind heute kaum mehr nachweisbar.

Nachdem die Burg infolge der Schlacht von Seckenheim 1461 zur Kurpfalz gekommen war, begann mit dem 16. Jahrhundert ihr Niedergang, so die gültige Lehrmeinung. Allerdings, betont Schaich-Lebek, würden die Funde eine andere Sprache sprechen, von reger Bautätigkeit in dieser Zeit künden. Allerdings lasse sich diese nicht durch Quellen belegen, eine letzte Hoffnung sei das Archiv der Wittelsbacher.

Ein Multifunktionsgebäude soll entstehen

In groben Zügen umriss der Vorsitzende die weiteren Pläne für das Areal, auf dem ein Archäologiepark entstehen soll. Im Bereich nördlich der ehemaligen Schlossmühle soll ein Multifunktionsgebäude entstehen – sei es als Empfangsraum, für die sanitären Anlagen oder als Magazin.

Das südlich angrenzende Areal, auf dem die Schlossmühle stand und in dem die Grabungen abgeschlossen sind, soll ein Kernstück des Parks werden. Die Ausgrabungen müssen aus konservatorischen Gründen wieder zugeschüttet werden, doch sollen Fundamente durch Aufmauerungen sichtbar gemacht werden. Und, so der Vorsitzende, der gesamte Bereich wurde digitalisiert und kann über die Wersau-App als 3D-Modell vor Ort erlebt werden.

Noch ein Stück weiter in Richtung Süden nähert man sich dem Kernbereich der ehemaligen Burg, der bisher kaum erschlossen ist. Dieser Bereich muss von den Zelten des Arbeitskreises befreit werden, dann können die Grabungen weitergehen. Und dies mit einem hohen wissenschaftlichen Standard, denn seit über einem Jahrzehnt ist die Uni Heidelberg bei den Grabungen mit vor Ort, wie Grabungsleiter Dr. Roland Prien von der Uni feststellt.

Archäologen führen in Reilingen Lehrgrabungen durch

Seit 2014 werden auf dem Gelände Lehrgrabungen für Archäologen durchgeführt. Ein Projekt, das mittlerweile von drei Partnern, dem Landesdenkmalamt, der Uni Heidelberg und der Gemeinde, gemeinsam weitergeführt wird. Aktuell mit dem Ziel der Schaffung eines Archäologieparks. Ein Park, so Prien, der sowohl den Wissenschaftlern als auch Laien offensteht, so wie es schon bisher modellhaft praktiziert wurde. Prien sprach gar von einem „einzigartigen Projekt“ im Bereich der Archäologie. Und auf keinen Fall wolle man Laien abschrecken, im Gegenteil, auch weiterhin soll vor Ort die Leidenschaft für die Wissenschaft lodern.

Zumal, darin sind sich Schaich-Lebek und Prien einig, das ganze ein spannendes Puzzle ist. So muss die Burg Wersau wohl schon vor ihrer ersten Erwähnung ein bedeutender Ort gewesen sein, der später unter dem Kurfürst massiv ausgebaut wurde, ab dem 16. Jahrhundert schlossartige Züge annahm, führt Prien aus. Und für Schaich-Lebek fand hier 1386 nicht nur die Übergabe der Bulle statt, sondern eine Gründungskonferenz, bei der die Eckdaten der künftigen Universität festgelegt wurden. Was in seinen Augen schon für die Größe der Burg spricht. Ohnehin lag die Wersau an einem wichtigen Handelswege und es ist anzunehmen, dass, wenn der Kaiser im Mittelalter zum Reichstag nach Worms rief, die rechtsrheinische Trosse hier den Fluss querten, die Burg als Lagerstätte wählten.

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Die Zuschüttung der bisherigen Grabungsstätten begründete Prien auch mit den fehlenden Mitteln für die Konservierung der Funde. Dies sei keine Aufgabe der Uni, so der Wissenschaftler, hier sehe man das Land in der Pflicht. Schaich-Lebek verwies gleichfalls auf die fehlenden Mittel. Zwar sei der Förderverein bemüht, Sponsoren zu finden, doch ohne ein vorzeigbares Objekt sei dies schwierig. Weshalb er sich vom Archäologiepark, von der zu schaffenden Infrastruktur, einen wichtigen Impuls erhofft.

Daniel Born, der sich die Geschichte der Burg Wersau mit großem Interesse angehört hatte, der sich beeindruckt von dem bisher Geleisteten zeigte, will sich gerne an den entsprechenden Stellen für das Projekt einsetzen. Was wohl auch seine Landtagskollegen aus dem Wahlkreis Schwetzingen genauso sehen werden, rechnet er sich gute Chancen auf eine Förderung aus.

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