Stipendium

Reilingerin Anthea Reeb lebt ein Jahr lang in den USA

Anthea Reeb (16) ist seit Ende August mit dem Parlamentarischen Patenschaftsprogramm im „Land der unbegrenzten Möglichkeiten“, den USA. Sie erlebt bei einer Gastfamilie im Bundesstaat Indiana einen ganz besonderen Lebensstil.

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Vanessa Schwierz
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Anthea Reeb (v. l.) feiert gemeinsam mit ihrer Gastfamilie Weihnachten: Mutter Sarah, Schwester Jada, Vater Jeff und Bruder Jackson. © Reeb

Reilingen. Es ist eine Reise, die sie ins Ungewisse führt, bei der neue Erfahrungen und Eindrücke warten. Eine Reise, die Anthea Reeb erst im Sommer zurück nach Deutschland führen wird – mit wahrscheinlich unendlichen vielen Momenten, die ihr für den Rest ihres Lebens in Erinnerung bleiben werden. Ende August 2022 ist sie in die USA geflogen. Die 16-Jährige hat das Parlamentarische Patenschaftsprogramm (PPP) bekommen, ein Stipendium des deutschen Bundestags in Kooperation mit dem US-Congress. Zehn Monate lebt sie bei einer Gastfamilie in Indiana, Mitte Juni kehrt sie in die Heimat, nach Reilingen, zurück. Wir haben mit ihr darüber gesprochen, wie sie die vergangenen Monate erlebt.

Nachdem Anfang August noch nicht klar war, wer ihre Gastfamilie sein wird, ging es Ende August ganz schnell. Sie bekam die Nachricht, dass es für sie nach Indiana geht, einem Bundesstaat im Mittleren Westen der USA. Die Koffer wurden gepackt, der Flug war gebucht, die Reise konnte losgehen. Doch am Tag des Abflugs ging nicht alles glatt. „Mein Flug von Frankfurt nach Indianapolis wurde gecancelt. Ich nahm dann einen anderen Flug, der allerdings nach Denver ging (etwa 1700 Kilometer westlich von Indianapolis, Anm. d. Red.). Von dort ging es erst weiter nach Indianapolis. Ich war froh, als ich landete und meine Gastfamilie endlich sah“, erzählt Anthea von der aufregenden Anreise von Reilingen, nach Frankfurt über Denver und Indinapolis nach Batesville – den Ort, den sie für einige Monate ihr Zuhause nennt.

Anthea Reeb ist Mitglied der Highschool-Bogenschützen – Mitte März geht es zu den State-Meisterschaften. © Reeb

Am Morgen nach ihrer rund 24-stündigen Anreise lernte sie ihre Familie genauer kennen. Gemeinsam mit ihren Gasteltern Sarah und Jeff sowie den Gastgeschwistern Jada und Jackson lebt sie in einem Haus, hat ein eigenes Zimmer. „Es ist eine große Familie. Drei Gastgeschwister sind bereits ausgezogen und eine Gastschwester ist schwanger. Im März kommt also Nachwuchs“, sagt Anthea mit einem Lächeln und freut sich, dies miterleben zu dürfen.

Reilingerin in den USA: Kurse an der Highschool wählen

Ernst wurde es für Anthea, als sie mit ihren Gasteltern in die Highschool ging, um die Kurse zu wählen. Das Schulgebäude und Gelände lernte sie in den kommenden Tagen und Wochen immer besser kennen. „Zu Beginn habe ich mich mehrfach verlaufen, weil die Schule so groß ist“, sagt sie und lacht. Von den Lehrern und Schülern wurde sie gut aufgenommen. An den Schulalltag hat sich die 16-Jährige schnell gewöhnt, „dass war einfacher, als ich dachte.“ Mit einigen englischen Begriffe hatte sie Schwierigkeiten, aber auch das legte sich mit der Zeit. „Mein Englisch war zu Beginn schon ganz gut, aber ich merke, wie es immer besser wird“, freut sie sich über diesen Erfolg.

Anthea Reeb in den USA

  • Anthea Reeb wurde am 21. März 2006 geboren und lebt in Reilingen. Sie ist Mitinitiatorin des Jugendgemeinderats im Ort.
  • Sie ging auf die Friedrich-von- Schiller-Grundschule und besucht seit 2016 das Johann-Sebastian-Bach-Gymnasium in Mannheim. Sie macht 2025 ihren Schulabschluss.
  • Anthea Reeb ist aktives Mitglied im Jugend-Rotkreuz St. Leon und spielt Volleyball beim TBG.
  • In ihrer Freizeit trifft sie sich gerne mit Freunden und spielt mit ihnen Gesellschaftsspiele. Außerdem fährt sie gerne Fahrrad und erkundet neue Orte.
  • Die 16-Jährige ist für ein knappes Jahr in den USA. Es wird ihr durch das Stipendium des Parlamentarische Patenschaftsprogramms (PPP) ermöglicht. Das ist ein einjähriges Jugendaustauschprogramm.

  • Seit Ende August lebt sie bei ihrer Gastfamilie in Batesville, einem Ort knapp 100 Kilometer von Indianapolis (Indiana) entfernt.
  • Im US-Bundesstaat Indiana leben rund 6,78 Millionen Menschen, die Hauptstadt ist Indianapolis. Der Staat trägt den Beinamen „The Hoosier State“ („Land der Indianer“). Die Bewohner Indianas werden Hoosier genannt.
  • Batesville ist ein kleiner Ort in den Bezirken Franklin und Ripley. Dort leben etwa 7000 Menschen. vas

Und wie läuft es sonst in der Schule? Im Matheunterricht fiel Anthea auf, dass die Amerikaner teils andere Rechenwege nutzen, als sie das aus Deutschland kennt. Sie vermisst die Fünf-Minuten-Pausen zwischen den Unterrichtsstunden, in denen sie sich mit Mitschülern und Freunden austauschen und unterhalten kann. „Die Lehrer haben ja – anders als in Deutschland – ihr eigenes Klassenzimmer und wir Schüler müssen dann zu unseren Kursen laufen“, erklärt sie und erläutert, dass es dadurch auch keinen Klassenverbund gebe, wie das in Deutschland ist. Da die Kurse gewählt werden, hat man immer andere Mitschüler. „So lerne ich aber viele verschiedene Menschen kennen. Das ist schon cool“, erzählt die Reilingerin.

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Auch im Alltag bringt sich Anthea ein – schließlich möchte sie viel erleben und die Chance nutzen, die sie erhalten hat. An zwei Tagen der Woche ist sie Teil des Bogenschießen-Teams der Highschool und fährt im März zu den State-Meisterschaften. An zwei anderen Tagen der Woche macht sie Freiwilligendienst im Krankenhaus und unterstützt die Krankenschwestern. Am Wochenende ist sie oft mit ihrer Gastfamilie unterwegs, die sehr aktiv ist. Sie machen gemeinsam Ausflüge oder besuchen die Großeltern.

Anthea Reeb aus Reilingen: Trip nach Washington D.C.

Im Dezember war Anthea mit rund 100 anderen Stipendiaten in Washington D.C. und erlebte dabei vor allem die politische Seite der Hauptstadt. „Die Stadt an sich hat mir sehr gut gefallen. Es ist ruhig, nicht so viel los. Am meisten begeistert hat mich die Tour durchs Kapitol und die Konversation mit den anderen Teilnehmern“, lässt sie die Eindrücke Revue passieren. In der Woche hat die Gruppe zudem die Library of Congress besucht sowie Museen und Memorials. Auch das Treffen mit einer Mitarbeiterin des Senators von Indiana stand für sie auf dem Programm. Neben der US-Hauptstadt lernte sie beim Urlaub mit ihrer Gastfamilie die historische Stadt St. Augustine in Florida kennen. Sie besuchten das Gefängnis, erkundeten die Stadt und Museen, „aber auch der Strand und das Meer durften natürlich nicht fehlen“.

Sie besucht mit den anderen Austauschstudenten aus Deutschland die Hauptstadt der USA, Washington D.C. © Reeb

Neben all diesen Eindrücken erinnert sich die 16-Jährige gerne an die Feiertage zurück und ist froh, diese erlebt zu haben. Weihnachten und Silvester ohne die eigene Familie, aber traditionsreiche Tage wie Halloween und Thanksgiving sorgten für das amerikanische Wohlgefühl. „Ich bin selbst nicht so der Halloween-Fan, aber habe es mitgemacht“, erzählt Anthea, dass die Häuser und Grundstücke gruselig dekoriert waren, die Kinder von Haus zu Haus zogen, aber alles nicht so spät endete. Denn anders als in Deutschland sind keine Ferien, was bedeutet, dass alle am nächsten Morgen wieder früh raus müssen. An Thanksgiving saß Anthea mit ihrer Gastfamilie und vielen Verwandten zusammen. Es gab ein typisch amerikanisches Essen, jeder hat etwas mitgebracht, Geschenke gab es nicht.

Weihnachtszeit in Amerika mit viel Lichtern

„Ich habe das Gefühl, dass in den USA viel mehr dekoriert ist“, erinnert sich die 16-Jährige an die Vorweihnachtszeit, in der alles schön leuchtete und glitzerte. „Meine Familie hat mir die besten Spots in der Stadt gezeigt, wir haben Weihnachtsfilme geschaut und die Stimmung war einfach schön“, erzählt Anthea und berichtet von den Weihnachtstagen. Am 24. Dezember selbst bekam jeder einen Weihnachtspyjama geschenkt, der auch gleich angezogen wurde. Am 25. Dezember wurden morgens die Geschenke geöffnet, später ging es in die Kirche. In den Tagen danach kamen weitere Teile der Familie zu Besuch. „Ich habe Geschenke bekommen, obwohl das gar nicht nötig gewesen wäre“, sagt Anthea, dass sie schon dankbar ist, während ihres Aufenthalts in den USA ein Teil dieser Familie sein zu dürfen und diese Chance überhaupt bekommen zu haben.

Anthea Reeb ist beim Eisfischen erfolgreich. © Reeb

„An Silvester gab es kein Feuerwerk. Das hat mich überrascht“, verrät Anthea, dass Silvester viel weniger gefeiert wird, als sie es aus Deutschland kennt. Mit ihrer Gastfamilie schaute sie den „Ball Drop“, der ein Höhepunkt der US-Feierlichkeiten an Silvester ist. Dabei wird ein Zeitball auf dem Dach des New Yorker Wolkenkratzers One Times Square herabgelassen. Diese Zeremonie beginnt 60 Sekunden vor dem Jahreswechsel.

In diesen Tagen vermisste die Reilingerin ihre Familie besonders, hat viel an sie gedacht. Aber sie steht in regem Kontakt mit ihnen und auch ihren Freunden. „Durch das Internet geht das ja heute sehr gut“, sagt sie und lacht. Mit dem Jugendgemeinderat hat sie sich bereits einmal getroffen, seit sie in den USA lebt – und durch die Whatsapp-Gruppe kann sie sich jederzeit beteiligen und einbringen. „Die Zeit fliegt“, sagt sie etwas traurig, dass in wenigen Monaten alles vorbei ist. Denn bei all diesen Erlebnissen und Ereignissen muss sie sich immer wieder ins Gedächtnis rufen: „Wow, du lebst gerade in den USA.“ Und diese Zeit möchte Anthea Reeb so intensiv wie möglich erleben.

Redaktion Redakteurin mit Schwerpunkt Online, aber auch Print

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