Reilingen. Alle elf Jahre, hatte Bürgermeister Stefan Weisbrod im Vorfeld ausgerechnet, kommt einmal eine Regierungspräsidentin in die Spargelgemeinde und so war es an der höchsten Zeit, dass er Sylvia M. Felder in der guten Stube der Gemeinde, im Dorfgemeinschaftshaus und Gasthaus „Zum Löwen“ begrüßen konnte.
Mit der Wahl des „Löwen“ hatte Weisbrod dem Besuch die Richtung vorgegeben. Denn zum einen sollte die Regierungspräsidentin in den Genuss der „besten Spargel im Land“ kommen, zum anderen konnte ihr der Bürgermeister an historische Stelle eindruckvoll vor Augen führen, wo die Gemeinde der Schuh drückt: Das Dorfgemeinschaftshaus ist dringend sanierungsbedürftig, derzeit wird sein Dachstuhl nur durch aufwendige Sicherungsmaßnahmen zusammengehalten.
Kosten für das Dorfgemeinschaftshaus belaufen sich auf rund 3,5 Millionen Euro
Die Kosten für die Instandsetzung des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes werden auf rund 3,5 Millionen Euro geschätzt – für die Gemeinde allein nicht finanzierbar. Weshalb Weisbrod seinen Anliegen, es gibt noch weitere Aufgaben, die Reilingen allein nicht stemmen kann, einen Blick in die kommunalen Kassen voranstellte. Zugleich hatte er sich Beistand geholt – der langjährige Landtagsabgeordnete und gebürtige Reilinger Karl Klein saß ebenso am Tisch wie Vertreter der Gemeinderatsfraktionen und die Amtsleiter aus dem Rathaus.
Bei knapp über 8300 Einwohnern liege die Pro-Kopf-Verschuldung bei rund 1600 Euro, stellte Weisbrod fest, den vor allem der Umstand unter den Nägeln brennt, dass die Gemeinde nicht in der Lage ist, ihre laufenden Ausgaben durch die laufenden Einnahmen zu decken – gut 500 000 Euro beträgt die strukturelle Lücke im Haushalt. Erschwerend komme hinzu, so Weisbrod, dass die Gemeinde keine Bücherei oder kein Bad habe, es kaum Stellschrauben gebe, die Ausgaben zu senken.
Als Beispiel für die Misere führte Weisbrod den Nettozuschussbedarf der Kindergärten an: 2016 lag dieser bei rund 5,3 Millionen Euro, für das kommende Jahr werde er auf 9,2 Millionen Euro geschätzt – ein Plus von 75 Prozent.
Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, wenn der Bürgermeister Hilfe bei übergeordneten Stellen, in dem Fall beim Regierungspräsidium, sucht. Zumal es weitere Baustellen in der Gemeinde gibt. Weisbrod nannte das Funktionsgebäude für den Archäologiepark Burg Wersau, die Anbindung des Gemüsebauers Großhans an die Landesstraße, die Umwandlung der Schillerschule zur Ganztagsgrundschule oder die Sanierungskosten des Umweltschadens, der im Zuge des Brandes 2008 auf dem Eisel-Gelände entstand, bei dem die Gemeinde in der Pflicht ist.
Zuschuss für Gebäude signalisiert
Nicht jede Frage, jede Bitte der Gemeinde konnte von Regierungspräsidentin Felder positiv beschieden werden. Beim Dorfgemeinschaftshaus war die Antwort noch einfach – hier können Mittel über das Denkmalschutzprogramm generiert werden, könne die Gemeinde mit einem Zuschuss von bis zu 85 Prozent rechnen.
Beim Thema Archäologiepark wollte Felder der Gemeinde nicht viel Hoffnung machen, doch brachte sie ein Genossenschaftsmodell ins Spiel, wie es von ihr derzeit in Gaggenau forciert werde.
Für eine besser Anbindung des Gemüsebauers Großhans an die Landesstraße wollte die Regierungspräsidentin keine großen Hoffnungen machen – hier habe der Verkehrsfluss auf der Landesstraße Vorrang. Bei Thema Schulausbau weiß Felder sehr wohl um den großen Finanzbedarf der Gemeinde, doch hat sie bisher keine Hinweise, welche Mittel der Bund bereitstellen wird.
Land wird übernehmen müssen
Beim Thema Brand und Grundwasserverschmutzung hat der Erste Landesbeamte des Rhein-Neckar-Kreises, Stefan Hildebrandt, er ist der Stellvertreter des Landrates, hingegen gute Nachrichten: Da die Behebung des Schadens – auch hier steht ein Millionenbetrag im Raum – wohl die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Gemeinde übersteigt, müsse in diesem Fall das Land einspringen, wenn sich kein Dritter findet.
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