Schwetzingen / Reilingen. Dass die Wahrheitsfindung bei Gericht nicht immer einfach ist, weiß man. Der hier berichtete Prozessverlauf vor dem Schöffengericht in Schwetzingen dürfte dort allerdings eher seltener vorkommen. Die Staatsanwaltschaft Mannheim hatte einen 42-jährigen Mann aus Indien angeklagt, bei zwei gewaltsamen Übergriffen innerhalb weniger Tage, auf einen Landsmann im Februar des vergangenen Jahres, beteiligt gewesen zu sein. Ort des Geschehens war in beiden Fällen die Reilinger Gemeindeunterkunft im Alten Rottweg.
Mit zwei weiteren Landleuten sei er gewaltsam in das Zimmer des Opfers eingedrungen, habe dann gemeinsam auf den Geschädigten eingeschlagen und 2000 Euro gefordert. Schließlich wurden dem Opfer Geldbeutel und Handy abgenommen, Letzteres, um die Verständigung der Polizei zu verhindern. Dass bei einem der beiden Vorfälle die Zimmertüre zu Bruch ging und erneuert werden musste, sei nur am Rande vermerkt.
Ungewöhnlicher Prozess in Schwetzingen: Angeklagter mit spannender Lebensgeschichte
Der Angeklagte wollte sich nach Bekunden seines Verteidigers zunächst nicht zur Sache äußern. Allerdings schilderte er seinen Weg nach Deutschland. Er hatte nach der Schule in Indien zunächst ein BWL-Studium in Thailand begonnen, dieses aber abgebrochen. Um es fortzusetzen, sei er um das Jahr 2004 nach Heidelberg gekommen, ohne auch hier einen Abschluss zu erreichen. Schließlich habe er dann in verschiedenen Pizzerien gearbeitet. Vor Corona habe er versucht, eine eigene Pizzeria zu betreiben, scheiterte jedoch an den Folgen der Pandemie. Seit zirka drei bis vier Jahren sei er aus gesundheitlichen Gründen arbeitslos.
Im Anschluss wurde der ermittelnde Kriminalbeamte als Zeuge vernommen. Dieser berichtete, dass die Ermittlungen vom Polizeirevier Hockenheim übernommen wurden und es zunächst schwierig war, Beteiligte zu erreichen. Eine Lichtbildvorlage habe dann aber zur Identifizierung von zwei der drei Tatverdächtigen geführt. Weiterhin stellte er fest, dass es bei der Auseinandersetzung wohl um eine Geldforderung wegen des Beschaffens eines gefälschten Führerscheins ging. Die Angaben der Beteiligten hierzu seien aber nicht einheitlich gewesen. Die Verletzungen des Geschädigten sowie die Beschädigungen in dessen Zimmer seien durch Fotos der Beamten des Polizeireviers dokumentiert.
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Zur weiteren Klärung der Ereignisse wurde ein weiterer Bewohner der Gemeindeunterkunft befragt. Dieser bewohnte das Zimmer unmittelbar neben dem Ort des Geschehens. Er war zur fraglichen Zeit aufgrund von lauten Geräuschen und Schreien aufmerksam geworden und hatte nachgeschaut, was passiert sei. Dabei habe er den Angeklagten außerhalb des Zimmers gesehen, während ein weiterer, ihm namentlich bekannter Mann auf den Geschädigten in dessen Zimmer eingeschlagen hätte.
Die Kehrtwende im verwirrenden Prozessauftakt in Schwetzingen
Die weitere Befragung des Zeugen entwickelte sich dann recht lebhaft, um nicht zu sagen turbulent. So beanstandete der Verteidiger zweimal die Befragung durch die Vorsitzenden, die sich nicht an die Vorgaben der Strafprozessordnung halten würde. Allerdings hatte es nicht den Anschein, dass sich diese davon hat beeindrucken lassen.
Im weiteren Verlauf gestaltete sich die Zeugenvernehmung äußerst schwierig und hatte seinen Grund im Antwortverhalten des Zeugen. So wurde er wiederholt von der Vorsitzenden auf seine widersprüchlichen Schilderungen der Geschehnisse hier im Gerichtssaal und denen in seiner polizeilichen Vernehmung hinwiesen. Selbst ganz konkret gestellte Fragen wurden von ihm weitschweifend, wenig konkret beziehungsweise zielführend beantwortet. Entsprechend klar, deutlich und im Gerichtssaal auch akustisch gut zu verstehen waren dann auch die Vorhalte der Vorsitzenden. Am Ende seiner zweistündigen Befragung war das Ergebnis eher fragwürdig: Der Angeklagte habe nicht geschlagen, vom gefälschten Führerschein wisse er nichts, Geld wurde nicht bezahlt und das Handy sei kaputt gewesen.
Der Prozess wurde schließlich vertagt, da durch die Einbindung eines Zeugenbeistandes für den Geschädigten sowie das Auftauchen eines zunächst untergetauchten Beteiligten neue juristische Aspekte vorbereitet werden müssen. Ein Fortsetzungstermin findet vermutlich im September statt.
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