Schwetzingen. Das Schwetzinger Schloss hat als historische Wasserburg eine besondere Lage. Unweit des Rheins liegt es exponiert auf der Achse zwischen den Bergen Königsstuhl und Kalmit. Man muss es seinerzeit vor 650 Jahren von weitem her gesehen haben. Die beiden Ortskerne von Schwetzingen entwickeln sich rechts und links des heutigen Schlossplatzes. Um die Pankratiuskirche die Unterstadt als Haufendorf und im Süden entlang der heutigen Karlsruher Straße das sogenannte Oberdorf. Die kleinteilige Bebauung rund um das Schwetzinger Schloss zeigt noch heute deutlich die Funktionen einer Vorburg samt Nebengelassen der Anlage.
1350 erstmals erwähnt: Schwetzingen entwickelt sich rund um die Wasserburg
Es war Kurfürst Ruprecht I. (1309–1390), der in einer Urkunde vom 31. Oktober 1350 festlegte, dass seine ehemals geliebte Elsbeth von Schomberg in der Veste Schwetzingen zu wohnen hatte. Ihr war verboten, sich dem Kurfürsten zu nähern und hatte ihm die Anlage „offenes Haus“ zur Verfügung zu stellen. Die Urkunde ist unter anderem ein Ausdruck über das Ende einer unglücklichen Affäre.
Eine erste Burgenanlage entwickelte sich um den heutigen Ehrenhof und war mit einem wasserführenden Burggraben umgeben. Dafür musste aufwendig der Leimbach umgeleitet werden, archäologisch wurde in der heutigen Wildnis eine Schleuse nachgewiesen. Von der Stadtseite aus hatte die Anlage damals ein ansehnliches Prospekt. Der heute noch bestehende Turm auf der linken Seite stand im Wasser des Burggrabens. Darüber führte eine Brücke, die durch ein Tor in bestehenden Ehrenhof führte.
Die gesamte Umfassungsmauer der ehemaligen Anlage hat sich erhalten. Nach Westen hin steht sie quer mittig im heutigen Durchgang zum Garten. Der noch bestehende große Durchlass mit dem Bogen wurde erst im 17. Jahrhundert durchgebrochen. An der Südmauer kann man noch gut die Eckverzierungen der alten Umfassungsmauer erkennen. Die Nordmauer ist heute in dem Gebäude auf der rechten Seite des Schlosses im Eingang zum Entree noch gut zu erkennen.
In den Mauern befand sich links hinter dem Turm die Kreuzerstube, bzw. Silberkammer. In der Südwestecke waren wohl Stallungen untergebracht, auf der rechten Seite standen in der West Ostecke ein kleiner Wohnturm, der sich heute bis zum ersten Stock noch erhalten hat. Davor bis zur Toranlage wird wohl eine Küche gestanden haben. Die gotische, im Bogen spitz zulaufende Tür, war die Verbindung von Küchenbau zum Wohntrakt.
Die Anlage war weniger zur Verteidigung ausgelegt, vielmehr diente sie als kleiner Sitz, um die kurfürstlichen Ländereien mit ihren fruchtbaren Böden rund um Schwetzingen zu verwalten.
Vom Jagdsitz zum Lustschloss: Renaissance und Barock prägen das Bauwerk
In den 1490er Jahren, unter Kurfürst Philipp (1448–1508), wurde ein Durchbruch in der Südwand geschaffen. Von da an konnten Fuhrwerke von der Stadt in dem Schlosshof nach links abbiegen und Richtung Oftersheim durch die nicht erhaltene Vorburg weiterfahren. Zu dieser Zeit gab es in Schwetzingen ein kurfürstliches Pferdegestüt, auch ein lohnender Fischfang ist belegt. Damals wurden von der Herrschaft im nahen Hardtwald Jagden organisiert, bei der unter anderem 1492 die letzte Bärin in der Kurpfalz erlegt wurde.
Mit dem Einzug der Renaissance in der Kurpfalz durch den Kurfürst Ludwig V. (1478–1544) kam es zu einem regelrechten Bauboom. Die Heidelberger Residenz wurde erweitert, mit Ludwigsbau, Frauenzimmerbau, Spiegelsaal und der mächtigen Herrentafelstube. Auch am Weinheimer- und Alzeyer Schloss sowie in Neustadt/ W. entstanden neue Gebäude. Der Kurfürst profitierte finanziell durch die Kaiserwahl von 1520.
Auch in Schwetzingen, dem beliebten Jagddomizil, wurde neu gebaut. Der alte Küchenbau wurde abgerissen und der Heidelberger Hofbaumeister Lorenz Lechler entwarf den großen vierstöckigen Palast, den er rechts vom Ehrenhof platzierte. Der noch heute bestehende Bau erhielt zur Stadtseite einen Standerker und einen nicht mehr erhaltenen Treppenturm. Dahinter, wo sich das heutige Treppenhaus befindet, gab es eine dreistöckige Holzloggia mit Treppe und mit einem Blick in den Innenhof.
Repräsentative Renaissance beim Schloss
Das heutige Entree zum Schloss vermittelt noch heute einen guten Eindruck, mit der die Herrschaft repräsentieren wollte. Der Raum mit seinen vier Jochen diente damals als so genannte Tafelstube, wo sich nach alter Sitte der Herr mit seinen Bediensteten zum gemeinsamen Essen traf. An acht Tischen saßen die rund 50 Mitarbeiter des Schlosses, auf offenem Kamin wurde gekocht.
Im ersten Stock bildenden die beiden heutigen Vorzimmer die so genannte Herrentafelstube, die dem Adel vorbehalten war. Diensträume waren dann im dritten Stockwerk untergebracht. In den Nischen des Standerkers hatte man einen prächtigen Ausblich auf die Bergstraße und das Neckartal. Auch ist von hier aus über die „Achse“ das Heidelberger Schloss, die „Residenz“ gut zu sehen.
Die Introvertiertheit der Gotik war dem Willen zur Repräsentation der Macht gewichen. Keiner der nachfolgenden Kurfürsten sollte die Gebäude des Schlossmittelbaus mehr verändern, offensichtlich wollte man die Tradition des Herrscherhauses Wittelsbach in „Stein gemeißelt“ über die Jahrhunderte hinweg sichtbar erhalten.
Seit 1661 bleibt das Schloss äußerlich nahezu unverändert
Zahlreiche Aufenthalte des Kurfürsten und seiner Nachkommen sind im gesamten 16. Jahrhundert belegt. Im Dreißigjährigen Krieg wird das Schloss 1621 und vor allem 1635 gebrandschatzt. Es bleiben nur die Außenmauern stehen. Ab 1655 erfolgt der Wiederaufbau unter Kurfürst Carl Ludwig (1617–1680) und 1658 zieht seine zur Linken angetraute Frau Luise Degenfeld ein. Seine noch in Heidelberg lebende erste Frau sprüht derweil „Gift und Galle“ Richtung des Liebesnestes in Schwetzingen. Baulich wird die Rückseite des kleinen Ehrenhofes überbaut. Wahrscheinlich wird auch der Ehrenhof zur Stadt hin geöffnet und der Torbogen eingerissen. Damit entsteht die heutige Stadtansicht als Dreiflügelanlage.
Der Kurfürst Carl Ludwig vermochte viel Gutes zu tun zur Wiederbelebung der Pfalz, seine berühmte Tochter die „Liselotte von der Pfalz“ verbrachte hier zusammen mit ihrem Bruder Carl II. glückliche Kindertage.
Sein Sohn Kurfürst Carl II. (1651–1681) verschenkte 1681 das Schwetzinger Schloss nebst Kellerei seiner Gemahlin Wilhelmine Ernestine von Dänemark (1650–1706), ein Jahr später wird es modernisiert. Repräsentativ lässt die Kurfürstin 1784 auf dem Platz des heutigen Gewächshauses ein zweistöckiges Fasanenhaus errichten, das erst Carl Theodor in den 1750 Jahren niederlegen lässt.
675 Jahre Schloss Schwetzingen: Seit 1661 außen unangetastet
Im verheerenden Französische-Pfälzische Erbfolgekrieg wird Schloss Schwetzingen im März 1689 niedergebrannt und sämtliche Gewölbe eingeschlagen.
Es folgen zahlreiche Überlegungen zum Wiederaufbau. Der große Wurf gelingt schließlich unter Kurfürst Johann Wilhelm und seinem Architekten Adam Bräunig. Die Stadtansicht des Schlosses bleibt bestehen. Die Burggräben werden zugeschüttet und der große Ehrenhof mit den beiden Wachhäusern wird gebaut. 1711 ist alles so weit fertig. Der Kurfürst empfindet es als zu klein. Bis zu seinem Tod 1716 wird das Schloss auf der Gartenseite in seiner gesamten Breite um einen Raum erweitert.
Die folgenden Kurfürsten Carl Philipp (1661–1742) und sein Neffe Carl Theodor (1724–1799) sowie die Badischen Herrscher im 19. Jahrhundert lassen das Schloss im Äußeren unangetastet.
Es repräsentiert in seinen verschiedenen heute noch sichtbaren Bauteilen den Anspruch der Macht sowie der Tradition der Herrschaft. Rückblickend zollen heute jährlich eine dreiviertel Millionen Besucher Schwetzingens der enormen Leistung der Vorfahren, die zurecht mit Stolz für Ihre Zukunft und unsere Gegenwart gebaut haben.
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