Schwetzingen/Brühl. Die Staatsanwaltschaft Mannheim hatte eine 78-jährige Pkw-Fahrerin aus Brühl angeklagt, am Rosenmontag dieses Jahres in der Hufeisengemeinde einen Verkehrsunfall verursacht zu haben. Demnach streifte sie beim Vorbeifahren einen in der Adlerstraße geparkten VW und verursachte einen Schaden von immerhin mehr als 6000 Euro. Anschließend sei sie, ohne sich um den Schaden zu kümmern, nach Hause gefahren.
Den gegen sie erlassenen Strafbefehl wollte die Frau nicht akzeptieren und legte gegen diesen Einspruch ein.
Laute Schlagermusik im Auto der Angeklagten aus Brühl
Wie die Angeklagte bei der Verhandlung im Amtsgericht Schwetzingen zunächst vorbrachte, hatte sie von dem Unfall nichts bemerkt. Ergänzt wurden ihre Ausführungen dann jedoch von ihrer Verteidigerin. So erläuterte diese, dass ihre Mandantin tags zuvor von einem schweren „Schicksalsschlag“ einer engen Freundin erfahren und aufgrund dessen emotional aufgewühlt gewesen sei. Zudem habe sie während der Fahrt laut Schlager gehört und dadurch möglicherweise Geräusche nicht wahrgenommen. An einer Ampel sei sie schließlich durch eine Passantin auf ihren platten rechten Vorderreifen aufmerksam gemacht worden und dann auch gleich nach Hause gefahren. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Weimer, wie laut denn die Musik gewesen sei, antwortete die Angeklagte: „So, dass ich mitsingen konnte.“
Der als Zeuge vernommene Ehemann der Angeklagten, ehemaliger Richter, schilderte, dass seine Frau am Tag des Unfalls gegen 9 Uhr nach Hause gekommen sei und ihn auf den platten Reifen hingewiesen habe. Kurz danach kam auch die Polizei. Man habe sich den Schaden gemeinsam angeschaut. Auch ihm gegenüber bekräftigte seine Frau, von dem Unfall nicht bemerkt zu haben.
Deutlich mehr Klarheit brachten dann die Ausführungen des Sachverständigen. Er berichtete von diversen Schleifspuren, die auf ein zügiges Vorbeifahren schließen ließen. Er hatte zudem massive Schäden am Vorderrad und am rechten Außenspiegel entdeckt. Deckungsgleiche Schäden wären am Pkw des Geschädigten festzustellen gewesen. Demnach sei es zu einer Längskollission durch das Fahrzeug der Angeklagten gekommen. Lediglich der schwere Schaden am Vorderrad müsste nach dem Unfall an einem Randstein passiert sein.
Die ganz wesentliche Frage, ob denn der Unfall wahrnehmbar gewesen sei, beantwortete der Sachverständigte eindeutig mit ja. Er führte hierzu aus, dass es an den Rädern einen deutlichen Kontakt gegeben habe. Dieser Kontakt habe sich nicht nur akustisch, sondern auch kinetisch, also durch Bewegungen auf Innenraum und Lenkrad übertragen.
Insbesondere die Schäden an den Spiegeln müssen im Innenraum zu einem markanten Geräusch geführt haben, die man auch bei entsprechender Musik hätte wahrnehmen müssen.
Verfahren vorläufig eingestellt
Nach Abschluss der Beweisaufnahme ergriff die Verteidigerin die Initiative. Ihre Ausführungen, in einer Art vorgezogenem Plädoyer, hatten offensichtlich das Ziel, dass das Verfahren eingestellt werde und die Angeklagte ihren Führerschein wieder zurückerhalte. Dieser war am 12. Juni dieses Jahres einbehalten worden. Das Gericht schloss sich schließlich den Argumenten der Verteidigung an und stellte das Verfahren gemäß Paragraph 153a, Absatz 2 der Strafprozessordnung vorläufig ein.
In seinem Beschluss erkannte der Vorsitzende auf die Zahlung eines Geldbetrages in Höhe von 3500 Euro und dem Nachweis einer bestandenen Fahreignungsüberprüfung der Angeklagten. Ihren Führerschein erhielt die 78-jährige Brühlerin noch im Gerichtssaal zurück.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Ist dieses Urteil im Namen des Volkes?