Schwetzingen. Auf den ersten Blick sieht das Ergebnis des ADFC-Fahrradklimatests 2022 für die Stadt Schwetzingen ja gut aus. Gelangte die Spargelstadt in Baden-Württemberg doch bei der jüngsten Bewertung der Infrastruktur für Fahrräder auf Platz sechs von 72 in ihrer Größenklasse. Bundesweit war es Platz 28 von 447. Man könnte sagen, nicht schlecht. Doch zur Einschätzung, wie gut oder wie schlecht der öffentliche Raum auf das Fahrrad ausgerichtet ist, reicht das nicht ganz. Die Noten, die der Allgemeine Deutsche Fahrradclub vergibt, scheinen da klarer zu sein.
Und, um es gleich vorweg zu nehmen, hier ist die Bilanz etwas ernüchternder. Schwetzingen kommt auf eine Note von 3,4 bei einer Durchschnittsnote im Ländle von 4,0. Nur zur Erinnerung, die vier, die für ausreichend steht, ist der fünf, also mangelhaft, deutlich näher als der zwei, die für ein gutes Ergebnis bürgt. Und als mindestens schwierig kann bezeichnet werden, dass es hier zum Referenzjahr 2012 nur wenig Bewegung nach vorn gab. Damals bekam die kurfürstliche Residenz für ihre Fahrradinfrastruktur nämlich eine 3,7.
Bundesweit haben sich an diesem alle zwei Jahre stattfindenden ADFC-Fahrradklimatest 245 000 Menschen beteiligt. In Schwetzingen waren es 127. Repräsentativ, das betonen auch die Macher vom ADFC, sei die Studie aus dem vergangenen Herbst damit keinesfalls. Aber sie sei trotzdem ein guter Gradmesser für den Ist-Zustand rund um das Fahrrad.
Fahrradtest für Schwetzingen: Sicherheitsgefühl bleibt schlecht
Da ist es nicht übertrieben zu konstatieren, dass noch Luft nach oben besteht. Gut zeigt sich dies bei der Einschätzung, wie sehr man sich auf dem Fahrrad als Verkehrsteilnehmer akzeptiert fühlt. 2016, als dies das erste Mal gefragt wurde, gab es die Schulnote 3,5. Sechs Jahre später war es eine 3,4. Beim Sicherheitsgefühl tat sich in Schwetzingen gar nichts, die Note verharrt auf 3,7. Genau wie bei der Kategorie Konflikte mit Kraftfahrzeugen. Hier gab es 2016 wie 2022 die Note 3,9. In Sachen Konflikte mit Fußgängern verschlechterte sich Schwetzingen gar von 3,6 auf 3,9 und beim Thema Hindernisse auf Radwegen gab es anstatt einer 3,9, wie 2016, jetzt eine 4,0.
Gerade diese letzte Note, oft verursacht durch gedankenloses Parken auf den Radwegen, ist ein Dauerärgernis, das oft auch zu gefährlichen Situationen führt. Dies, so steht im ADFC-Bericht, werde leider auch viel zu wenig kontrolliert und entsprechend selten geahndet.
Nun würde man der Stadt aber nicht gerecht, wenn man sich ausschließlich auf das Minus konzentriert. Denn das Rathaus war aktiv und räumt dem Fahrrad ja zunehmend mehr Platz im öffentlichen Raum ein. Mittlerweile verfügt Schwetzingen über ein städtisches Radnetz von 45 Kilometern. Catrin Nähr von der Stabsstelle Klimaschutz betonte gegenüber der Schwetzinger Zeitung denn auch, dass die Stadt am Ball sei und die Infrastruktur laufend ausbaue.
Schwerpunkte in Schwetzingen neu justieren
Sie erinnert an die beiden Großprojekte der vergangenen zwei Jahre. Zum einen wurde das Rondell ampelfrei umgestaltet und eine eigene Radspur verwirklicht und zum anderen wurde die Karlsruher Straße fahrradfreundlich saniert. Derzeit liege der Fokus auf dem Fahrradparken in der Innenstadt. Ab dem kommenden Jahr werden wieder verstärkt Fahrradwege in den Fokus genommen. Dabei denkt Nähr an den Turnerkreisel in der Nadlerstraße. Da fehle bei der Ausfahrt des Parkhauses der Radstreifen. Leider stehe hier bis jetzt die Straßenverkehrsordnung (StVO) im Weg. Und dann im weiteren Verlauf Richtung Bruchhäuser Straße würden Geh- und Fahrradweg gemeinsam geführt, was beiden Verkehrsteilnehmern wenig Platz gewähre.
Ein Problem, das die Stadt in den Augen Nährs leider häufig habe. Raum lässt sich eben nicht vermehren. In der Folge bedeutet das, wenn man jemandem etwas mehr Platz geben will, muss man jemandem anderen Platz wegnehmen. Verteilkonflikte können im Bereich Boden kaum je zur Zufriedenheit aller aufgelöst werden, sie müssen politisch unter Einbeziehung der Bürger entschieden werden. Das heißt, wer mehr Fahrrad will, muss Infrastruktur liefern und den Raum dafür entsprechend neu aufteilen.
Am Ende wird in Deutschland immer noch zu sehr ans Auto gedacht, was zwei Zahlen deutlich machen. Das Straßennetz hat laut Verkehrsministerium eine Gesamtlänge von rund 830 000 Kilometern. Dagegen gibt es deutschlandweit Fahrradwege in einer Gesamtlänge von knapp 7000 Kilometern. Das sind nicht ganz 0,9 Prozent. Ein weiteres Symbol für dieses Denken sehen die Teilnehmer der ADFC-Studie in den Ampelschaltungen, die sehr häufig zu Lasten von Fußgängern und Radfahrern gehen. Auch Nähr räumt ein, dass an einigen Stellen die Wartezeiten zu lang seien. Aber auch hier gilt, die kürzere Wartezeit für den Einen ist die längere für den Anderen.
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