Artenschutz

Ausgleichsfläche für „Schwetzinger Höfe“: Ökologischer Mehrwert entsteht

Die Stadt Schwetzingen hat eine zwei Hektar große, artenschutzgerechte Ausgleichsfläche geschaffen, die als ökologischer Ersatz für die Wohnbebauung der „Schwetzinger Höfe“ dienen wird.

Von 
Volker Widdrat
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Im Norden von Schwetzingen entsteht eine in der Region einmalige Ausgleichsfläche für Insekten, Reptilien und Vögel: Darüber freuen sich Epple-Projektleiter Matthias Ohlheiser (v. l.), Ramón Eck (Stadtplanung und Klimaschutz), Landwirt Andreas Centmaier, Dr. Christoph Singer (Bioplan) und Erster Bürgermeister Matthias Steffan. Bild: Widdrat © Widdrat

Schwetzingen. Das Projekt entwickelt sich arbeitsteilig. Die Stadt stellt das Grundstück zur Verfügung, der Landwirt übernimmt die Pflege der ehemaligen Ackerfläche, das Immobilienunternehmen finanziert die Maßnahme und sorgt mit Planern und Biologen für die richtige Landschaftsgestaltung und Bepflanzung. Zwei Hektar umfasst die artenschutzgerecht angelegte Ausgleichsfläche für Kleintiere, Insekten und Vögel im Norden von Schwetzingen, die künftig den ökologischen Ersatz für die Wohnbebauung der „Schwetzinger Höfe“ darstellt.

Seit Beginn der Umgestaltung des ehemaligen Pfaudler-Geländes wird das Projekt von Umweltfürsorge und Nachhaltigkeit sowie biologischem Know-how begleitet. Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat ein Auge darauf. Jetzt wurde das neue Biotop für Insekten und Reptilien, das mit einer vielfältigen Umgestaltung der Landschaft einhergeht, auch offiziell vorgestellt.

Naturschutz durch Partnerschaft: Gemeinsame Flächengestaltung in Schwetzingen

Vor allem Eidechsen, Blindschleichen, Schlangen, Wildbienen und andere Insekten sollen auf dem Flurstück eine neue Heimat finden. In ein paar Jahren dürften die Hecken rund ums Areal auch Schutz- und Rückzugsraum für zahlreiche Vögel sein. Frei- und Heckenbrüter wie Amseln, Bachstelzen, Nachtigallen und die Klappergrasmücke finden dann einen idealen Niststandort. Dafür wurden Hartriegel, Weißdorn, Pfaffenhütchen, Liguster, Schlehdorn, Hundsrose und Holunder gepflanzt.

Die Ausgleichsmaßnahme für die „Schwetzinger Höfe“ ist ein neues Biotop für Insekten und Reptilien. Bild: Widdrat © Widdrat

Der Schwetzinger Landwirt Andreas Centmaier wird das Areal nach Plan mähen – ein- bis zweimal im Jahr. Von den gemähten Streifen wird der Grünschnitt weggebracht, während die Flächen nebenan sich selbst überlassen werden. Die angelegten Hecken brauchen anfangs noch eine stärkere Pflege, so Centmaier. „Hier wird bald eine artenreiche Blühwiese entstehen“, verspricht Diplom-Biologe Dr. Christoph Singer vom Fachbüro Bioplan in Heidelberg. Die Gesellschaft für Landschaftsökologie und Umweltplanung hat die Gestaltung von Anfang an begleitet. Ob sich auf der Wiese auch ein magerer Standort als idealer Lebensraum für selten gewordene Pflanzenarten entwickeln kann, bleibt abzuwarten.

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Für die Rekultivierung der bisherigen Ackerfläche wurden rund 900 Gehölze, Sträucher und Hecken-stauden gepflanzt. Für Eidechsen gibt es spezielle Refugien. Dazu wurden in Gruben senkrecht zur Längsseite Holzstämme mit einem Durchmesser zwischen zehn und 20 Zentimetern mehrschichtig so abgelegt, dass der südliche Teil der Stämme schräg nach oben herausragt. In diesen sogenannten „Eidechsenhotels“ können sich die Tiere oberirdisch sonnen und bei Bedarf auch wieder im Erdreich verschwinden.

Kosten und Anforderungen des Artenschutzes in Schwetzingen

Epple-Projektleiter Matthias Ohlheiser vom Immobilienentwickler Epple beziffert die Kosten für das Umweltprojekt auf rund 150 000 Euro. Nicht jedes Feld sei für die Umsiedlung von Mauer- und Zauneidechsen geeignet, berichtet Biologe Singer von der Untersuchung der Population auf dem ehemaligen Pfaudler-Areal. Bei einer Begehung im August 2018 waren rund 300 adulte Mauereidechsen nachgewiesen worden.

In diesen sogenannten „Eidechsenhotels“ können sich die Tiere oberirdisch bewegen und sonnen und auch im Erdreich verschwinden. © Widdrat

Für eine Umsetzung des strengen Artenschutzes forderte die Naturschutzbehörde rund 80 Quadratmeter Ausgleichsfläche pro erwachsene Mauereidechse. Die neue Heimat der Tiere muss mit Refugien aufgewertet werden. Im Untersuchungsgebiet waren damals im Grünstreifen zwischen Straße und Bahnlinie noch zahlreiche Eidechsen festgestellt worden, die aber durch einen Reptilienschutzzaun vergrämt werden konnten und nicht umgesiedelt werden mussten.

Ausgleichsfläche für "Schwetzinger Höfe": Positive Zusammenarbeit gelobt

Eine Untersuchung der Universität Trier hatte ergeben, dass die Population mit einer autochthon vorkommenden südalpinen Unterart der Mauereidechse durchmischt ist. Es sei in Schwetzingen gelungen, Stadtentwicklung und Natur- und Artenschutz mit Unterstützung der Landwirtschaft erfolgreich umzusetzen, dankt Bürgermeister Matthias Steffan dem Regierungspräsidium, dem Rhein-Neckar-Kreis, dem Büro Bioplan, dem Immobilienentwickler Epple und dem Bauernverband für die erfolgreiche Zusammenarbeit. Die „grüne Stadt“ habe dadurch „einen enormen Mehrwert“ erhalten für die Vielfalt der Arten. Der Dank gehe auch an Umweltstaatssekretär Dr. Andre Baumann (Grüne), der dem Projekt Ideen für die Biotopgestaltung geliefert habe.

Freier Autor Volker Widdrat ist freier Mitarbeiter.

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