Aufgrund von Religion im eigenen Heimatland diskriminiert zu werden, ist für europäische Christen nur schwer vorstellbar. Assem Hazrat (Name von der Redaktion geändert) muss inzwischen mit der Angst leben, dass das bald für ihn Realität werden könnte. Hazrat stammt ursprünglich aus Afghanistan und ist vor mehreren Jahren nach Deutschland geflüchtet. Hier ist er zum Christentum konvertiert, hat sich taufen lassen und regelmäßig Gottesdienste besucht. Inzwischen lebt er in Plankstadt, hat erfolgreich eine Ausbildung zum Schreiner abgeschlossen sowie Fortbildungen im Bereich Elektro- und Sanitärarbeiten gemacht.
Seine Beweggründe dafür, Christ zu werden, kommuniziert er sehr nachvollziehbar. Er habe seinen muslimischen Glauben verloren, da er lange miterlebt habe, welche schrecklichen Dinge im Namen der Religion passierten, besonders wie Menschen mit anderer Meinung von Machthabern unterdrückt wurden. „Ich wandte mich ab und hatte kein Vertrauen mehr in meine Religion“, blickt er zurück. Heute, so erklärt er es gegenüber dieser Redaktion, fühle er sich befreit. Dank vieler guter und religiöser Menschen habe er einen Glauben finden können, dem er selbst vertrauen kann – das Christentum.
Problem mit dem Ausweis
Dennoch muss er jetzt fürchten, nach Afghanistan abgeschoben zu werden. Bei einer Regelüberprüfung seitens des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat dieses Hazrats Glauben angezweifelt. Einer der Gründe: ein Vermerk auf seiner geltenden Tazkira, einem afghanischen Ausweisdokument. Denn dort steht unter Religion „Islam“. Hazrat selbst beteuert nun, dass keine afghanische Behörde, weder vor Ort noch in Europa, jemals ein Dokument ausstellen würde, auf dem an dieser Stelle etwas anderes vermerkt ist. Man werde als Bürger zur Religion auch gar nicht befragt.
Auf Anfrage dieser Redaktion teilte eine Sprecherin des BAMF mit, dass nach Einschätzung ihrer Kollegen in der Tat auf einer Tazkira grundsätzlich der Islam als Religion vermerkt ist. Des Weiteren ergab die Anfrage, dass die Konversion eines Asylbewerbers im Verfahren berücksichtigt werde und grundsätzlich zur Schutzgewährung führe, sofern dem Konvertiten aufgrund seiner Religion im Heimatland eine Verfolgung drohe. So weit so klar.
Das Komplexe daran ist, dass der Antragsteller glaubhaft machen muss, dass er seine neue Religion auch nach einer Rückkehr ins Heimatland ausüben und dadurch in Gefahr schweben würde. Die Frage ist, wie ein Betroffener das belegen soll, denn von der Sprecherin des BAMF heißt es: „Für Befragungen in der Anhörung zur Konversion gilt, dass sie nicht auf ein Glaubensexamen hinauslaufen dürfen.“ Stattdessen solle es um die Person gehen und darum, wieso es zu der Konversion kam und wie der neue Glaube nun ausgeübt wird. Seitens des Bundesamts wird betont, dass es bei Anträgen stets um den Einzelfall gehe, um die individuelle Fluchtgeschichte.
In einem Schreiben des BAMF von August an Hazrat, das dieser Redaktion vorliegt, heißt es, dass er seinen Glauben nicht in einer Art und Weise ausübe, die in seinem Heimatland zur Verfolgung führen würde. Ein anderes Schriftstück, aufgesetzt von der Pfarrerin der Gemeinde, in der Hazrat sich taufen ließ, besagt, dass er nie den Taufunterricht verpasst und außerdem regelmäßig am Gottesdienst teilgenommen habe. Das Schreiben hat die Geistliche im August dieses Jahres anlässlich des Prüfverfahrens an das Bundesamt geschickt, es bezieht sich allerdings auf einen Zeitraum vor mehreren Jahren.
Regelmäßige Schriftwechsel
Assem Hazrats Situation ist nach wie vor ungeklärt. Das BAMF trifft lediglich die Entscheidung darüber, ob sein Schutzstatus aufrechterhalten wird. Über sein Aufenthaltsrecht entscheidet anschließend die für ihn zuständige Ausländerbehörde. Zurzeit finden regelmäßig Schriftwechsel zwischen ihm und dem BAMF statt. Sein Deutsch ist sehr gut, mit Formalitäten hilft ihm zudem die ehemalige Schwetzinger Stadträtin Raquel Rempp. Des Weiteren hat Hazrats Vorgesetzter kürzlich ein Schreiben an den zuständigen Sachbearbeiter des BAMF geschickt, um die gelungene Integration seines Angestellten zu beteuern.
Assem Hazrat selbst meint dazu: „Die Arbeit lenkt mich von meinen Sorgen immer wieder ab. Ich bin froh und dankbar, dass ich ein sehr gutes Verhältnis zu meinem Vorgesetzten habe.“ Doch seine Zukunft ist noch ungewiss. Eine Rückkehr nach Afghanistan allerdings ist eine furchtbare Vorstellung für ihn: „Seit Monaten schlafe ich kaum, weil ich große Angst habe. Ich kann nicht dorthin zurück.“ Er hoffe nun, dass das Schreiben seines Chefs sowie seine eigene aktuelle Stellungnahme etwas in dem Fall bewirken können.
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