Exkursion mit Geohardt

Besuch bei Geothermiekraftwerk in Bruchsal bringt Schwetzingern Sicherheit

Zum Geothermiekraftwerk in Bruchsal hatte die Schwetzinger Zeitung zusammen mit der Schwetzinger Firma Geohardt eingeladen, um interessierten Lesern zu zeigen, wie so ein Kraftwerk arbeitet und um Fragen zu klären.

Von 
Jürgen Gruler
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Die Leser lauschen den Erklärungen von Dr. Thomas Koelbel (l.). Hier kommt die Leitung mit dem 126 Grad warmen Thermalwasser aus 2500 Metern aus dem Boden. © Gruler

Schwetzingen/Bruchsal. Wenn man von einem Kraftwerk spricht, dann denkt man ja eher an so Riesenklötze wie das GKM in Mannheim. Da wirkt das Geothermiekraftwerk in Bruchsal eher putzig mit seinen freiliegenden Rohren, die aus der Erde ragen, den beiden Containern mit der Fernwärmeumwandlung und der Lithium-Testanlage sowie dem noch am größten erscheinenden Stromerzeuger in einer eigenen Halle. Dorthin hatte die Schwetzinger Zeitung zusammen mit der Schwetzinger Firma Geohardt eingeladen, um interessierten Lesern zu zeigen, wie so ein Kraftwerk arbeitet und um Fragen kompetent beantwortet zu bekommen. Und da war Geologe Dr. Thomas Koelbel genauf der Richtige. Denn er ist seit 2019 der Verantwortliche für Bruchsal und er hat auch die Voruntersuchungen in der Region Schwetzingen/Mannheim für das Konsortium aus EnBW und MVV geleitet, denen Geohardt gehört.

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Mit dem Bus – gesponsert von Geohardt – ging es vor Ort. Marcus Adlon (MVV) und Jürgen Gruler (SZ) begrüßten die Gäste. Die zeigten sich gut präpariert, denn viele haben sich schon in der Bürgerinitiative gegen Tiefengeothermie engagiert oder sie haben sich eingelesen in technische Besonderheiten und wollen spezifische Fragen zur Technik und zu Gefahren anbringen. Vor Ort angekommen, waren Baumaschinen und eine neu gegossene Grundplatte zu sehen. „Die ist für unsere neue Brennstoffzelle“, erklärt Thomas Koelbel. Sie soll den Strom liefern für die Pumpen und Anlagen, die ab Sommer 2025 die doppelte Leistung an Fernwärme und Strom aus dem 126 Grad warmem Thermalwasser aus 2500 Metern Tiefe fördern sollen. „Und fürs Lithium“, fragte gleich ein Teilnehmer. „Das sei bisher in dieser Größe der Anlage nicht wirtschaftlich darstellbar, man betreibe nur eine Versuchsanlage aus der eine Sprudelflasche voll Lithium extrahiert werden kann. Aber falls die Wirtschaftlichkeit darstellbar würde, wäre hier theoretisch schon eine Menge des wertvollen Stoffs möglich, die für die Produktion von 20 000 bis 25 000 Autobatterien gut wäre, sagt Koelbel später auf Nachfrage.

So funktioniert Lithiumgewinnung bei der Geothermie

Diese Versuchsanlage bekommen die Besucher auch zu sehen und ein Mitarbeiter erklärt, wie durch Absorption an Titanium- oder Aluminiumteilchen dem Wasser Lithium entzogen werden kann. Die EnBW plane, hier vielleicht eine hintereinandergeschaltete Absorption zu installieren, um das Thermalwasser möglichst so zurück in den Boden leiten zu können, wie es vorher war.

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Apropos: Da sind wir bei der Funktionsweise der Bruchsaler Geothermieanlage. Schon Ende der 1970er Jahre sei die Idee dazu entstanden, übrigens durch den damaligen Oberbürgermeister Doll, der seine Stadt in der Ölkrise unabhängiger von Rohstofflieferanten machen wollte. Die erster Bohrung war gleich erfolgreich, man sammelte Erfahrungen in Materialien, die möglichst korrosionsfrei viele Jahre funktionieren – weil man hier einen sehr hohen Salzgehalt im Thermalwasser hat, ist das wichtig – und mit der Polizeikaserne gleich nebenan fand man einen wichtigen Abnehmer. Heute sind an die Fernwärme auch weitere Kunden angeschlossen. Und Großbetriebe wie Motorenhersteller SEW Eurodrive, Coca Cola und John Deere wollen nach der Aufstockung der Leistung auch ans Netz, weil es für ihren teils weltweiten Export wichtig sei, mit erneuerbarer Energie zu produzieren.

Vier mal vier Meter groß ist das Loch, aus dem ein Rohr kommt. Kaum zu hören ist die riesige Pumpe, die tief unten sitzt und das Thermalwasser die letzen 50 Meter noch oben transportiert, denn bis dahin hat es soviel Druck (250 bar), dass es von selbst die Röhre nach oben drängt. Oben angekommen, ist es nahezu klar, aber sehr salzhaltig. Ein Umwandler sorgt dann dafür, dass Fernwärme entsteht. Dann geht das Wasser über die zweite Röhre wieder in die Tiefe und kommt etwa 200 Meter nördlich von seiner Entnahme in die Buntsandsteinschichten zurück.

Hier erzeugt man übrigens auch Strom, denn die Anlage läuft 92 Prozent der Tage im Jahr durch und steht nur während einer Revisionszeit im Sommer still, in der immer alle Leitungen und Bauteile überprüft werden. Und während im Winter der Fernwärmebedarf groß ist, ist er im Sommer gering – und dann wird daraus Strom gemacht. Koelbel sagt aber auch, dass das weniger wirtschaftlich sei als die Fernwärmeerzeugung. Wie das funktioniert konnten die Besucherinnen und Besucher natürlich auch sehen – übrigens der einzige Bereich, der Krach macht. Die Fernwärmeerzeugung läuft quasi geräuschlos. Und der Lärm von der Autobahn, die in einen halben Kilometer Entfernung vorbeiführt, ist deutlich präsenter.

Erschütterung durch Lastwagen in Schwetzingen

Die A 5 hat übrigens anfangs in Sachen Seismik (Erdbewegungen) für Verwirrung gesorgt. Denn sehr empfindliche Messgeräte haben im ersten Jahr etwa 800 seismische Ereignisse registriert, die sich als vorbeifahrende Lastwagen herausstellten. Durch die Förderung an sich gab es bisher keine einzige seismische Bewegung, sagt Koelbel. Und aufgrund der geologischen Bodenbeschaffenheit hier sei das mit der angewandten Technik auch nicht zu erwarten. Und gilt das auch für die Region Schwetzingen? „Ja“, antwortet Koelbel: „Die Formationen lägen sehr fest im Boden, auch eine platzende Stahlleitung habe es weltweit noch nicht gegeben, zumal ja die Leitungen trichterartig übereinander liegen und durch die Temperaturen im Erdinnern sehr geschmeidig seien. Die nächste Frage ging in Richtung von Kalkschichten, die ja bei Tunnelbohrungen immer wieder Probleme bereiten. Um Speyer herum gebe es eine solche Schicht, auf badischer Seite aber nicht. Man könne genau sagen, wie der Untergrund beschaffen sei und man habe in der Region um Schwetzingen und Mannheim sogar noch höhere Wassertemperaturen bei etwa 155 Grad festgestellt in einer angestrebten Tiefe von 3000 bis 3500 Metern.

Das Abzapfen und das Auffüllen beim Geothermiekraftwerk

Dann fragte eine Leserin noch danach, ob denn nicht Probleme im Untergrund entstehen könnten, weil das Wasser an einer Stelle rausgeholt werde und an einer 200 Meter entfernten Stelle wieder reingeleitet werde. Es bestünden da Verbindungen und das Wasser tausche sich wieder aus und durch den Druck strebe es eh nach oben. Mit einem Farbversuch habe man den Austausch mal getestet und nach einem Jahr und drei Monaten sei tatsächlich ein kleiner Anteil des eingefärbten Wassers wieder oben angekommen.

Noch viele Detailfragen wurden an diesem Nachmittag in Bruchsal beantwortet. Die Fahrtteilnehmer dankten der Zeitung, dass sie die Exkursion ermöglicht hatte und Thomas Koelbel und sein Team freuten sich über den regen Austausch. Er hatte auch das passende Schlusswort: „Ich finde, dass Geothermie kein Allheilmittel in der Energiewende ist, aber dass sie uns dabei helfen kann, die Stube im Winter warm zu haben. Und es ist wichtig, dass man sich über die Technik informiert, bevor man sie ablehnt. Und das steht ja jedem weiter offen.“

Chefredaktion Jürgen Gruler ist Chefredakteur der Schwetzinger Zeitung.

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