Schwetzingen. „Ich habe dieses Jahr erst einmal Spargel gegessen, das muss ich jetzt noch nachholen“, sagt die Kundin zu Sonia Schäufele an ihrem Verkaufsstand. Viel Zeit bleibt der jungen Dame aber nicht mehr – zumindest, wenn sie ihr Stangengemüse auf einem der sechs Schwetzinger Höfe kaufen will. Denn alle machen am nächsten Wochenende 11./12. Juni Schluss – entweder samstags oder sonntags.
Nach dann acht Wochen Saison gehen nicht nur die Spargelbauern auf dem Zahnfleisch, sondern auch die Pflanzen. „Die Stöcke sind einfach leer“, erklärt Heike Gress vom gleichnamigen Biohof im Forst auf Ketscher Gemarkung. „Das ist wie bei den Kirschen. Wenn sie unten sind, gibt’s keine mehr.“ Daran einen großen Anteil hatte auch die zeitweise Masse an Erntegut, als es im Mai wochenlang so warm war. „Wir sind ja gar nicht mehr hinterhergekommen, so viel hatten wir lange nicht mehr“, blickt Seniorchefin Elfriede Renkert vom gleichnamigen Hof im Allmendsand zurück. Auch Nachbar Andreas Spilger sieht das so: „Die Menge war zwischendurch einfach zu viel.“
Demgegenüber stand auch ein verändertes Kaufverhalten der Kunden (wir berichteten bereits am Freitag). „Das war ganz anders“, erzählt Heike Gress. Im Vergleich zu den Vorjahren sei es ein deutlicher Rückgang gewesen. „Da war die Gastronomie zu, die Leute waren im Homeoffice und haben halt daheim gekocht.“ Jetzt komme hinzu, dass alles teurer wird und die Leute sparen. „Die Leute kaufen vermutlich ihren Spargel im Supermarkt“, vermutet Nachbarin Sonia Schäufele und bringt die Saisonbilanz auf den Punkt: „Zu viel Spargel – zu wenige Kunden.“ Ihre Familie habe mehrfach die geernteten Stangen an die Tafel gespendet oder sogar weggeworfen. Und nicht nur sie haben Äcker einfach stehen gelassen, also den Spargel nicht mehr geerntet. Spilgers etwa haben es ebenso gemacht.
Auch die Saisonbilanz auf dem Hof Schuhmacher ist durchwachsen, wie Chefin Manuela berichtet. Die Gründe sieht sie ähnlich wie ihre Kolleginnen. Und zudem seien direkt vor der Spargelernte die Corona-Lockerungen gekommen. „Da ist der Spargel in den Hintergrund gerückt.“ Vieles sei wieder wichtiger geworden, vor allem der Urlaub. So sei der Absatz irgendwie ungewöhnlich gewesen.: „Letztes Jahr war es eine gleichmäßigere Abnahme“, erinnert sie sich.
Das sieht zwar auch Elfriede Fackel-Kretz-Keller so, aber insgesamt fällt ihre Bilanz positiver aus. „Wir profitieren davon, dass wir in der Innenstadt sind“, sagt sie. So kämen halt auch viele Touristen und Festspielgäste vorbei. Zudem habe eine zusätzliche Werbung geholfen: Denn der Südwestrundfunk war auf dem Hof in der Invalidengasse zu Gast und sendete zur besten Vorabendzeit einen mehrminütigen Beitrag über die Familie Fackel-Kretz.
Auch sie macht übrigens am nächsten Wochenende Schluss – wie alle anderen. Dabei ist die Erntemenge in den vergangenen Tagen schon deutlich zurückgegangen. „Man merkt schon, dass es weniger wird“, berichtet Andreas Spilger. Nachbarin Elfriede Renkert hat eine einfache Erklärung dafür: „Die Äcker haben sich verausgabt.“ Da hilft jetzt der Regen auch nicht mehr. „Während der Spargelzeit ist die Feuchtigkeit nur gut für die Optik“, erklärt Manuela Schuhmacher. Aber für die Pflanzen und ihr Wachstum sei der Regen gut – damit nächstes Saison die Stöcke wieder aufgetankt haben.“
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