Seit wenigen Tagen ist am Eingang eines Hauses in der Schwetzinger Oststadt, genauer gesagt am Haus Nummer 23 in der Schillerstraße, ein großformatiges Schild, das ins Auge fällt, angebracht: „Otto Eberhardt Haus. Hier lebte und arbeitete der Schwetzinger Künstler und Pädagoge von 1970 - 2019“. Der Sohn von Otto Eberhardt, Nikolaus Eberhardt, hat das Haus seines Vaters, der im Mai 2019 verstarb, saniert und in ein Künstlerhaus umgestaltet.
Künstlerhäuser entstanden an vielen Orten in Deutschland im späten 19. Jahrhundert im Kontext der Künstlerkolonien, in die sich Kreative aus den Großstädten zurückzogen. Bekanntestes Beispiel ist sicher Worpswede mit zahlreichen solcher Häuser, in den die Lebens- und Arbeitswelten von Künstlerinnen und Künstlern bewahrt und präsentiert werden.
1930 in Mannheim geboren, erkannten die Eltern Eberhardt frühzeitig die künstlerische Begabung ihres Sohnes, der seinen ersten Malunterricht bei Professor Theodor Waldraff, Heidelberg erhielt. Von 1955 bis 57 studierte Otto Eberhardt Malerei und Grafik bei Professor HAP Grieshaber an der Kunstakademie in Karlsruhe sowie Philologie und Geschichte in Heidelberg. Er besuchte die Schauspielschule in Wien und Rom von 1957-59. An der Universität Rom studierte er ergänzend italienische Literatur und Archäologie.
Bekannt als Lehrer am Hebel
Ab 1959 war er im Schuldienst, ab 1966 am Hebel-Gymnasium Schwetzingen, wo er mit Unterbrechungen die Theater-AG leitete. Herausragende Aufführungen wie „Faust I“ und „Faust II“ machten die Theater-AG des Hebel-Gymnasiums und die Theaterarbeit von Otto Eberhard weit über Schwetzingen hinaus bekannt.
Reisen nach Südeuropa, besonders Italien, Studienreisen nach Ägypten, Ostafrika, Indien, Mexiko, Südamerika, Russland, Ostasien und China prägten sein künstlerisches Schaffen, fand er doch dort die Motive, die er in Aquarelle, Ölbilder und Holzschnitte umsetzte. Ein Leben für die Kunst und mit der Kunst, so könnte man die Biografie von Otto Eberhardt beschreiben. Er hat die Welt bereist und ist doch immer seiner Heimat treu geblieben.
Mit zu den ersten Gästen, denen Nikolaus Eberhardt das Künstlerhaus präsentierte, gehörten Staatssekretär und Landtagskandidat Dr. Andre Baumann, der Schüler von Otto Eberhardt am Hebel-Gymnasium war, und der Schwetzinger Künstler, Stadtrat und Mitglied im Ausschuss für Bildung und Kultur des Gemeinderats, Professor Josef Walch, der zehn Jahre Kollege von Otto Eberhardt am Hebel-Gymnasium war. Beim Betreten des Hauses wird der Besucher im Erdgeschoss zunächst von künstlerisch und handwerklich faszinierenden Mosaikfußböden, von Otto Eberhardt entworfen und gestaltet, gefangen genommen, die das Haus zu einer Art Gesamtkunstwerk machen. Die Geschichte, die die Motive dieser Mosaiken erzählen, zeigt die enge Verbundenheit des Künstlers zur Antike, es ist die von „Philemon und Baucis“. An den Wänden vom Kellergeschoss bis zum Obergeschoss präsentiert Nikolaus Eberhardt die künstlerischen Arbeiten seines Vaters, wobei er ein interessantes kuratorisches Konzept verfolgt. Die Bilder sind nach den Ländern und Regionen, die Otto Eberhardt bereist hat, gruppiert. Das Atelier von Otto Eberhardt im Kellergeschoss ist zum großen Teil leer geräumt, um hier in Zukunft Künstlerinnen oder Künstlern im Rahmen eines Aufenthaltes in Schwetzingen als „Artist in residence“ Arbeitsmöglichkeiten zu bieten. Es ist eines der möglichen Konzepte zur zukünftigen Nutzung des Hauses, aber da ist noch vieles, wie Nikolaus Eberhardt betonte, in der Planung. Die Idee ist insofern stringent, weil Otto Eberhardt immer wieder Künstler, die er auf seinen Reisen kennengelernt hatte, nach Schwetzingen eingeladen und ihnen längere Arbeitsaufenthalte in seinem Haus geboten hat. Davon zeugen auch Bilder, die diese Künstler als Dank dem Hausherren geschenkt haben.
Gegenstände, die Otto Eberhardt von seinen Reisen mitgebracht hat, bilden zusammen mit antiken Möbeln und den Arbeiten des Künstlers eine harmonische Einheit. Auffallend dabei ist ein großformatiger Deckenleuchter in der Diele des Hauses, in den 1960er Jahren von Otto Eberhardt entworfen und auf der berühmten Glasbläserinsel nahe bei Venedig gefertigt. Venedig gehörte zu den bevorzugten Reisezielen von Otto Eberhardt und hat so eine besondere Erinnerung und Spur im Haus hinterlassen.
Josef Walch erzählte in diesem Zusammenhang, wie er als Schüler des Hebel-Gymnasiums durch die Vermittlung seines Kunstlehrers Heinrich Vogt in den 1960er Jahren die Ateliers der Schwetzinger Künstler damals besuchen konnte, so von Heinz Friedrich, Alfons Klein, Bernhard Becker, Walter Tauchert und Otto Mindhoff. In diesem Zusammenhang bedauerte Walch, dass das Atelierhaus von Heinz Friedrich (er wäre in diesen Tagen 97 Jahre geworden) in der Richard-Wagner-Straße der Spitzhacke zum Opfer gefallen ist. Erhalten so Walch, sei noch das Atelier von Bernhard Becker, das von dessen Sohn Martin Keßler mit viel Liebe gepflegt wird und immer wieder auswärtige Besucher anlockt.
Kunst und Kultur fördern
Das Gespräch der Besucher mit Nikolaus Eberhardt drehte sich auch um Kulturpolitik, um Möglichkeiten der Förderung der lokalen und regionalen Kunst und Kultur. Andre Baumann verwies dabei auf die gemeinsame Veranstaltung (Videokonferenz) mit Kulturstaatssekretärin Petra Olschowski vor wenigen Wochen, in der sie die neuen Ziele in der baden-württembergischen Kulturpolitik erläuterte, wo unter anderem die Professionalisierung der ehrenamtlichen Strukturen in der Breitenkultur eine wichtige Rolle spielt. Baumann versicherte, dass er sich in diesem Zusammenhang für die Gemeinden seines Wahlkreises nachhaltig einsetzen werde. jw
Professor Josef Walch hat einige Videos aufgenommen, in denen er Basteltipps für Kinder zeigt.
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