Es war später Nachmittag, als Julius endlich am Bahnhof in Schwetzingen eintraf. Er war aus Berlin hierher gereist, um ein paar Wochen im beschaulichen Örtchen auszuspannen, denn eine Pause vom aufregenden Großstadtleben als Privatdetektiv konnte er dringend brauchen. Hier in Schwetzingen wollte sich Julius außerdem mit seinem alten Studienkollegen und Freund, Professor David Koob, treffen. Dieser arbeitet als Kommissar bei der Schwetzinger Polizei, eigentlich hatte er Archäologie studiert und sogar für einige Zeit an der Uni Heidelberg gelehrt. Irgendwann wurde ihm das zu langweilig und da sein Freund Julius Detektiv war, ging er zur Polizei.
Am Bahnhof war um diese Zeit Hochbetrieb. Alle Kinder, die gerade Schulschluss hatten, wollten zu ihrem Zug. Julius quetschte sich durch das Gedränge. Als er wieder atmen konnte, blickte er sich um: Vor ihm sah er das imposante Schloss, das um diese Uhrzeit am späten Nachmittag bunt erleuchtet war. Es roch hier am Bahnhof zwar nur nach Zigarettenrauch und Abgasen, dennoch freute Julius sich auf seinen Urlaub. Als er den Bürgersteig in Richtung Schlossplatz ging, sah er interessiert in die Schaufenster der Läden. In Cafés und Restaurants brannte bereits Licht. Schließlich kam Julius an. Sein Freund saß bereits auf einer Bank und wartete.
David war eher klein und dicklich, während Julius groß und dünn war. Julius‘ schwarze Haare glänzten in der untergehenden Sonne. Davids dagegen waren genauso braun wie seine Augen. Julius‘ eisblaue Augen aber blickten kühl und wissend. Julius glättete seinen Anzug und rief lächelnd: „Hallo David. Wie schön, dich zu sehen.“ David stand auf:. „Hast du gut hergefunden? War die Fahrt anstrengend?“ „Ich habe mir die Zeit mit spannenden Kreuzworträtseln vertrieben.“ Julius Stimme klang keineswegs ironisch.
„Wollen wir zur Stärkung etwas essen?“, fragte David. „Oh ja, sehr gerne“, antwortete Julius. Sie setzten sich in ein nahes Restaurant und bestellten. Julius trank einen Schluck aus seiner Tasse Tee. Er hatte eine Vorliebe für Tee, da seine Eltern aus London kamen. Wenig später saßen sie vor dampfenden Tellern. David hatte sich für etwas Klassisches entschieden: Schnitzel mit Pommes. Währenddessen hatte Julius den Hang zum Ausgefallenen: Spaghetti mit Trüffeln und Buttersauce. „Überaus exquisit“, meinte Julius. Als sie satt ihre Servietten auf die leeren Teller gelegt hatten, besprachen sie die nächsten Tage.
Verabredung im Schlossgarten Schwetzingen
„Morgen könnten wir in den Schlossgarten gehen, ich habe mir freigenommen“, schlug David vor. „Oh ja, gerne, darauf bin ich schon sehr gespannt“, freute sich Julius. Inzwischen hatte der Kellner die Teller abgeräumt und nachdem sie bezahlt hatten, trennten sie sich für den Rest des Abends. Julius ging zu seinem Hotel und David in seine Wohnung. Sie verabschiedeten sich. Die Laternen erleuchteten den Weg und in der Ferne flackerte schon das Schild. Nachdem er eingecheckt hatte, sah er sich in seinem Zimmer um. Es war klein, aber es hatte alles, was man braucht. Neben einem Bett und einem Schrank stand unter dem Fenster ein Schreibtisch und eine Tür führte ins weiß geflieste Bad.
Am nächsten Morgen trafen sich Julius und David vor dem Schlossgarten. Es roch nach Pflanzen und die Luft war frisch. Als sie den Weg entlangliefen, knirschte der Kies unter ihren Füßen. „Hörst du auch die Vögel?“, fragte David. „Ich glaube, es ist eine Amsel.“ Sie schlenderten durch den Park und kamen an kleinen Tempeln und Statuen vorbei. Schließlich erreichten sie den Apollo-Tempel. Er war größer als die meisten anderen. Über mehrere Stufen ging es nach oben, wo der griechische Gott stand. Darunter gab es ein malerisches Gewölbe, durch das man ebenfalls laufen konnte. Von oben floss ein Bach herunter und das Wasser sammelte sich in einem Becken. „Die Stufen des Baches sind sieben, wie die Wochentage, während oben im Tempel selbst die zwölf Säulen für die Monate stehen und die 25 Sonnen am Geländer für die Wochen des Jahres“, erklärte David. Doch als sie die Stufen hinauf stiegen und zu Apollo selbst treten wollten, sahen sie etwas Schreckliches: Irgendjemand hatte den gesamten Tempel verwüstet. In den Säulen waren Löcher und auch die Apollo-Statue war zerstört.
Rätsel in blutroter Farbe
Das war nicht mal das Schlimmste, in blutroter Farbe stand auf dem Boden: „Der blutrote Fürst, sein funkelnder Anblick sie fallen in ewige Düsternis, sie kommen ins Dasein, erblicken ewiges Licht. Einer sie hindert, alle sie fall’n“.
„Oh, ein Rätsel! Es freut mich sagen zu dürfen, dass wir wohl einen neuen Fall haben. Das trifft sich gut, dann wird mir nicht langweilig im Urlaub“, rief Julius erfreut. Sie traten näher an die Schrift und Julius kniete sich hin. „Die Farbe ist noch frisch. Das heißt, die Tat muss innerhalb der letzten Stunde erfolgt sein. Sonst wäre sie längst trocken. Wie viele Bastelläden habt ihr hier in der Nähe?“, fragte Julius „ Ach, das sind viele“, meinte David. „Aber der nächste ist ,Die bunte Stube.‘“ „Dort werden wir sofort hingehen, aber zuerst will ich die zerstörte Figur in Augenschein nehmen. Es ist die Figur des Gottes Apollo. Seine Aufgaben waren Poesie und Licht. Er wurde oft mit einer Leier dargestellt. Apollo fährt den Sonnenwagen während seine Schwester Artemis, bei den Römern Diana, für den Mond zuständig ist“, erläuterte Julius.
„Es scheint, als hätten die Täter etwas gesucht“, meinte David. „Aber was, wird sich noch zeigen“, so Julius im Gehen. Beim Heruntersteigen durch das Gewölbe darunter huschte plötzlich ein dunkler Schatten vorbei. Julius stutzte. War es nur eine Sinnestäuschung? Doch da war der Schatten schon wieder verschwunden.
Die Türglocke klingelte, als die beiden Detektive den kleinen Bastelladen im benachbarten Eppelheim betraten. Es roch nach frischer Farbe und Kleber „David, lenk du den Besitzer ab. Ich schaue im Computer nach, was wann von wem gekauft wurde“, sagte Julius. Als David den Besitzer in ein längeres Gespräch über die Vor- und Nachteile von Acryl- zu Gouachefarbe verwickelt hatte, schlich sich Julius hinter den Kassencomputer. Er tippte auf der Tastatur herum, bis die Verkaufsliste aufploppte. Rasch scrollte er herunter und überflog die Einträge. Doch plötzlich hielt er an. Da stand: Henrik Red Prince. 1L rote Acryllfarbe. Wohnhaft: Hildastraße 3, Schwetzingen.
Kurz darauf standen sie vor dem unscheinbaren Haus in der Hildastraße. Vor den Fenstern waren die Rollläden heruntergezogen. Das Haus war in einem trostlosen Grau gehalten. Als Julius näher herantrat, sah er, dass auf dem Klingelschild nicht etwa „Red Prince“ stand. Nein, dort stand Henrick Theodor, der V. „Höchst interessant“, murmelte Julius. „Ich meine zu glauben, Professor, dass wir hier etwas sehr Großem auf der Spur sind.“ „In der Tat, Julius“, stimmte der Professor zu. „Es scheint jedoch, dass unser mysteriöser Unbekannter nicht daheim ist“, fuhr Julius fort. Es stimmte: Kein Auto stand in der Einfahrt und im Haus war kein Licht. „Ich glaube, hier finden wir keine weitere Spur mehr“, meinte David.
Noch spät am Abend saß Julius in der kleinen Stadtbibliothek und wälzte Bücher über die Schwetzinger Geschichte. Der Name Henrick Theodor hatte ihn irgendwie an den Kurfürsten Carl Theodor denken lassen. Und tatsächlich, in einem Buch fand er etwas höchst Erstaunliches. Der Detektiv nahm sich vor, am nächsten Tag David davon zu erzählen. Gleich am Morgen trafen sich Julius und David im Kaffeehaus zum Frühstück. „Gestern Abend bin ich in einem Buch auf eine sehr interessante Geschichte gestoßen“, sagt Julius. „Sie war sehr alt, denn sie begab sich zu der Zeit, als Carl Theodor in seinem Jagdschloss hier in Schwetzingen residierte. So um 1749 hatte er die Gartenanlage in Auftrag gegeben. Die Verantwortung dafür bekam der Oberbaudirektor der Kurzpfalz, Nicolas de Pigage. Carl Theodor hielt sich gerne hier auf und ging von hier aus auch öfter auf die Jagd. Als er einmal einen besonders schönen Hirsch geschossen hatte, schenkte ihm Nicolas de Pigage, mit dem ihn mittlerweile auch eine Freundschaft verband, einen Ring mit einem wertvollen Edelstein. Es war ein roter Saphir, etwas größer als eine Walnuss. Theodor bewahrte den Ring gut auf.
An seinem Hof lebte zu dieser Zeit auch ein entfernter Verwandter von ihm, ein Cousin fünften Grades mit Namen Lucius. Der sah den Ring und war neidisch. Er wollte den Ring unbedingt selber besitzen und stahl ihn. Als Carl Theodor den Diebstahl entdeckte, war er darüber natürlich sehr aufgebracht und rätselte zunächst, wer der Dieb sein könnte. Aber irgendwie fand er es wohl heraus und wollte Lucius zur Rede stellen. Der wiederum ahnte bereits, dass das kein freundschaftliches Gespräch werden würde und steckte einen langen Dolch ein, um sich, wenn nötig, wehren zu können, gegen wen auch immer. Als Lucius allerdings die Übermacht der Wachen sah, verließ ihn der Mut und er versuchte zu fliehen. Er rannte von seinem Quartier in einem Seitenflügel des Schlosses Richtung Orangerie, stolperte aber in seiner Eile über die Stufen, die dort hinunterführen und fiel hin. Als die Wachen bei ihm ankamen, sahen sie, dass der Dolch, den er dabei gehabt hatte, sich im Sturz so unglücklich in ihn gebohrt hatte, dass er auf der Stelle starb.
Weder bei ihm noch in seinem Zimmer wurde jedoch der Ring gefunden. Später erzählten Carl Theodor seine Spione, dass einer der Lakaien ein komisches Verhalten an den Tag gelegt hätte. Er habe davon gesprochen, dass so ein Ring nur Unglück bringe. Carl Theodor ließ den Mann befragen, aber er sprach nur von dem Unglücksring und schlechtem Omen. Doch auch bei dem Lakai oder in seinem Zimmer konnte der Ring nicht gefunden werden. Er nahm ein nicht so schönes Ende und wurde in eine Irrenanstalt gesteckt“, beendete Julius seinen Bericht und nippte an seinem Tee.
Ein Nachfahre von Lucius?
„Interessant“, sagte David. „Das lichtet den Nebel ein wenig.“ „Genau, jetzt weiß ich auch, wer der Farbenschmierer ist: Vermutlich ist es ein Nachfahre oder Verwandter von einem der Beteiligten, zum Beispiel von Lucius“, erklärte Julius. „Er muss von der alten Geschichte erfahren haben und sucht nun nach dem Saphir. Und genau das werden wir jetzt auch tun“, ergänzte David. „Der Stein muss irgendwo im Schlossgarten sein“, vermutete Julius. „Am besten statten wir dem Schlossgarten noch einmal einen Besuch ab.“ „Was genau hoffst du, dort zu finden?“, fragte David. „Den Saphir?“ „Vielleicht, aber zumindest einen Hinweis darauf, wo er versteckt sein könnte“, meinte Julius beim Aufstehen.
Aufmerksamkeit erweckt
Die beiden verließen das Café und wandten sich Richtung Schloss. Wenig später spazierten sie erneut durch den Park und analysierten das Gebäude. Sie befanden sich gerade in der Nähe der Moschee, als David etwas auffiel. „Schau mal Julius, dort ist wieder die rote Farbe.“ Er zeigte auf die Wand der Moschee. Tatsächlich, dort stand etwas, wieder in roter Schrift: „Haut ab, ihr habt hier nichts zu suchen, sonst holt euch der Fluch ein.“ Julius schmunzelte: „Perfekt, jetzt haben wir seine Aufmerksamkeit. Nun Professor, unter diesen Umständen bietet uns das ganz neue Möglichkeiten. Sie veranlassen bitte, dass morgen Abend ein paar Ihrer Polizeikollegen zur Verfügung stehen. Wo genau, sage ich Ihnen morgen. Ich werde mich noch ein bisschen im Schloss umsehen und nach weiteren Hinweisen suchen.“
Am späten Abend ging Julius über den dunklen Schlosshof. Er war noch so lange im Park geblieben, bis dieser geschlossen wurde und sich niemand mehr hier aufhielt. Im Dunkeln steuerte er den linken Flügel des Schlosses an, wo sich nach seiner Recherche die Gästezimmer früher befunden hatten. Dort musste Carl Theodors Verwandter Lucius damals einquartiert gewesen sein. Leise knackte er die Tür ins Gebäude. Drinnen roch es muffig. Mit einer Taschenlampe leuchtet er sich den Weg durch die Korridore. Er klapperte alle Räume ab, doch in keinem fand er einen Hinweis.
Plötzlich hörte er Schritte. Schnell riss Julius eine Tür auf und versteckte sich in dem dunklen Raum dahinter. Er musste ein Niesen unterdrücken, denn der Staub kitzelte ihn in der Nase. Vorsichtig spähte er durch das Schlüsselloch. Eine Gestalt näherte sich. Sie hatte auch eine Taschenlampe dabei und in deren Licht erkannte er eine Person mit dunkler Kleidung und einem wehenden roten Mantel. Sie hatte blasse Haut und blonde mittellange Haare. Es war auf jeden Fall kein Nachtwächter, da war sich Julius sicher. Hinter der Tür stand der mysteriöse Unbekannte, den sie suchten.
War es dieser Henrick, der die Farbe gekauft hatte? Die Person lief weiter und Julius atmete aus. Als er sicher war, dass er wieder allein war, schaltete er seine Taschenlampe erneut an und sah sich in dem Raum um, in dem er sich befand. Er war verstaubt und mit Spinnweben verhangen. An einem Ende stand ein alter Eichenschreibtisch. Auf einem runden Tisch in der Mitte des Raumes war ein Schachbrett aus Marmor eingelassen. Daneben lag ein Zettel. Julius trat näher heran und begutachtete das Stück Papier. Die Schrift war verblasst, aber noch lesbar: „Ein Bischof singt das Duett des Abends. Der siebte Springer bringt Hass und Leid. Aber zwei Bauern, fleißig sie sind. Eine weise Dame der dritten Generation verbirgt den letzten Fehler unseres Königs. Zwei Zeilen voll Wahrheit bilden den Schluss. Die Eule hat einen blutenden Schnabel.“
Verwundert las Julius den Text mehrmals durch. Nach einigen Minuten reiflicher Überlegung wusste er die Lösung. Der Schlüssel war das Schachbrett. Der Läufer beim Schach wird auch Bischof genannt. Duett steht für 2 und bei Abend musste der erste Buchstabe wichtig sein, also das A. Beim Schachbrett hat jedes Kästchen eine eigene Nummer, bestehend jeweils aus einem Buchstaben und einer Zahl. Es beginnt in der ersten Reihe mit A1, A2... Und so kam Julius auf die Lösung. Der Läufer musste auf A2. Als er ihn auf das Brett setzte, hörte er ein leises Klicken. Etwas war eingerastet.
Davon ermutigt, wandte er sich der nächsten Zeile zu. „Der siebte Springer bringt Hass und Leid“. Also setzte er den Springer auf die Zeile 7 und wählte als Buchstabe das H von Hass, denn ein L von Leid kommt beim Schachbrett nicht vor. Der Springer stand nun also auf H7 und rastete ebenfalls ein. Die nächste Zeile war schon schwieriger. Wenn es sich hier um zwei Bauern handelte, wie lautete dann die Zahl? Und außerdem können sich zwei Bauern nicht dasselbe Feld teilen. Es musste sich also um einen Bauern handeln, der auf Zeile 2 stand und das F von fleißig bezeichnete die Spalte. Also Bauer auf F2. „Eine weise Dame der dritten Generation.“ Julius stellte die Dame auf G3 und auch sie rastete so wie die anderen ein.
„Verbirgt den letzten Fehler unseres Königs.“ Die Zahlen gingen nur bis acht, also musste es die achte Zeile sein. Als Buchstabe nahm er das F von Fehler. Er stellte den König auf F8 und wieder klickte es. Dann begann ein Mechanismus zu rattern und eine verborgene Tür hinter einem Holzpaneel an der Wand tat sich auf. Julius staunte und trat näher.
Hinter der Tür befand sich ein schmaler Gang. Julius folgte ihm und gelangte in eine kleine geheime Kammer. Er musste husten und hoffte, dass der Unbekannte ihn nicht gehört hatte. Auf einem staubigen Tisch lag ein altes, in Leder gebundenes Buch. Julius blätterte darin. Es war ein Tagebuch und hatte offensichtlich dem Lakai gehört, der damals bei Carl Theodor gedient hatte und der später des Diebstahls beschuldigt worden war. Julius überflog die Seiten. Der Lakai erzählte von seinem Leben. Dann ging es plötzlich um den Ring mit dem roten Saphir. Er schrieb, wie viel Unheil schon durch solche Schmuckstücke geschehen war – und nun wieder.
Plötzlich hat es Klick gemacht
Ein Verwandter des Herrn, Lucius, war wegen des Rings zu Tode gekommen. Er beschloss, ihn verschwinden zu lassen. Nur wer das Rätsel zu seinem Aufenthaltsort lösen konnte, war würdig, ihn zu besitzen. Das Rätsel habe ich gelöst, dachte Julius. Aber plötzlich stutzte er. Was war mit den letzten beiden Zeilen? Die hatte er zum Lösen des Schachrätsels nicht gebraucht, aber was bedeuteten sie dann? Er überlegte und auf einmal war es, als hätte etwas in ihm auch Klick gemacht. Er lächelte. Das Puzzle war vollendet.
Julius dachte an Morgen und schrieb etwas auf einen Zettel. Der seltsame Henrick würde darauf stoßen und die Falle war perfekt. Dann kletterte er durch das nächstgelegene Fenster nach draußen. Es war nicht hoch und er konnte die letzten Meter nach unten springen.
Grinsend und zufrieden verließ er den Schlossgarten, während im Schloss hinter ihm leise jemand jubelte. Am nächsten Abend lagen Julius, David und fünf Polizisten an einem der Tempel auf der Lauer. Julius hatte dem Professor nur den Ort genannt und dieser hatte alle Mittel in Bewegung gesetzt. Seit mindestens drei Stunden warteten sie nun schon im Gebüsch. Der Schlossgarten hatte längst geschlossen – alles war ruhig. Da, plötzlich sahen sie eine Gestalt mit einem roten Umhang die Treppen zum Tempel herauf laufen. Die Gestalt hatte einen Hammer in der einen und einen Meißel in der anderen Hand. In dem kleinen Tempel befanden sich kleine Podeste, die mit goldenen Tierschädeln verziert waren. Die Gestalt begann vorsichtig, einen der goldenen Schädel am Rand heraus zu hämmern. Doch dahinter war nichts. Die Person probierte es auf der anderen Seite des Tempels und hämmerte immer mehr der goldenen Schädel heraus. Da stand Julius auf. „Guten Abend Henrick“, sagte er. „Ich glaube, ich weiß, was Sie suchen. Kann ich Ihnen vielleicht behilflich sein?“
Julius nahm dem überraschten Mann den Hammer ab. Er wandte sich gezielt an die Statue der Minerva, die in ihrer Nische stand. Zu ihren Füßen befand sich als Symbol der Weisheit – eine Eule. Julius zielte mit dem Hammer gekonnt auf den Schnabel der Eule und schlug zu. Der Schnabel zerbröselte und darunter kam ein walnussgroßer, roter Saphir zum Vorschein und kullerte in seine Hand. „Geben Sie mir den Stein!“, schrie Henrick. „Er steht mir zu!“ Dann stürzte er sich auf Julius. Doch dieser war keineswegs unsportlich und konnte dem Angriff ausweichen. Er nutzte den Schwung seines Gegner, drehte ihm den Arm auf den Rücken und stellte ihm gleichzeitig ein Bein. Der landete mit dem Gesicht am Tempelrand.
In diesem Moment kamen auch die Polizisten aus dem Gebüsch gestürmt und führten den Täter ab. Während sie ihn wegbrachten, rief Henrick: „Ich bin Nachfahre eines Fürsten, niemand kann mir das Wasser reichen.“ „Nosces te ipsum“, meinte Julius trocken. „Erkenne dich selbst.“
Am nächsten Morgen saßen Julius und der Professor mehr in einem Café am Schlossplatz beim Frühstück. „Glaubst du, dieser Henrick war wirklich ein Nachfahre von Lucius?“, fragte David. „Wer weiß das schon so genau“, antwortete Julius schulterzuckend. „Und woher wusstest du, wo der Stein nun versteckt war?“, fragte David seinen Freund. „Ganz einfach“, erklärte Julius. „Das Rätsel hatte mehr als eine Bedeutung. Es war darin von einer weisen Dame die Rede. Damit war nicht nur die Schachfigur gemeint, sondern auch Minerva, die als Göttin der Weisheit gilt. Ich wusste, dass ein Tempel von ihr im Schlossgarten steht. Sie verbirgt den Fehler des Königs. Also musste der Stein irgendwo in ihrem Tempel zu finden sein.
Die Eule war der zweite Hinweis auf Minerva, denn diese wird oft mit einer Eule als Zeichen der Weisheit dargestellt. Bei der Rede vom blutenden Schnabel war es klar. Blut steht wegen der Farbe für den Saphir und gleichzeitig für das Unglück, das er angerichtet hats. Auri sacra fames – verfluchter Hunger nach Gold also wieder mal“, meinte Julius und beide schmunzelten.
Leon Hauck ist 13 Jahre alt und kommt aus Ketsch. Er besucht die 7. Klasse des Privatgymnasiums Schwetzingen.
Er hat früher Kinderkrimis gehört und gelesen wie „Die drei ???“. Aber auch Fantasy-Romane. In der Grundschule fing er an zu schreiben – auch eher Fantasy. Seine Deutschlehrerin hat ihn auf den Wettbewerb aufmerksam gemacht. Seit der vierten Klasse ist sein Traumberuf Autor.
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