Schwetzingen. Sommerresidenz der Kurfürsten, kulturelles Kleinod zwischen Rhein und Neckar. Doch hinter den pittoresken Kulissen von Schloss, Marstall und Palais Hirsch wird gemordet, was das Zeug hält. Jetzt ist die Anthologie zur Criminale in Schwetzingen erschienen, die vom 9. bis 12. April rund 300 deutschsprachige Krimiautoren zu einem Branchentreffen des „Syndikats“ in die Spargelstadt holt. Und auch das Umland wird nicht verschont. 19 Kurzkrimis bilden die gesamte Bandbreite des Genres ab, vom Ton her ironisch bis knallhart, kritisch bis witzig, es gibt historische und auch kulinarische Geschichten. Von Speyer über Schwetzingen bis nach Mannheim und Heidelberg decken die Storys die Metropolregion Rhein-Neckar ab und haben nicht nur Schwetzingen im Fadenkreuz.
Krimifans begegnen Giftmörderinnen und blutrünstigen Haushaltsgeräten; man kann lernen, wie es sich geschickt mit der Farbe Blau töten lässt und warum Kunstfälschung mörderisch enden kann. Der Emons-Verlag bezeichnet das Buch als „Rezeptbuch für den gepflegten Mord“. Wir haben schon mal reingeschnuppert.
Jede Menge Lokalkolorit in den 19 Kurzkrimis
Den Einstieg macht die Hamburger Rechtsanwältin Franziska Henze mit „Alles gut“. Sie schildert das Leben einer Fünftklässlerin mit alkoholabhängigem Vater, die denkt, er habe im Suff die ewig nörgelnde Nachbarin umgebracht und selbst zur Mörderin wird. Skurril auch die Geschihte des Berner Autoren Paul Ott, der unter dem Pseudonym Lascaux schreibt und sich mit dem Museum Blau beschäftigt, vor dem ein Toter gefunden wurde. Da spielt dann auch noch eine Redakteurin der Schwetzinger Zeitung ein Rolle und sogar die Speisekarte vom „Grünen Baum“ wird stilecht zitiert mit seinem „Schnitzel nach Art eines fahrenden Volkes“.
Die Herausgeber
Klaus Maria Dechant lebt in Reilingen, ist Autor von Kriminalromanen, Hörbuchproduzent und -sprecher sowie Literaturpodcaster. Der gebürtige Mannheimer betreibt den Verlag Early Bird Books und mit seiner Frau Diana eine Goldschmiede. Dechant ist Mitglied und Vorstand für Kommunikation im Syndikat.
Brigitte Glaser, in Offenburg geboren, lebt und arbeitet als freie Schriftstellerin in Köln. 2003 erschien mit „Leichenschmaus“ der erste Katharina-Schweitzer-Krimi, 2010 mit „Schreckschüsse“ das erste Jugendbuch und 2016 mit „Bühlerhöhe“ der erste Roman, der sich wochenlang auf der Spiegel-Bestsellerliste hielt.
Das Buch „Arsen und Spargelspitzen“ hat 272 Seiten und ist für 14 Euro im Buchhandel zu haben.
Til Petersen, hinter dem ja Herausgeber Klaus Maria Dechant selbst steckt, beschreibt seine Sicht der Dinge, als er quasi tot im weinroten Rokokokostüm im Mozartsaal des Schlosses liegt und sein Leben und die Anweisungen der Ärzte an sich vorbeiziehen sieht. Jürgen Heimbach geht auf eine Zeitreise ins damals noch intakte Eisenbahn-Ausbesserungswerk und verknüpft sie mit kroatischen Nachkriegsrachegeschichten.
Toll auch Tina Seels Ausflug in die Welt der Spargelhöfe, die für Bäuerin Aloisia tödlich endet. Oder Gina Greifensteins humorvolle Geschichte um den Sternekoch Josef Lauter – jede Ähnlichkeit mit Lafer wäre rein zufällig – der eine Spargelhochsendung in der Orangerie des Schwetzinger Schlosses aufzeichnet und dabei in Gedanken aus dem Fernsehteam gleich auf fünf verschiedene Arten umkommen könnte, dann aber tatsächlich von einem herabfallenden Scheinwerfer erschlagen wird.
Mafiös wird es bei Sunil Mann aus Zürich, der seinen Protagonisten zu einem Hochzeitsbankett ins „Brauhaus zum Ritter“ kommen lässt, wo er den Mafiaboss erst vergiften will, ihn dann vermeintlich erschießt und am Ende selbst ins Gras beißen muss.
Überhaupt spielen Schwetzingen und die Kurpfalz Hauptrollen in den Kurzkrimis. Bei Uwe Ittensohn ist es der Speyerer Dom und sein Geläut. Bei der Österreicherin Isabella Archan die frühere Schwanenbrauerei und die „Verheierten“ – ein badischer Eintopf aus Spätzle und Kartoffeln. Und bei Kathrin Heinrichs der Schlossplatz mit seiner Atmosphäre.
Sogar ein Mordversuch im Schwetzinger Stadtrat
Allesamt sind sie ja Krimiautoren aus Leidenschaft oder Profession. Aber was macht da der ehemalige Oberbürgermeister René Pöltl in dieser Anthologie? Er hat sich gleich begeistert gezeigt von der Idee, die Criminale nach Schwetzingen zu holen. Da waren sich die Herausgeber Brigitte Glaser und Klaus Maria Dechant schnell einig, ihn doch auch um einen Kurzkrimi zu bitten. Und was soll man sagen: Er ist gelungen. Ein Stadtrat sackt vor der Entscheidung, einen Windpark bauen zu wollen, in sich zusammen. Gift im Cola auf dem Ratstisch war die Ursache. In Verdacht gerät die Bürgerinitiative, die sich gegen das Projekt stark macht und natürlich ein Spargelbauer. Der OB gerät auch noch in Gefahr – bloß gut, dass alles erfunden ist.
Bleibt die Frage, wie denn eigentlich die Autoren für die Anthologie ausgesucht wurden? „Erstes Kriterium: Ein guter Mix aus Männlein und Weiblein. Zweites Kriterium sind die drei deutschsprachigen Länder, die zum Syndikat gehören und angemessen vertreten sein sollen (Mann und Lescaux aus der Schweiz, Archan und Wind aus Österreich. Und einige Local heroes sind immer dabei (Schmid, Seel, Ittensohn, Bach, Pöltl und Dechant). Zudem sollte mindestens ein Glauser-Preisträger dabei sein – hier sich es Lescaux, Henze und Heimbach. Und als Herausgeber durften wir uns auch noch einige Autoren wünschen“, sagt Klaus Maria Dechant.
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