Es war mal wieder Muttertag – dieser eine Tag im Jahr, an dem wir uns alle daran erinnern, dass wir eine Mutter haben. Es ist fast so, als würden wir an diesem Tag aus einem langen Schlaf erwachen und denken: „Mama existiert auch noch!“, jene Superheldin, deren wir unsere Existenz verdanken. Zu den schwerwiegenderen 50 Prozent. Es ist faszinierend, wie Menschen plötzlich in einen Rausch des Dankes und der Wertschätzung für die Frau verfallen, die uns (idealerweise) neun Monate lang in ihrem Bauch getragen, dann auf die Welt gebracht hat und seitdem damit beschäftigt ist, unser Chaos zu beseitigen und uns aus der Patsche zu helfen.
Aber wer braucht schon 364 Tage im Jahr, um daran zu denken, dass Mütter existieren? Mit einem Tag voller Aufmerksamkeit, mit Pralinen, Blumen und einem Parfüm wird danke gesagt. Und ja: Ich bin sicher, sehr viele Mütter freuen sich darüber. Vor allem aber, wenn man gemütlich Zeit mit ihnen verbringt. An den bestens gefüllten Cafés und Restaurants in Schwetzingen war zu sehen, dass viele Familien den Sonntag nutzten, um der Mama etwas Gutes zu tun.
Zum einen ist es gut, dass es diesen nicht gesetzlich verankerten Tag gibt. Zum anderen macht es mich traurig. Denn für mich bleibt der Muttertag ein seltsames Phänomen. Ein Tag, an dem wir so tun, als ob ein Geschenk und ein Mittagessen ausreichen würden, um all die unermüdliche Arbeit und Liebe zu würdigen, die unsere Mütter uns schenken. Vielleicht sollten wir uns öfter daran erinnern, dass Muttersein kein einmaliges Ereignis ist, sondern eine lebenslange Verpflichtung. Bis dahin werden wir aber wohl weiterhin am zweiten Sonntag im Mai die plötzliche Erleuchtung feiern und uns bemühen, unsere Mütter so zu behandeln, als wäre jeder Tag Muttertag. Warum machen wir Letzteres nicht einfach?
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Zum Nachdenken Der Muttertag, ein Phänomen
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