Schwetzingen. Es gibt nicht viele Institutionen, die darauf hoffen, irgendwann überflüssig zu sein. Doch ganz tief drinnen hofft das Achim Schmitt. Zugleich weiß er auch, realistisch ist es nicht. Dass es den Verein „Die Brücke“, der sich seit 1995 der Obdachlosen- und Bedürftigenhilfe verschrieben hat, nicht mehr braucht, darf als unwahrscheinlich gelten. Dafür entwickeln sich die Zahlen seit Längerem in die komplett falsche Richtung. Aber als Anspruch für eine anständige Gesellschaft, die niemanden ausgrenzt, sollte dieses Ziel in den Augen Schmitts bestehen bleiben. Bis dahin, so der Vorsitzende des Vereins in der Wärmestube, bleibe nur, den ökonomisch Schwachen beizustehen und ihnen die Hand zu reichen.
Das tut die „Brücke“ zum Glück nicht ganz allein. Gerade erfuhr sie durch den Schwetzinger Ortsverband der Arbeiterwohlfahrt (Awo) in Form von gestrickten Schals und Socken für die kalte Jahreszeit große Unterstützung. Verantwortlich für diese Stricksachen war die Awo diesmal nicht. Zwar veranstalte man, so Heide Spranz, immer wieder Strickaktionen unter dem Namen „Heiße Nadel für warme Hände und Füße.“ Aber diese Initiative ging von einem älteren Ehepaar aus, das der Awo zwei große Tüten Strickereien schenkte. Eine Spende, so Heide Spranz, Sigrid Schmich und Gerda Gress, die mehr als willkommen sei.
Auch die drei Schwestern ließen keinen Zweifel daran, dass das Bedürftigenproblem größer werde. Gerade in der Rentnergeneration gebe es immer mehr, denen die Rente zum Leben nicht reiche. Angesichts steigender Kosten würden sie vor allem beim Essen und der Kleidung sparen. Das Angebot der „Brücke“ immer montags, mittwochs und freitags ein sehr günstiges Mittagessen anzubieten, sei ein Segen.
Aber die Bedeutung der „Brücke“ gehe für die Menschen weit darüber hinaus. Denn mit der ökonomischen Benachteiligung gehe oft eine soziale Ausgrenzung einher, die Vereinsamung mit sich bringe. Und genau hier trete die „Brücke“ mit ihrer Wärmestube in die Verantwortung. Schaffe sie doch den sozialen Raum, der Austausch und Geborgenheit ermögliche.
Wenn man den Menschen zuhört, spürt man wie wichtig das ist. Für Claudia wurden die Menschen der „Brücke“ zur zweiten Familie: „Ohne sie wäre ich sehr allein.“ Kennengelernt hat sie hier Silvia, die jetzt eine enge Freundin von ihr ist. Ohne die „Brücke“ hätten sie sich wahrscheinlich nie getroffen. Ganz ähnlich spricht Christa Cuntz von der „Brücke“. Sie ist Gründungsmitglied und fühlt sich der Gemeinschaft bis heute verbunden. „Die Menschen hier tun mir gut.“ Aber auch das Mittagessen sei wichtig. Ohne das Angebot könnten sich Claudia und Silvia nach eigenen Angaben nicht jeden Tag eine warme Mahlzeit leisten. Ein Satz, den hier viele mit Kopfnicken quittieren. Zwei Euro kostet das Mittagessen und 70 Cent ein Getränk. Cuntz, die nicht bedürftig ist, zahlt fürs Mittagessen, wie sie betont, „natürlich etwas mehr“.
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