Es war nach der erzwungenen Corona-Pause 2020 der fünfte kurfürstliche Orgelspaziergang. Und die Begeisterung unter den rund 60 Mitspaziergängern hätte kaum größer sein können. Ganz kurz, aber wohl absolut treffend erklärte Helmut Leuthardt den Orgelspaziergang zum Ereignis mit dem Prädikat „äußerst wertvoll“. Und schloss mit den Worten „einfach hervorragend“. Ein Urteil, das am späten Sonntagnachmittag wohl einstimmig ausgefallen wäre. Die Orgel ist ein Instrument, das Kraft hat und in Besitz nimmt. Sie füllt allein große Räume und vermag Menschen zu erheben. Nicht nur, aber vor allem bei der Kombination von Orgel und dem Komponisten Johann Sebastian Bach ist es Musik, die, wenn man es zulässt, einem spüren lässt, dass es jenseits des Ichs Größeres gibt. Die Orgel ist unter den Instrumenten eine Gigantin.
Der Orgelspaziergang, den die Geschäftsführerin der Mozartgesellschaft Katharina Simmert und Dr. Rüdiger Thomsen-Fürst von der Forschungszentrum Hof/Musik/Stadt innerhalb des Tages des Denkmals organisierten, wartete neben den drei Orgelstationen Schlosskapelle, St. Pankratius und evangelische Stadtkirche noch mit einer weiteren Überraschung auf. Es sei, so Thomsen-Fürst, eine etwas längere Entstehungsgeschichte. Aber jetzt sei die Broschüre „Kleine Schwetzinger Orgel-Geschichte(n)“ fertig. Es gibt sie kostenlos in der Touristinfo und im Palais Hirsch. Und es schien, dass sie die Orgelfans überzeugte. Irene Wienicke betonte, dass sie sich so ein kurzes, aber enorm informatives Werk schon lange gewünscht habe. Immerhin sei die Orgelmusik und der Orgelbau seit vier Jahren immaterielles Unesco-Kulturerbe. Und wenn man die Musik hört, wisse man auch schnell, warum. Die Orgel als Instrument stehe nie allein, sie bilde stets mit dem Raum eine Symbiose. Es scheint fast so, dass Orgel und Raum eine Art Beziehung aufbauen, die die Wirkung der Musik vervielfacht. Auf alle Fälle wirkt die Musik immer anders und das liegt keinesfalls an den Organisten. Heinz-Georg Saalmüller (Schlosskapelle), Michael Müller (St. Pankratius) und Detlev Helmer (Evangelische Stadtkirche) sind alle Meister ihres Faches. Am Ende war es genau dieses dauernde Anders, das den Menschen gefiel.
Stücke großer Komponisten
„Es ist diese Klangvielfalt, die mich so begeistert“, sagt Viola Marguerre. Keine Frage, dass sie sich sehr darüber freute, dass der Orgelspaziergang wieder stattfindet. Denn musikalisch gehöre dieser Nachmittag zu den schönsten des Jahres. Neben Johann Sebastian Bach (1685 – 1750), Johann Ludwig Krebs (1713 – 1780), Felix Mendelssohn-Bartholdy (1809 – 1847) und Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791) brachte das Organisten-Trio in den drei Kirchen unter vielen anderen auch Werke von Charles Avision (1710 – 1770), Theodor Dubois (1837 – 1924) und Johann Martin Spieß (1691 – 1772) zum Klingen. Und um es klar zu sagen: Es ist Musik, die ruhig, ja für Momente fast glücklich macht. Füllt sie doch nicht nur Räume, sondern sogar Seelen aus.
Die Teilnehmenden Helmut Leuthardt, Irene Wienicke und Viola Marguerre ließen am Ende, nach der fulminanten Fuge e-Moll (BWV 548) von Johann Sebastian Bach, keinen Zweifel daran, dass sie beim nächsten Orgelspaziergang wieder dabei sein werden.
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