Schlossplatz und Ehrenhof

Die Romantik des Gedränges auf dem Schwetzinger Weihnachtsmarkt

Der 11. Kurfürstliche Weihnachtsmarkt ist zu Ende und konnte sich vor Besuchern kaum retten - dennoch gibt es einen Aspekt, den viele Anwesende vermisst haben.

Von 
Lukas Heylmann
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Die Zeltstadt auf dem nördlichen Schlossplatz ist bis Sonntagabend ein Publikumsmagnet gewesen. An diesem Montag wird alles abgebaut. © Lenhardt

Im Verkaufszelt von Tatjana Bitto-Scherstück im Ehrenhof des Schlosses drängen sich die Menschen beim ersten Besuch so sehr, dass an ein Durchkommen zunächst nicht zu denken ist. Das finale Wochenende des Schwetzinger Weihnachtsmarktes ist in vollem Gange und trotz der Eiseskälte sammeln sich die Besucher in rauen Mengen an den Ständen, um sich – womöglich – kurz vor Heiligabend noch mit Geschenken einzudecken.

Ein Gespräch mit der Verkäuferin und zwei ihrer Kundinnen ist somit erst gut eine halbe Stunde später möglich. „Ich komme schon seit Jahren her“, erklärt Bitto-Scherstück in ihrem Zelt voller selbstgenähter Kleidungsstücke. „Und es lohnt sich jedes Mal. Inzwischen habe ich schon Stammkunden, die sich immer freuen, dass ich wieder da bin.“ Eine davon ist im Grunde auch Uschi Weinert aus Eppelheim – zumindest ist sie Wiederholungstäterin. „2020 hab ich mir hier etwas aus einem schönen Stoff gekauft und jetzt hab ich das hier passend im selben Muster gefunden“, erklärt sie und zeigt auf ihre neu erworbenen Stulpen, die sie bereits trägt.

Weinert ist mit ihrer Freundin Martina Keller vor Ort. Beide kommen jedes Jahr zum Markt. „Das Flair ist so romantisch“, findet Keller. Allerdings – schade finden es die beiden schon, dass es in diesem Jahr kein Bühnenprogramm gibt.

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Diese Meinung schnappt man beim Gang über Ehrenhof und Schlossplatz öfter mal auf – das bestätigt auch das Personal an den Ständen. So zum Beispiel Ilka Zimmermann, die seit 2015 jedes Jahr im Zelt von Tischmacher Weine arbeitet. „Viele Besucher erzählen uns, dass sie traurig sind, dass das Programm fehlt. Aber ganz ehrlich: Wir merken hinter dem Stand den Unterschied nicht wirklich. Die Leute rennen uns die Bude ein“, berichtet sie und lacht. Entsprechend hat sie auch nur in einer kurzen Zigarettenpause wenige Minuten, um ein paar Fragen zu beantworten.

„Das Wetter war bisher völlig egal, es war immer viel los“, erzählt Zimmermann. Auch zwischen den einzelnen Tagen gebe es keinen Unterschied. „Sonntags ab acht wird es etwas weniger.“ Vielleicht weil viele Montag zur Arbeit müssen? „Bestimmt. Aber unserer Erfahrungnach müssen das manche offensichtlich nicht“, kommentiert sie und grinst vielsagend.

Und in der Tat: Das Durchkommen auf dem Schlossplatz ist zu manchen Zeiten wirklich kompliziert. Besonders viel los ist häufig am Stand von Markus Fessler, an dem es Rindfleischbrötchen gibt, die offenbar sehr begehrt sind. Auf die häufig zahlreichen wartenden Menschen an seinem Tresen angesprochen gibt sich der Mann bescheiden: „Die längsten Schlangen? Da muss ich woanders gewesen sein“, kommentiert er lapidar, fügt dann aber mit einem Lächeln hinzu: „Wir sind auf jeden Fall zufrieden.“

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Auf der anderen Seite des Schlossplatzes, direkt am Glücksschwein, hat Edmund Gehrlein an allen vier Wochenenden sein Zelt aufgebaut. Er ist Korbmacher in siebter Generation. „Es ist ein altes Handwerk und es ist selten geworden“, erklärt Gehrlein – daher sei das Interesse der Weihnachtsmarktbesucher durchaus groß gewesen.

Nur ein Wochenende vor Ort zu sein war für ihn nicht in Frage gekommen. „In den Stücken, die hier stehen, steckt jahrelange Arbeit. Da wäre es schade, Zeit mit Auf- und Abbau zu verschwenden. Oder vielleicht kommt jemand vorbei, sieht etwas Schönes, mag es eine Woche später kaufen und ich bin nicht mehr – das wäre ja auch nicht gut“, erläutert der Korbmacher seine Gründe. Und die Arbeit, die er für jedes Stück aufbringen muss, ist deutlich sichtbar. „Das reine Flechten ist je nach Größe ein Tag“, berichtet er. Doch in der Vorarbeit, sagt Gehrlein, stecken im Grunde Jahre.

Setzen auf die junge Generation

Der Weg führt zurück zum Ehrenhof. Da herrscht zwar Verkaufstrubel, aber deutlich weniger Gedränge. Viel Aufsehen erregt der Stand von „Hills of Hems“ aus Hemsbach. Dort gibt es hübsch gestaltete Küchentücher und andere Textilprodukte – mit Material aus den Niederlanden und handgefertigt in Zusammenarbeit mit Blauherz aus Weinheim, einer inklusiven Nähmanufaktur, in der Menschen mit Behinderung einen Arbeitsplatz finden können.

Sabine Heyden, einer der Gründerinnen, erzählt, dass der Zuspruch an den beiden Wochenenden, die der Stand vor Ort war, super gewesen sei. „Das muss auch honoriert werden. Hier ist doch der letzte Markt, der Kunsthandwerk richtig unterstützt“, findet sie. Die Verbraucher müssten aber auch umdenken, aus ökologischen Gründen, so Heyden. Immerhin – die jüngere Generation sei sehr auf Nachhaltigkeit bedacht.

Bühnenprogramm fehlt

Da sehr zeitnah eben doch der Glühwein ruft, bietet sich der erneute Gang hinüber zum Schlossplatz an. Dort befinden sich die Besucher Helke und Günter Fath gerade mit Tassen in der Hand im angeregten Gespräch. Sie waren jede Woche auf dem Schwetzinger Weihnachtsmarkt. Auch ihnen fehle laut eigener Aussage das Bühnenprogramm. „Es würde ja schon reichen, wenn jemand ein paar Weihnachtslieder auf Klavier oder Harfe spielt“, findet Helke Fath.

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Jedoch: Ein Grund, nicht zu kommen, ist das für sie nicht. „Hier wird was gemacht und das muss man unterstützen. Alle wollen feiern, aber nicht jeder will auch was dafür machen“, bekräftigt sie. Beim Weihnachtsmarkt in Oftersheim haben die beiden selbst mitgeholfen – in Schwetzingen beteiligen sie sich eben stattdessen vor den Ständen.

Die Bilanz zeigt: Die Menschen haben den Weihnachtsmarkt vermisst. Sicherlich gibt es hier und da Kritikpunkte. Wie überall. Doch am Ende bringt Helke Fath im Gespräch das Wichtigste auf den Punkt: „Der Glühwein schmeckt.“ Und das wird er höchstwahrscheinlich auch nächstes Jahr.

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