Schwetzingen. Räumlich waren die Ecomobil-Gala auf dem Schlossplatz und die Cargobike-Roadshow auf den Kleinen Planken getrennt. Doch inhaltlich hätten diese beide Veranstaltungen kaum enger verwandt sein können. Denn am Ende könnte das Lastenrad einer der sogenannten Gamechanger sein, der mit Blick auf den Klimawandel mehr Autos von der Straße holt als viele andere Initiativen. Diesen Eindruck konnte man hier jedenfalls bei der Probeaktion für Lastenräder bekommen.
Viele Interessierte kamen am Sonntag vor das Lutherhaus in Schwetzingen, um die zwölf E-Lastenräder zu testeten. „Fühlt sich an wie auf einem Thron“, urteilte der siebenjährige Lucas, der gerade von seiner Mutter im Modell „Mäx & Mäleon“ über den Platz chauffiert wird. Aber auch das Fahren dieses Modells fühlte sich super an, wovon sich der Autor dieser Zeilen selbst einen Eindruck verschaffen konnte. Das Fahren ist mühelos und es macht Spaß.
Worte, die die beiden Roadshow-Mitarbeiter Stephanie Ellers und Dirk Oldekamp im Geiste groß über jedem ihrer Lastenräder stehe haben. Aber es geht ihnen natürlich um mehr als nur Spaß. „Mit den Lastenrädern heute geht in Sachen Alltagsbewältigung wirklich fast alles“, so Ellers. Einkäufe, auch der samstägliche Großeinkauf, die Kinder in den Kindergarten oder zur Grundschule bringen, bis zu vier an der Zahl, auch der Transport in der Babyschale oder zum Arbeitsplatz mit Aktenordner oder dem Werkzeugkasten. Sicher an die 95 Prozent aller Aufgaben, die Mobilität erfordern, können mit dem Lastenrad bewältigt werden. Damit entfällt mindestens der Grund für das familiäre Zweitauto.
Elfriede Schenk zeigte sich überrascht davon, wie leichtgängig sich diese doch großen und nicht ganz leichten Räder fahren lassen. „Für ein paar Momente ist es ungewohnt, aber dann fühlt es sich an wie normales Fahrradfahren.“ Auch Oberbürgermeister Dr. René Pöltl sowie die beiden Mitarbeiterinnen des kurfürstlichen Klimabüros, Catrin Nähr und Maike Berkenmeier, testete Lastenräder und zeigten sich begeistert. Und um genau diese Begeisterung geht es Oldekamp. Das Angebot in Schwetzingen sei keine Verkaufsshow, sondern eine Plattform, um über das Ausprobieren ein kleines Begeisterungsfeuer für das Lastenrad zu entzünden. Ein Vorhaben, das, so viel vorab, mühelos gelang. Auch bei mir – und zwar als Fahrer wie Passagier.
Eine Menge Pluspunkte
Und da war von den ökologischen Vorteilen noch gar nicht die Rede. Die Bilanz pro Lastenrad ist in jeder Hinsicht überwältigend. Im Vergleich zum Auto sind die CO2-Emissionen winzig, der Platzverbrauch ist gering und die Mobilitätseffizienz, also der Ertrag zwischen Aufwand und Nutzen, enorm effizient. Es gebe im Alltagsgebrauch kaum eine Ebene, so Ellers, wo das Lastenrad nicht vor dem Pkw zu finden ist.
Eine Rechnung, die einleuchtet, erkannte Barbara Bockstahler. Sie und ihr Mann Tobias verzichten schon länger auf ein eigenes Fahrzeug. Bis dato erledigen sie von Fahrten zum Arbeitsplatz über das Einkaufen bis zum Transport ihres Kindes alles per Rad mit Satteltaschen und Anhänger. Aber da gerate man doch an Grenzen, die mit einem Lastenrad so wohl nicht auftauchen.
Ein wenig schreckt der Preis. Ein gutes Lastenrad, so Oldekamp, kostet schon mindestens 5000 Euro. Von der Stadt Schwetzingen gebe es für den Kauf eines Cargo-E-Bikes zwar einen Zuschuss von 500 Euro, aber die Anschaffung gehöre immer noch in die Kategorie hoch. Zugleich werde es dann Jahre genutzt und mache den Alltag spürbar einfacher.
Apropos einfacher: So sieht auch die Rechnung aus, wenn man, wie Frank Köttermann, darüber nachdenkt, das Zweitauto abzuschaffen. Ganz jenseits der ökologischen Aspekte sei ein Lastenrad allemal günstiger als jeder Pkw. Das Interesse war jedenfalls groß und Ellers wie Oldekamp freuten sich sichtlich darüber: „Mit dem Projekt haben wir zunehmend mehr Arbeit. 2016, als das mit der Roadshow begann, hatte das Team neun Stationen im Jahr. Jetzt, 2022, sind es 50“, zeigten sie eine beachtliche Bilanz auf – Tendenz fortschreitend.
Rasante Entwicklung
Eine Entwicklung, die sich auch anhand der Verkaufszahlen ablesen lässt. 2016 wurden laut Zweirad Industrie Verband in Deutschland rund 15 000 Lastenräder verkauft. 2019 waren es schon 76 000 und letztes Jahr dann 167 000. Ein Anstieg mit dem Multiplikator elf. Wenn es so weitergeht, wären es 2027 knapp zwei Millionen Lastenräder auf den Straßen der Republik. Und wenn die Dynamik anhält, so Oldekamp, könnten es noch viel mehr sein.
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