Schwetzingen. Können Sie sich vorstellen, dass im Jahr 2030 noch Menschen Smartphone zusammenbauen? Ich ehrlich gesagt seit meinem Besuch beim Hightech-Tag der Ehrhart-Schott-Schule in Schwetzingen nicht. Denn dort stellt unter anderem die Firma Festo mit Sitz in Esslingen eine Handybauanlage vor, die nahezu automatisch läuft.
Nur die fertigen Teilen müssen noch an einer Stelle händisch zusammengesteckt werden, alles andere bislang vom Menschen übernommene, setzen Maschinen um. Macht sich der Mensch mit der Vollautomatisierung von Arbeitsabläufen da nicht selbst überflüssig?
Begeisterung und Innovationsgeist: Schulprojekt bringt Schüler und Unternehmen zusammen
In der Ehrhart-Schott-Schule in Schwetzingen herrscht am Donnerstag eine untypische Geräuschkulisse, als die Pausenglocke läutet – die Schüler reagieren nicht. Am Hightech-Tag sind sechs Firmen aus der Technikbranche zu Gast, die die jungen Erwachsenen und Lehrer gleichermaßen mit innovativen Produktionsmöglichkeiten sowie packenden Berufsfeldern in ihren Bann ziehen. „Es ist schon fast wie eine Hausmesse nur für unsere Schüler“, sagt Initiator und Lehrer Markus Bürger.
Die Unternehmen zeigen sich von ihrer besten Seite. Denn alle eint ein Interesse: Appetit machen auf Jobs, an die man möglicherweise noch gar nicht gedacht hat und somit mögliche Nachwuchskräfte an Bord zu holen.
Verknüpfung von Mechanik und Software: Digitale Einblicke in die Welt von Smart Solutions
Bei den anwesenden Firmen dreht sich alles um sogenannte „Smart Solutions“. Markus Bürger: „Im Zuge der Digitalisierung 4.0 ist die Verknüpfung von mechanischen Elementen und Software ausschlaggebend. Wir als multiple Schule, die auch auf die Bereiche Maschinenbau und Mechatronik vorbereitet, möchten den Schülern auch die zugehörige Praxis nahebringen.“
Ein Anspruch, der fruchtet. So beeindruckt unter anderem Eberhardt Maier, Ingenieur von KTR Systeme aus Rheine in Nordrhein-Westfalen, mit einem Verbindungselement, das über Sensoren die Abnutzung einer Kupplung messen kann. „Damit können wir Aussagen zur Lebensdauer und Wartung der Kupplung treffen. Das ermöglicht eine nachhaltige Nutzung der mechanischen Elemente – nämlich wirklich so lange, bis sie kaputt sind“, sagt er.
Mithilfe solcher intelligenten Systeme könne Maiers Firma außerdem tiefer in technische Prozesse einsehen. Das finden viele Schüler spannend – auch Lorent Mlinaku. Er jedoch hat schon einen Berufswunsch für sich fixiert: „Ich möchte auf den Bau als Stuckateur.“
Was in der Politik heiß diskutiert wird, stößt hier auf große Begeisterung. Die Automatisierungsanlage der Firma Festo ist dabei nur ein kleiner Teil. Die Mitarbeiter haben eine Simulation dieser Anlage aufgebaut. Hier können die Jugendlichen vor Ort sehen, wie ein Handy zusammengebaut wird – und das, wie eingangs beschrieben, mit nur einem einzigen Handgriff. Eine Technologie, die Lehrer und Schüler gleichermaßen fesselt.
Technologischer Einsatz gegen Energieknappheit: SEW präsentiert Lösungen mit intelligenten Sensoren
Doch nicht nur bei Festo können die Heranwachsenden eine enge Kausalität von Politik und Technik sehen. Denn bei dem Mannheimer Unternehmen SEW werden Lösungen für die anbahnende Energieknappheit erarbeitet. Der Außendienstmitarbeiter Gregor Wohlfart appelliert an die Ingenieure von Morgen: „In der Zukunft ist Energie ein knappes Gut.
Ein vernünftiger Umgang wird immer wichtiger.“ Daher seien Sensoren, die die Firma entwickle, von steigender Bedeutung. Denn diese können an Maschinen angebracht werden und vor Schädigungen warnen. „Früher hätte ein kleiner Defekt zum Stillstand der Produktion geführt. Das kostet unglaublich viel Energie und senkt die Produktivität. Die Sensoren nehmen die Defekte wahr und melden sie. So können Schäden beseitigt werden, ohne dass die Produktion stoppt.“
Frauenpower und kreatives Profil: Schule plant Zukunft mit vielfältigen Angeboten
Auch die Schüler zeigen Gelerntes: „Wir können mithilfe einer App auf dem Tablet selbstständig ein Getriebe bauen. Dazu filmen wir die Seite in der Bedienungsanleitung und die App zeigt die Arbeitsschritte dreidimensional an“, erklärt Schülerin Vivienne Wühl.
Als Mädel sei sie zwar in der Unterzahl an der Schule, habe aber ihre Leidenschaft gefunden – und: „Ich habe einen Studienplatz bei SAP.“ Nicht wunderlich, dass dieser im Bereich der Informatik liegt, denn die Schule fördert das technische Verständnis der Jugendlichen auch im Unterricht.
Die Rolle der Frau in der Technik: Neue Initiativen für mehr weibliche Präsenz
Dass es noch so wenige Frauen an der Schule gebe, werde sich in den nächsten Jahren ändern, hofft Schulleiter Thomas Edinger: „Wir möchten ein neues Profil integrieren, das sich im kreativen Bereich ansiedelt. So möchten wir auch für junge Frauen als Schule attraktiv sein.“ Nur eines von vielen Anzeichen, dass diese Schule zukunftsgewandt arbeitet – immerhin gibt es schon jetzt mehr weibliche als männliche Lehrer in der Ehrhart-Schott-Schule.
Die Arbeitgeber wissen das Engagement der Einrichtung zu schätzen. „Viele Unternehmen möchten sich vorstellen. Wir müssen fast schon darauf achten, dass nicht zu viel Unterricht ausfällt“, erzählt der Schulleiter schmunzelnd.
Anders ausgedrückt: Der Mensch ist und bleibt auch bei der Digitalisierung wichtig und Unternehmen brauchen auch 2030 noch versierte Mitarbeitende. Die Arbeit bleibt, die Aufgabenfeldern ändern sich.
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