Vortrag zu "1700 Jahre jüdisches leben in Deutschland"

Einblick in Leben und Wirken von Maler Gustav Wolf

Schwetzingens Kulturreferentin Dr. Barbara Gilsdorf gewährt einen Blick in das Leben und Wirken von Gustav Wolf. Der jüdische Künstler schwankte zwischen Hochstimmung und Zusammenbruch.

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zg
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Der Künstler „in Aktion“: ein Bildnis von Gustav Wolf. © Stadt Östringen

Schwetzingen. Zum Festjahr „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ sprach Dr. Barbara Gilsdorf, Kultureferentin der Stadt Schwetzingen, in Kooperation von Badischer Heimat, Stadtverwaltung Schwetzingen und Volkshochschule über den jüdischen Künstler Gustav Wolf, mit dessen Leben und Werk sie sich im Rahmer ihrer Doktorarbeit beschäftigt hatte. Gustav Wolf, in Östringen bei Bruchsal, geboren und aufgewachsen, hat in Karlsruhe und Heidelberg gewirkt, ist 1938 in die USA emigriert, wo er 1947 im Alter von 60 Jahren verstarb.

Das künstlerische Gesamtwerk Gustav Wolfs gliedert sich – mit wechselnder Gewichtung – in zwei parallel laufende Stränge: in eine abbildende Kunst und in eine fantastische, auf visionäre Vorstellungen basierende Kunst. Letztere ist tatsächlich von Motiven aus optischen Heimsuchungen genährt. Diese sind nicht nur authentischer Spiegel der Seele des Künstlers und seiner Vorstellungskraft, sie sind Ergebnisse seiner psychischen Labilität. Gustav Wolf führte ein Künstlerleben, das zwischen Hochstimmung und Zusammenbruch, zwischen Selbsterhöhung und Scheitern, zwischen realer Seinswelt und irrealer Geisteswelt changiert und ihn in diesem Wechselspiel der Positionen zu einer tragischen Figur werden lässt:

Die Jugendzeit war gekennzeichnet durch häufig wiederkehrende Phasen depressiver Zustände, die von visionären Erscheinungen begleitet wurden. Eine Linderung dieser seelischen Bedrängnis fand der junge Wolf über Hans Thoma und durch die Auseinandersetzung mit der romantischen Gedankenwelt von Philipp Otto Runge. Thoma ermunterte den jungen Künstler, seine visionären Bilder zu Papier oder auf Leinwand zu bringen. Mit der Zeit setzte sich eine Art der psychischen Selbstheilung in Gang. Die Visionen wurden nach und nach weniger bis sie schließlich verebbten.

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Aus einer persönlichen Endzeitstimmung heraus flüchtete der junge Wolf in die Utopie der Romantik und lernte hierüber, seine Visionen als religiöse Erleuchtungen zu interpretieren. Nicht nur die Bilder, sondern auch seine zahlreichen veröffentlichten und unveröffentlichten Schriften sind eine unaufhörliche Bekundung seiner romantischen All-Verbundenheit und einer engen Gottbezogenheit in Form von Gleichnissen und religiösen Bekenntnissen, deren Inhalte sich nur schwer dem Leser erschließen. Zumeist reagierte das Publikum mit Unverständnis.

Spätwerk zugänglicher

Ab Mitte der 1930er Jahre vollzog Gustav Wolf eine Emigration in Raten. Er hielt sich eine Zeitlang in Zürich und am Lago Maggiore auf, 1935 folgten mehrere Monate in Italien, zum Beispiel in Rom, wo er die Emigrantin Hilde Domin kennenlernte und in Griechenland 1936/37. Am 10. Februar 1938 war es so weit – Gustav Wolf schiffte in Bremerhaven ein und erreichte am 8. April New York. Erst das Spätwerk, das Gustav Wolf im nordamerikanischen Exil schuf, ist zugänglicher. Beeindruckend ist die Radierfolge „Vision of Manhattan“ aus den Jahren 1941/42, in dem der Emigrant seine Eindrücke in Armut, Hoffnungslosigkeit Ausdruck verleiht. Nach seiner Umsiedlung in die nordenglischen Staaten, wo er und seine Gattin, seine ehemalige Studentin aus Karlsruher Tagen, Leona, als Kunstlehrer tätig waren, kehrt Ruhe und Zufriedenheit in sein Leben ein. 1946 erhielt Gustav Wolf ein Angebot, eine Professur für den Bereich Druckgrafik bei Wiedereröffnung der Akademie Karlsruhe anzunehmen. Sein schlechter Gesundheitszustand (Diabetes) ließ jedoch eine Rückkehr in die badische Heimat nicht zu. Am 18. Dezember 1947 verstarb er in Greenfield/Massachussetts – er liegt auf dem dortigen hebräischen Friedhof begraben.

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