Schwetzingen. Schon seit seiner Gründung 2014 bietet das Eliot-Quartett Kammermusik der Spitzenklasse. Auch das jüngste Konzert im Jagdsaal des Schwetzinger Schlosses bestätigte den Ruf des Ensembles. Es legte Unerhörtes frei und brachte in der Uraufführung von „Subsong 3“ für Bassettklarinette und Streichquartett deren oszillierende, schillernde und irisierende Hell- sowie Dunkel-Klänge äußerst differenziert zu Gehör.
Geschrieben hat das Stück der Komponist Detlev Müller-Siemens (*1957) im Auftrag der Mozartgesellschaft. Warum er es mit „Subsong 3“ überschrieb, erschloss sich dem Publikum aus dem Programmheft. Der Begriff bezeichnet eine Art des Vogelgesangs, der noch nicht strukturiert ist und nur der Erprobung dient. Davon ausgehend, hat der Komponist Formen gestaltet, die neue Bereiche des musikalischen Ausdrucks erkunden, das Unvorhersehbare, das Uneindeutige und Unvollendete. Nirgendwo ist eine lineare Entwicklung erkennbar, nur Ansatz und Abbruch, nur ein Zustand der Schwebe. Als hätte es selbst das Stück komponiert, kreierte das Eliot-Quartett intensive, bald melodiös, bald brüchig verfremdet, heftige oder auch zärtliche Momente, die eindringlicher kaum sein konnten.
Die Führungsrolle lag zum größten Teil auf Nikolaus Friedrich und seiner selten zu hörenden Bassettklarinette. Und was dieser außergewöhnlich begabte, mit seinem Instrument eng verbundene Musiker in den Raum stellte, ließ einen nur staunen. Unglaublich sein Atem und die dementsprechend weiten Bögen, verzaubernd sein Pianissimo, bewundernswert die Flexibilität im Laufwerk. Friedrich integrierte sich vollkommen ins Quartett, der Reiz der unterschiedlichen klanglichen Abmischungen, die sich Detlev Müller-Siemens hat einfallen lassen und die gründlich an den Grundfesten des traditionellen Empfindens rütteln, trat uneingeschränkt hervor.
Gerahmt war die Uraufführung von Wolfgang Amadeus Mozarts (1756 – 1791) Quartett F-Dur KV 590, das sogenannte „3. Preußische Quartett“, und César Francka (1822 – 1890) Streichquartett D-Dur op. 35. Dadurch schaffte das Program stimmige Kontexte fernab des Zufälligen. Denn „Subsong 3“ vereinte in sich klassische sowie zu neuen Ufern aufbrechende Klänge. Im „3. Preußischen Quartett“ schärften die Violinistin Mariana Osypova, der Violinist Alexander Sachs, Bratschist Dmitry Hahalin und der Cellist Michael Preuss den Blick für ein modernes Mozartbild. Schon nach den ersten Takten überwanden sie das klassische Ebenmaß, beim dritten Ton schlug die Lautstärke gewagt in Forte um, gefolgt von einem Klang, der in die Tiefe stürzte, fast schon wie bei einem zeitgenössischen Stück.
Auch bringen die vier Musiker den Sarkasmus Mozarts, seine Affinität zum Grotesken und Scherzhaften umwerfend zur Geltung. Den unbeschwert klingenden Anfang verdichteten sie am Ende zu dunklen, melancholischen Tönen, so typisch für Mozart. Umso heller wirkte der Satz aus Mozarts Klarinettenquintett, den das Eliot-Quartett mit Nikolaus Friedrich als Zugabe glänzend darboten.
Sicherlich war die Wiedergabe des Streichquartetts D-Dur op. 35 von César Franck ein Höhepunkt des Abends. Das Eliot-Quartett brachte den unerhörten Reichtum an Farben und dynamischen Nuancen dieser spätromantischen Komposition mit feinem Gespür für Form und Klang zu Gehör. Zum diesjährigen 200. Geburtstag César Francks hat das Eliot-Quartett diese Komposition und sein berühmtes Klavierquintett auf eine CD eingespielt. Sie bekam zwei Nominierungen (Kammermusik I und II) für den Preis der Deutschen Schallplattenkritik, wie Nikolaus Friedrich, der Künstlerische Leiter des Mozartfests, informierte. Damit steht fest, dass es zu einer der besten Quartett-Formationen der Gegenwart gehört. her
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