SWR Festspiele

Ensemble Quatuor Diotima in Schwetzingen: Ganz in Schuberts Sinne

Solistin Sarah Maria Sun begeistert gemeinsam mit dem Quartett Quatuor Diotima bei den Schwetzinger SWR Festspielen - und das trotz einer gewissen Düsternis.

Von 
Viktoria Linzer
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Das Ensemble Quatuor Diotima überzeugt mit der bezaubernden Sopranistin Sarah Maria Sun. © Linzer

Schwetzingen. Sopranistin Sarah Maria Sun hatte sich mit einem hochinteressanten Programm auf die SWR Festspiele vorbereitet. Das weltbekannte Werk von Franz Schubert „Der Tod und das Mädchen“ stand im Kontrast und ergänzte sich gleichzeitig mit Arnold Schönbergs „Streichquartett Nr. 2 fis-Moll mit Sopran op. 10“. Doch es kam anders als geplant, denn kurzfristig war das Tetzlaff-Quartett krankheitsbedingt ausgefallen. Das Quatuor Diotima als Ersatz zu bezeichnen, fällt in diesem Zusammenhang dennoch schwer. Nicht umsonst ist das französische Streichquartett ein gefragter Gast bei europäischen Festivals und fühlt sich auf internationalen Bühnen zu Hause. So begrüßte auch das Schwetzinger Publikum das Ensemble mit größter Hochachtung für sei-ne Kunst.

Diese sehen die Streicher in der Verbindung von klassischem und zeitgenössischem Repertoire, so dass das Programm kaum hätte besser passen können und von ihnen kurzerhand übernommen wurde. Noch vor dem Konzert hatte das Publikum Gelegenheit, interessante Einblicke in musikwissenschaftliche und geschichtliche Zusammenhänge hinter den Kompositionen zu erfahren. Dr. Burkhard Egdorf erklärte, dass sich Schubert Zeit seines kurzen Lebens mit dem Tod auseinandergesetzt hatte.

Schwetzinger SWR Festspiele: Sarah Maria Sun fleht den Tod an

Zunächst entstand ein Lied nach dem Gedicht von Matthias Claudius, dessen Thema er sieben Jahre später im gleichnamigen Streichquartett verarbeitete. Das Lied erklang am Freitagabend im Mozartsaal in der Bearbeitung für Sopran und Streichquartett. Inmitten der vier Herren schwebte Sarah Maria Sun im blassrosa Kleid mit sanften blonden Locken, als ihre Stimme den Tod anflehte, von ihr zu lassen: „Geh wilder Knochenmann!“. Ruhig, versöhnlich und dennoch unerbittlich antwortete der Tod in tiefem Pianissimo, auch in der Gestalt von Sun: „Bin Freund, und komme nicht, zu strafen./ Sey gutes Muths! Ich bin nicht wild./ Sollst sanft in meinen Armen schlafen!“

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Sun fesselte die Zuhörer mit ihrer klaren, ausdrucksvollen Stimme, für die sie besonders von zeitgenössischen Komponisten geschätzt wird. 350 Uraufführungen hat sie bereits in ihrer Vita stehen. Durchaus möglich, dass auch Schubert selbst sich über sie als Interpretin gefreut hätte, wäre das Werk nicht 1817 entstanden. Im gleichnamigen Quartett d-Moll griff er das Thema wieder auf. Dieses Werk offenbarte Schubert als brillanten Komponisten für Kammermusik. Während er selbst die Absicht hatte, „den Weg zur großen Symphonie zu bahnen“, bezeichnete sein Zeitgenosse Robert Schumann das Werk als eine der besten Kompositionen. In den vier Sätzen beeindruckte Quatuor Diotima vor allem mit perfekter Harmonie. Sie traten nicht als einzelne Musiker auf, die jeweils ein eigenes Ziel verfolgten, sondern atmeten als ein Ganzes und das nicht nur im übertragenen Sinne. Während sie an sanften Stellen die traurigen Klänge perfekt balancierten, zeigten sie auch im Presto des vierten Satzes Virtuosität am Instrument, ohne die beeindruckende Harmonie zu verlieren.

Schwetzinger SWR Festspiele: "Gib mir dein Glück"

Eine ganz andere Facette ihres Könnens kam nach der Pause mit Arnold Schönberg zum Vorschein. Während im ersten Satz noch melodische Elemente durchkamen, scheuten sie im zweiten Satz keine Dissonanzen mehr. In der „Litanei“, die eher nachdenklich anfing, trat die Sopranistin wieder auf die Bühne. Immer wieder steigerte sich das Geschehen zum Forte, um von Neuem zu beginnen, wobei die Streicher nicht Rücksicht auf die kraftvolle Stimme zu nehmen brauchten. Nach dem Höhepunkt erklangen die Worte „Gib mir dein Glück.“.

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Was als Nächstes kam, hatte Dr. Burkhard Egdorf mit dem Vorhaben von Elon Musk verglichen: In „Ich fühle Luft von anderen Planeten“ schlängelten sich zunächst dünne Linien der Streicher durch die Luft, bevor Sun das aufsteigende Motiv sang. Bei den Zuhörern löste dieses Werk und die Interpretation der fünf Künstler, einen Applaus der Begeisterung aus.

„Es war sehr düster, aber es hat mich sehr ergriffen. Ich finde es Wahnsinn, welche Emotionen man erzeugen kann mit dieser Musik. Mir hat es sehr gefallen“, berichtet Julia Julier aus Neustadt an der Weinstraße, nachdem sie mit dem gesamten Publikum die Künstler mehrmals auf die Bühne geholt hat. Nach unzähligen Verbeugungen, kündigte Sun eine „depressive Zugabe“ an und sang noch mal das ergreifende Lied aus Schuberts Feder.

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