Landwirtschaft - Saison läuft nur schleppend an / Dem königlichen Gemüse ist es zu kalt / Alle hoffen auf einen warmen Mai

Erntehelfer da – Schwetzinger Spargel nicht

Von 
Andreas Lin
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Schwetzingen. „Ich würde gerne zwei Kilo Spargel für morgen vorbestellen“, ruft eine Frau übers geschlossene Hoftor Elfriede Fackel-Kretz-Keller zu. Die zuckt mit den Schultern: „Versprechen kann ich Ihnen das aber nicht.“ Die Erntemenge vom Dienstag hätte nicht einmal für diese Bestellung gereicht. Gerade mal rund knapp zwei Kilo war die Ausbeute auf den beiden Äckern des kleinsten Spargelhofs Schwetzingens in der Invalidengasse. Es ist nach wie vor einfach zu kalt, der Boden sei völlig ausgekühlt. „Schlecht angefangen – stark nachgelassen“, so sei die Saison bisher gewesen, sagt Fackel-Kretz-Keller. Sie hat sich noch nicht mal getraut, das Werbeschild rauszuhängen.

Ähnlich lange Gesichter gibt es bei den fünf anderen Betrieben. Dort stehen überall die Tafeln mit der Aufschrift ausverkauft. „Ich würde das Schild lieber andersrum drehen“, lacht Manuela Schuhmacher mit etwas Galgenhumor. Das würde bedeuten, dass noch genug Spargel im Angebot wäre. „Wir laufen quasi eineinhalb Stunden auf dem Acker spazieren“, berichtet Andreas Spilger etwas überspitzt über die mühevolle Suche nach den weißen Stangen, die bei diesen Temperaturen nur ganz spärlich sprießen. „25 Kilo waren es heute, das ist lächerlich“, sagt Ullrich Renkert, sein Nachbar im Allmendsand. „Der Acker war heute Morgen sogar gefroren.“

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So spät habe die Saison schon lange nicht mehr begonnen. „Manchmal haben wir in den vergangenen Jahren schon im März gestochen“, erinnert sich Andreas Spilger. Dabei sei es früher völlig normal gewesen, dass erst ab Ende April, Anfang Mai gestochen werden konnte, erklärt Heike Gress vom gleichnamigen Biohof. Doch durch die frühen Sorten und den Klimawandel habe sich das verschoben. „In den letzten vier Jahren hatten wir schon im März Frühlingstemperaturen“, blickt Elfriede Fackel-Kretz-Keller zurück. Doch dieses Jahr sei es selbst den frühen Sorten wie Ravel oder Gijnlim zu kalt, bedauert Ullrich Renkert.

Mitarbeiter haben wenig zu tun

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Dabei steht das Personal – im Gegensatz zum Vorjahr – fast komplett in den Startlöchern, auch wenn es wenig zu tun hat. „Alle Erntehelfer sind da“, vermeldet Sonia Schäufele. Auch bei Nachbarin Gress und den Spilgers sind die ausländischen Mitarbeiter schon vor Tagen eingetroffen. Bei Renkerts ist die Hälfte seit Anfang April auf dem Hof, der Rest kommt am Wochenende. „Ich bin aber heilfroh, dass ich noch nicht mehr da habe“, sagt Ullrich Renkert. Denn die aktuellen fünf haben schon wenig zu tun. Nur auf dem Hof Fackel-Kretz ist das polnische Trio nicht kommen, die Lage hat eine Ausreise nicht zugelassen. So wird wie 2020 mit dem Team aus Schülern, Studenten und der gesamten Familie gestochen.

Immerhin hat sich die Chefin den Aufwand erspart, den die Corona-Zeiten von den anderen Spargelbauern verlangt. Das fängt damit an, dass die Erntehelfer frühzeitig bei der Bundesregierung angemeldet werden müssen, damit sie sich an der Grenze ausweisen können. Wenn sie hier sind, müssen sie erst einmal zwei Wochen in eine sogenannte Arbeitsquarantäne. „Nur Hof und Acker“, erklärt Ulli Renkert. Zudem musste auch die Unterbringung neu geregelt werden. „Wir brauchen mehr Platz pro Person“, sagt Andreas Spilger. Nachbar Renkert hat deshalb sogar einen Wohncontainer angeschafft.

Alle Mitarbeiter seien ausführlich über die geltenden Hygienevorschriften informiert und nachdrücklich gebeten worden, alles genau einzuhalten. Denn eine Infektion könnte im schlimmsten Fall eine Schließung des ganzen Hofes bedeuten. Sonia Schäufele ist da als gebürtige Rumänin im Vorteil, weil sie mit ihren Helfern in der Landessprache kommunizieren und alles noch besser erklären kann. Sie hat auch schon bei anderen Höfen diesbezüglich ausgeholfen. Schäufele freut sich übrigens ganz persönlich darüber, dass im Gegensatz zu 2020 alle Erntehelfer gekommen seien: „Letztes Jahr musste ich ja noch fast jeden Tag mit raus auf den Acker.“ Das ist dieses Jahr nicht mehr notwendig.

Es gibt ja auch genug zu tun, unter andere, weil ja auf die Corona-Maßnahmen geachtet werden muss. Es wurden Hygienekonzepte erstellt, Desinfektionsmittel und die notwendigen Spender bereitgestellt. Ulli Renkert hat sogar ein Gerät angeschafft, das ganz kontaktfrei mit dem Fuß bedient werden kann. „Das sind halt alles Ausgaben“, sagt Sonia Schäufele und verweist darauf, dass die Helfer auch zweimal pro Woche getestet werden sollen.

Es bleibt noch einige Tage kühl

Alle Landwirte hoffen jetzt auf den Mai. Dann könnte es allerdings so sein, dass es Spargel im Überfluss gibt. „Wenn es warm wird, kommt alles auf einmal, das wird auch ein Problem“, befürchtet Ulli Renkert, schätzt aber auch, dass die Saison im Juni etwas länger gehen wird.

Vorerst müssen sich die Spargelliebhaber und Gastronomen für ihr Abholangebot aber noch etwas gedulden. Denn die Wetterprognosen sind für die nächste Zeit noch nicht besonders rosig. „Es dürfte kein Tag mit über 20 Grad dabei sein, aber wir bräuchten halt auch nachts zweistellige Temperaturen“, befürchtet Elfriede Fackel-Kretz-Keller und vertröstet gleich wieder eine Kundin, die am Hoftor nach Spargel fragt.

Redaktion Stv. Redaktionsleiter + Lokalsportchef Schwetzinger Zeitung

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