Premiere (mit Video und Fotostrecke) - Publikum genießt die Vorträge an vielen Stellen in der Stadt / Auch auf Balkonen, aus Fenstern, in Innenhöfen und den Kirchen wird musiziert / Große Bandbreite an Stilrichtungen

Fête de la Musique in Schwetzingen kommt gut an

Von 
Lukas Heylmann
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Man kann es gut und gerne einen Befreiungsschlag nennen, was da an diesem sonnigen Montagnachmittag und -abend in Schwetzingen vonstatten geht. Nicht unbedingt, weil es zu Beginn besonders laut oder martialisch wäre, sondern weil man die sprichwörtliche Last spüren kann, die vielen Zuhörern und Musikern der ersten Fête de la Musique in der Spargelstadt von den Schultern fällt. Denn der Zeitraum ohne Kultur, ohne Livemusik und ohne sorgenfreies Verweilen unter Menschen war lang.

Da kommen natürlich die Vorteile des aus Frankreich stammenden Konzeptes Fête de la Musique – die immer am 21. Juni stattfindet – zum Tragen: Sie ist nicht an einen festen Platz gebunden, sondern verteilt sich in der ganzen Stadt, außerdem musizieren Menschen teilweise von Balkonen oder einfach auf der Straße.

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Um 16 Uhr gibt es vor dem Palais Hirsch den offiziellen Auftakt. Katharina Simmert von der Mozartgesellschaft, die die erste Schwetzinger Fête initiiert hat, erklärt noch mal kurz das Konzept, das von Spontanität und Flexibilität lebt, bevor Nikolaus Friedrich, künstlerischer Leiter der Mozartgesellschaft, durch das Fenster Klarinette spielt. Es ist ein eher ruhiger und entspannter Auftakt, was auch an den noch nicht so zahlreichen Zuschauern liegen könnte, die aber sicher auch der Uhrzeit geschuldet sind.

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Als wenig später Sopranistin Tanja Hamleh aus den Räumen der Schwetzinger Zeitung beginnt, den Schlossplatz zu beschallen, könnte man zunächst annehmen, dass die lautstarke Verkehrskulisse dem Ganzen die Atmosphäre nehmen könnte. Doch weit gefehlt: Sehr schnell finden sich viele Neugierige ein, die die Sängerin dabei filmen, wie sie Opernarien und auch Musicalnummern zum Besten gibt und sie anschließend mit Applaus und Bravo-Rufen bejubeln.

Arien aus dem Zeitungsfenster

Spontan gibt es sogar noch ein Duett mit Frederik Baldus, einem Kollegen von Hamleh, der eigentlich nur zufällig vorbeigekommen war. Tanja Hamleh selbst gibt zu, bis vor Kurzem die Fête de la Musique nicht gekannt zu haben. „Das ist mir fast peinlich, denn ich bin sehr frankophil“, erklärt sie lachend. Mit ihrem Auftrittsort ist sie zufrieden: „Wer wie ich Kindertheater macht, ist für alles bereit.“

Doch natürlich konzentriert sich die Fête de la Musique nicht ausschließlich auf den Schlossplatz. Auch die Kleinen Planken werden bespielt. Gegenüber vom Lutherhaus kann man zum Beispiel dem Schwetzinger Musiker Athi Sananikone lauschen, der nur mit Gitarre und Mikrofon zu begeistern weiß. Interessanterweise treten er und Tanja Hamleh später noch auf dem Balkon des Welde-Brauhauses auf - und das ohne jegliche Vorplanung, ganz spontan, wie es die Veranstaltung ja vorsieht.

Klaviersonaten in der Wohnung

Schon am Nachmittag finden sich an jeder Spielstätte einige Zuhörer. Jürgen Leibnitz aus Schwetzingen, der auf dem Schlossplatz unterwegs ist, hatte sogar überlegt, selbst bei der Fête de la Musique mitzumachen: „Ich bin durch ein Plakat darauf aufmerksam geworden, aber wollte dann erst mal abwarten, was überhaupt so passiert.“

Jadwiga aus Ketsch, die ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen möchte, hört auf den Kleinen Planken der Musik zu. Sie hat in der Zeitung von der Veranstaltung erfahren und zeigt sich begeistert: „Endlich dürfen Künstler wieder auf die Straße, das war wirklich Zeit. Allerdings wäre es an einem Sonntag sicher noch besser angekommen.“

Passend zur positiven und entspannten Stimmung der Fête de la Musique werden auch immer mal wieder musikalische Ruhepunkte gesetzt. So spielt beispielsweise Tatjana Worm-Sawosskaja Klaviersonaten in einer Wohnung in der Mannheimer Straße und ist durch die geöffneten Fenster zu hören, woraufhin auch einige Passanten stehenbleiben und konzentriert zuhören. Ähnlich ist es bei den Akustikgitarrenklängen von Josie Stickdorn, die über den Nachmittag verteilt an vielen verschiedenen Plätzen in der Stadt zu hören ist.

Zwischen 18 und 19 Uhr füllt sich vor allem der Schlossplatz immer weiter und davon profitieren besonders die Künstler vor dem Palais Hirsch. Dort kann beispielsweise der Alive-Vocals-Chor mit einer beeindruckenden Darbietung überzeugen. Das gilt auch für die Band Fa-thers & Sons. Diese sind durch die Jazzinitiative Schwetzingen auf das Programm gerutscht, da ein Verwandtschaftsverhältnis besteht. Hans Ehrenpreis, einer der Musiker, kannte die Fête de la Musique aber bereits aus Landau und meint: „Das hier war eine optimale Gelegenheit, um endlich mal wieder spielen zu können.“

Auch vor dem Lutherhaus wird gegen Abend noch mal in voller Besetzung musiziert. Hier tritt die Band der Musikschule Hockenheim auf und überzeugt mit gut gespielten und hervorragend gesungenen Coverversionen von Adele oder Wheatus. Allerdings ist es hier ausgenommen schade, dass sich inzwischen das meiste Publikum am Schlossplatz und der dort gelegenen Gastronomie eingefunden hat, weswegen die jungen Hockenheimer Musiker vor recht lichten Reihen auftreten müssen.

Künstler sind froh

Als Fazit lässt sich festhalten, dass eine Veranstaltung wie die Fête de la Musique ein tolles Signal nach einer langen Phase ohne Kultur ist. Denn sie zeigt, welch positiven Effekt Livemusik auf ihre Zuhörer, die Künstler und in diesem Fall auch auf die ganze Stadt hat. Insofern wäre es durchaus zu wünschen, dass sich dieser Termin im Schwetzinger Kulturkalender etablieren kann.

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