Mannheim/Region. Die Unternehmen Vulcan Energie aus Karlsruhe und GeoHardt, eine gemeinsame Tochtergesellschaft der Energieversorger MVV und EnBW, haben in diesem Monat seismische Messungen in Mannheim und der Region durchgeführt (wir berichteten). Hierfür wurden Vibrationsfahrzeuge eingesetzt, die über Rüttelplatten leichte Schwingungen in den Boden aussenden, die reflektiert und dann an der Erdoberfläche über Erdmikrofone erfasst werden.
Kontakt für Geschädigte
- Vulcan Energie untersucht Flächen in Mannheim, Ilvesheim, Ladenburg, Viernheim, Heddesheim, Edingen-Neckarhausen und Hirschberg. Geschädigte können sich per E-Mail 3dsde@geosup.at wenden oder telefonisch unter 0151/67 96 42 17 ihren Schaden melden.
- Die Standorte von GeoHardt erstrecken sich auf den Süden von Mannheim sowie die Kommunen Brühl, Ketsch, Schwetzingen, Plankstadt, Heidelberg und Oftersheim. Geschädigte schreiben am besten eine E-Mail an seismik@geothermie-hardt.de . Unter der Rufnummer 0621/2 90 23 01 ist eine Schadensmeldung ebenfalls möglich. Dort laufen jedoch auch andere Anfragen an die MVV ein, so dass längere Wartezeiten entstehen können.
Bürgerinnen und Bürger aus Neckarau erzählen, ihre Häuser hätten während dieser Messung extrem gebebt. „In einer Wohnung in unserem Haus sind sogar Risse in der Zimmerdecke entstanden“, berichtet Anwohnerin Mervi Tribuhl. Wer kommt nun für entstandene Schäden in den Wohnhäusern auf?
Grüne Wärme aus der Tiefe
Die Firma Vulcan Energie will mittels Geothermie Wärme und Lithium für Mannheim gewinnen. Durch tiefe Bohrungen in die Erdkruste soll heißes, lithiumreiches Thermalwasser an die Oberfläche gepumpt werden. Anschließend sollen dem Thermalwasser Wärme und Lithium entzogen werden. Die daraus gewonnene Energie soll als CO2-freie Erdwärme für die Wärmenetze der MVV Energie genutzt werden. Aus dem Lithium soll Lithiumhydroxid produziert werden – Bestandteil von Batterien in Elektroautos.
Andre Baumann, Staatssekretär im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft und Landesvorsitzender des Naturschutzbunds (Nabu) Baden-Württemberg, spricht sich für die Geothermie aus: „Die Energiewende wird nicht funktionieren, wenn jede Region sie begrüßt, aber nicht vor der eigenen Haustüre haben möchte.“ Für ihn stehe außer Frage, dass Schäden, die möglicherweise bei derzeit stattfindenden Messungen des Untergrundes entstanden sind, schnell und umfassend entschädigt werden, heißt es in einer Mitteilung weiter. Bei bisherigen Messkampagnen mit Vibrotrucks in anderen Teilen Baden-Württembergs seien keine Gebäudeschäden festgestellt worden. Darum sei es wichtig, dass Meldungen genau untersucht würden.
Die Anwohner der jeweiligen Straßen haben das kurzzeitige Beben zum ersten Mal gespürt, weil in Mannheim zuvor noch nicht gemessen wurde. In einem Nachbarschaftsforum bringen sie ihre Sorge zum Ausdruck, dass ihre Wohnungen und Häuser Schaden nehmen könnten und sie nicht wissen, an wen sie sich mit ihren Fragen wenden können.
Vulcan Energie habe im Vorfeld der Messungen Flyer mit Ansprechpartnern verteilt, an die sich Geschädigte wenden können. Auch im Radio und der Tageszeitung sei mehrfach über die Messung berichtet worden, aber alle Betroffenen erreiche man leider nie, berichtet Thomas Bening, Vulcan-Regionalleiter für die Kurpfalz und Hessen, auf Nachfrage dieser Redaktion. 3D-Seismiken würden seit Jahrzehnten mit Vibrationsfahrzeugen und Geophonen durchgeführt. Um ein genaues Abbild des Untergrunds zu bekommen, werde flächendeckend auch in Wohngebieten gemessen; Geothermieanlagen würden dort aber natürlich nicht gebaut. Im Laufe des Montagvormittags wurden die Messungen in Mannheim beendet.
Wer kommt für Schäden auf?
„Sämtliche Schäden, die durch die 3D-Seismik entstanden sind, werden umgehend beglichen“, versichert Thomas Bening, Vulcan-Regionalleiter für die Kurpfalz und Hessen, auf Nachfrage dieser Redaktion. Wenn sich Geschädigte melden, werde ein Vor-Ort-Termin vereinbart und geprüft, ob der Schaden durch die Messung entstanden ist. Die Eigentümer können dann selbst ein Angebot einholen, das dann von Vulcan Energie beglichen werde. „Wir haben auch selbst Kontakte zu Handwerkern in der Region, falls die Eigentümer niemanden finden. Wir unterstützen da gern“, sagt Bening.
GeoHardt nehme jede Meldung aus der Bürgerschaft ernst und bearbeite sie zeitnah und mit der gebotenen Sorgfalt, betont MVV-Unternehmenssprecherin Annabell Feith. Die Schadensmeldungen würden zunächst aufgenommen und fotografisch vor Ort erfasst. Die vollständigen Daten einschließlich Lageplänen, Fahrrouten und Schwingungsmessungen werden dann an die Versicherung übergeben. „Die Versicherung zieht bei Bedarf einen externen Sachverständigen hinzu, der zum Beispiel das Alter vorhandener Risse in Wänden beurteilen kann“, sagt Feith, „sollte trotz aller Vorsorgemaßnahmen tatsächlich ein Schaden durch die Vibrationsmessungen eingetreten sein, wird sich GeoHardt in Abstimmung mit dem Eigentümer darum kümmern.“
Rainer Sydow zeigt im Nachbarschaftsforum Fotos von den Rissen, die durch die Messungen entstanden seien. Er und seine Freundin seien erst am Sonntag nach Hause gekommen und hätten die Messung deshalb nicht selbst mitbekommen. „Unsere Mieterin berichtete von den Erschütterungen, bei denen sie richtig Angst bekommen habe, weil ihr Spiegel so gewackelt hatte. Daraufhin sind uns die Risse aufgefallen“, berichtet Sydow.
Gutachter vor Ort
Auch Mervi Tribuhl spricht von neu entstandenen Rissen in ihrer Wohnung. Als sie Kontakt zu GeoHardt aufnimmt, bekommt sie noch am selben Tag Rückmeldung. Am Montag ist der Gutachter vor Ort, um sich den Schaden anzuschauen und zu fotografieren.
Tribuhl befürchtet, dass sie dennoch auf dem Schaden sitzenbleibt, weil möglicherweise behauptet werde, der Riss sei bei dem alten Haus schon vorher da gewesen. Sie sorgt sich aber auch um die anderen Anwohner. „Es ist wichtig, dass die Leute jetzt gucken. Möglicherweise sind Schäden entstanden, die die Leute gar nicht bemerken, weil sie während der Messung nicht zu Hause waren und die Erschütterung nicht gespürt haben“, sagt Mervi Tribuhl. Schließlich hätten auch ihre Mieter den neuen Riss erst entdeckt, als sie nachgefragt habe, ob durch die Erschütterung Schäden entstanden seien.
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