Schwetzingen. Es ist ein beliebtes Naherholungsgebiet, sehr fruchtbares und daher wertvolles Ackerland, aber auch Standort schützenswerter Flora- und Fauna: das kombinierte Natur- und Landschaftsschutzgebiet (und Vogelschutzgebiet) Schwetzinger Wiesen – Riedwiesen. Aber vor allem die landwirtschaftliche Nutzung und die dafür nötige Räumung der Be- und Entwässerungsgräben führt seit langer Zeit immer wieder dazu, dass Umweltschützer und Landwirte aneinandergeraten.
Die Landnutzung und Landschaftspflege der Schwetzinger Wiesen im Blick
Doch das könnte sich bald ändern, wie am Rande des von Landtagsmitglied Dr. Andre Baumann in seinem Wahlkreisbüro organisierten Vortrags zu erfahren war. Denn eine von ihm 2019 angeregte und beim Regierungspräsidium Karlsruhe in Auftrag gegebene „Machbarkeitsstudie Schwetzinger Wiesen“ soll erklärtermaßen die Basis für eine „standortangepasste Landnutzung und Landschaftspflege“ legen und in den nächsten Wochen vorgestellt werden. Aktuell bestehe immer noch der Widerspruch zwischen „nicht naturschutzverträglicher, intensiver landwirtschaftlicher Nutzung eines Niedermoores“ und den Belangen des Naturschutzes, der Landschaftspflege und des Klimaschutzes. Denn Moore seien auch in dieser Hinsicht relevant, da sie, so Baumann, „mehr Kohlenstoff speichern als alle Wälder“. Angesichts dessen hatte Bundesumweltministerin Steffi Lemke Ende vergangenes Jahres die Bereitstellung von rund vier Milliarden Euro für den Moorschutz beziehungsweise das Wiedervernässen von Mooren angekündigt.
„Ich will so viel wie möglich von diesem Geld nach Baden-Württemberg holen“, so der Abgeordnete. Da nur wer die Geschichte kenne, auch die Zukunft gestalten könne, habe er den Historiker und Brühler Heimatforscher Dr. Volker Kronemayer als Referent eingeladen. Wie sehr die Historie von Interesse war, zeigte unter anderem auch die Anwesenheit des ehemaligen Oberbürgermeisters von Schwetzingen und Ex-Finanziministers Gerhard Stratthaus.
Dr. Volker Kronemayer referierte über die historische Entwicklung des Gebiets zwischen 1781 und 1963 unter dem Titel „Wasserbau im Dienste der Landwirtschaft.“ Eingehend ging er auf die Situation vor 200 Jahren ein, noch vor dem Ketscher Rheindurchstich, der 1833 die Kollerinsel erst zur Insel machte und präsentierte dazu eine Karte.
„Sehen Sie? Hier hatte jemand den Durchstich mit Bleistift eingezeichnet. Es musste nur gesprengt werden, der Rhein suchte sich seinen Weg dann ganz von alleine“, so der Experte. Die intensive bäuerliche Nutzung habe viel zum heute besonderen Wert und Artenreichtum des Gebietes beigetragen. Eine historische Karte belegte, dass es 1770 in der Fasanerie ein kleines Schlösschen gegeben hat, für Prinz Karl III. In dessen Außenbereich: Kanäle und Weiher.
Im Anschluss erläuterte er das Be- und Entwässerungssystem und erläuterte: „Dies kam gänzlich ohne Pumpen aus, sondern funktionierte nur durch das Gefälle. Dieses System hat dann über 180 Jahre gut funktioniert.“ Der Leimbach wurde in der Mühlgasse vor dem alten Wiesenhüterhaus in das Bewässerungssystem geleitet – ein Zufluss, der aufgrund einer Straßenabsenkung gefunden wurde. Es war eine der Aufgaben der Wiesenhüter, die sich nach einem strengen Regelwerk richten mussten, die zum Teil heute noch gut erhaltenen Schleusen nach Bedarf zu öffnen und zu schließen. Die artenreichen Wiesen seien auch, als auf Stallhaltung umgestellt wurde, wichtiger Lieferant für hochwertige Nahrung der Tiere gewesen. „Von der Bewässerung damals können wir noch heute etwas lernen. So gibt es aufgrund des Klimawandels Überlegungen, Wälder zu wässern.“
Eine gut funktionierende und ertragreiche Landwirtschaft sei ab Ende des 18. Jahrhunderts besonders wichtig gewesen: „1777 war zwar ‚die Party vorbei‘, da der kurfürstliche Hof von Schwetzingen nach München zog, aber die zunehmende Bevölkerung glich den Wegzug mehr als aus. Es herrschte Bedarf“, so Kronemayer. Und nicht vergessen dürfe man, dass man sich damals am Ende der kleinen Eiszeit befand, was mit geringeren Ernteerträgen einherging, wodurch der Wert ertragreicher Böden noch größer gewesen sei.
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