Schwetzingen. Dass ein Tagesordnungspunkt in der Gemeinderatssitzung so viele Diskussionen, Abstimmungen, Zwischenrufe und unterschiedliche Meinungen wie der über die Kindergarten-Gebührenerhöhung auslöst, kommt zumindest in Schwetzingen nicht oft vor. Letztlich lehnte das Gremium aber mit drei Ja- und 21 Nein-Stimmen den Vorschlag der Verwaltung, die Elternbeiträge für den städtischen Kindergarten Spatzennest ab 1. Januar 2014 um 8,5 Prozent zu erhöhen, mit großer Mehrheit ab. Damit bleibt es bei dem ursprünglichen Beschluss des Gemeinderats vom 17. November 2021, der eine Erhöhung der Elternbeiträge von drei Prozent im zweijährigen Turnus ab 1. September 2024 vorsieht.
Die Verwaltung hatte vorgeschlagen, den aktuellen Empfehlungen der Kirchen und kommunalen Spitzenverbände zu folgen und die Elternbeiträge zum 1. Januar 2024 um 8,5 Prozent zu erhöhen. Im Gegenzug sah der Verwaltungsvorschlag vor, die bereits beschlossene turnusmäßige zweijährige Gebührenanpassung von drei Prozent aufzuheben. Das stieß bei Freien Wähler, Grünen, CDU, SPD sowie den beiden Einzelkämpfern Werner Zieger (Die Linke) und Haydar Sahin (parteilos) auf wenig Resonanz.
Der Hinweis von Oberbürgermeister Dr. René Pöltl, dass die Erhöhungen dringend benötigtes Geld ins Stadtsäckel spülen werde, fruchtete nicht. Zwei Änderungsanträge der Freien Wähler und Grünen mit einer reduzierten Gebührenerhöhung (einmalig fünf Prozent) fanden ebenfalls keine Mehrheit (12:12 Stimmen), was unter anderem auch dran lag, dass beide Fraktionen am Mittwoch nicht komplett waren.
„8,5 Prozent ist uns eindeutig zu hoch – das wollen wir nicht mittragen. Wir brauchen eine kontinuierliche, sozial verträgliche Steigerung“, schon bei der ersten Stellungnahme von Elfriede Fackel-Kretz-Keller (SFW) deutete darauf hin, wie der Beschluss ausfallen könnte. Für die Freien Wähler sei klar: „Der kostenlose Besuch der Kita müsste eine Selbstverständlichkeit sein.“
Mit dieser Meinung standen sie nicht alleine da: Auch die Sozialdemokraten erneuerten ihre alte Forderung: „Wir als SPD-Fraktion kämpfen weiter für gebührenfreie Kitas in unserem Land“, betonte Bärbel Schifferdecker. Sie verwies auf den „Flickenteppich“ an Kindergartengebühren in Deutschland. Es gebe bereits in zwölf von 16 Bundesländern Regelungen zur Reduktion von Kitagebühren, zum Beispiel Beitragsfreiheit in Berlin und Rheinland-Pfalz. Sogar in Baden-Württemberg sei es unterschiedlich geregelt. So würden im Kreis Heilbronn bereits gebührenfreie Kitas umgesetzt. „Es kann ja wohl nicht sein, dass es vom Wohnort abhängt, ob Kitas kosten oder nicht“, sagte sie. Werner Zieger („Wer Bildung will, muss auch dafür zahlen“) und Haydar Sahin („Kindergartengebühren müssen frei sein“), sendeten ähnliche Botschaften nach Berlin und Stuttgart. Für Sahin sollte der Kitabesuch ab dem dritten Lebensjahr sogar Pflicht sein.
Zu wenig Zeit
Auch die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und der CDU wollten die geplante Erhöhung nicht mittragen. Grünen-Sprecherin Kathrin Vobis-Mink monierte zuerst die kurze Vorbereitungszeit von nur sieben Tagen: „Gerne hätten wir mehr Zeit für die Entscheidungsfindung zur Verfügung gehabt. Derartige Arbeitsbedingungen sind nicht tragbar.“ Gerne hätte sie die Beschlussvorlage an die Verwaltung zurückgegeben, um bis Ende nächsten Jahres ein Konzept zu erarbeiten. Nachdem ihre Änderungsanträge nicht durchgegangen waren, lehnten Freiwähler und Grüne den Beschlussvorschlag mit den 8,5 Prozent ab.
Das tat auch die CDU – und zwar vehement: „Was ist ein politischer Grundsatzbeschluss noch wert, wenn er von der gleichen Besetzung an politischen Vertretern nicht mal zwei Jahre später über Bord geworfen werden soll?“, verwies Sarina Klein auf die Entscheidung von 2021, die bestehen bleiben solle. „In Zeiten, wo wir als Stadt, Land und Bund diverse Fördermodelle für junge Familien im Bereich Eigentumserwerb aufsetzen, sollen wir nun plötzlich die Kindergartenbeiträge fast zehn Prozent nach oben schrauben. Das ist doch ein Widerspruch in sich und für uns gerade in den aktuellen Zeiten nicht tragbar“, meinte sie und betonte: „Wir stehen zu unserem Wort von 2021, in dem wir klar artikuliert hatten, dass damit für längere Zeit ein gesundes Vorgehen der moderaten Anpassung gefunden wurde, daran werden wir nicht rütteln.“
Nur die FDP konnte sich eine Erhöhung vorstellen. „So gerne man natürlich jungen Familien Kosten ersparen möchte, kommt man auch in der Zeit des Wahlkampfes nicht umhin die Folgen der Inflation auch hier umzusetzen“, meinte Dr. Christian Lorentz.
Im Übrigen lieferten einige der Sprecher schon Beispiele, wo der Rotstift angesetzt werden könnte. „Wenn als einzige Alternative aufgezeigt wird, dass eine so immense Erhöhung auf einen Schlag unabdingbar ist, fragen wir uns, wie wir immer noch Geld für zahlreiche Kunstwerke, Wandgemälde, die in ihrer Höhe nicht unwesentliche Unterstützung von Kulturveranstaltungen oder auch einige nicht ganz sinnige Aktionen im Klimaschutz übrig haben“, merkte etwa Sarina Klein (CDU) an. Bärbel Schifferdecker verwies auf „Zuschüsse für das Blaumuseum, einen seit vier Jahren nicht realisierten Beschluss über 50 000 Euro im Jahr für Spielplätze – also 200 000 Euro – und das Auslassen der Tage mit gebührenfreien Parken“.
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