Region. Wütend kneift er seine Augen zusammen, schlägt mit geballter Faust auf seine Lenkradhupe und brüllt eine nicht zitierfähige Beleidigung aus dem weißen Kia. Die Autofahrerin vor dem schlaksigen Mann im Elektro-Kia hatte auf ihr Handy geschaut und die langersehnte Linksabbieger-Grünphase der Ampel auf der Bundesstraße 291 verpasst. Nun hätte es der wütende Mann endlich aus dem stockenden Verkehr heraus auf die L599 geschafft – die Handynutzerin ist, als sie endlich wieder aufschaute, über „dunkelgelb“ gerauscht.
B291 zwischen Hockenheim und Schwetzingen überlastet
Es ist die Vollsperrung der A6 an der Abfahrt Schwetzingen-Süd/Hockenheim, die seit dem frühen Freitagmorgen für Chaos auf den Straßen in der Kurpfalz sorgt. Ein Chaos, in das die Polizei immer wieder eingreifen muss. „Aufgrund der bereits bekannten Sperrmaßnahme der A6 staute sich die hohe Verkehrsmenge auf der Umleitungsstrecke an der Ampelanlage auf der B291 bis zurück auf die A6 und schließlich bis zum Autobahndreieck Hockenheim“, teilt die Pressestelle der Polizei Mannheim mit. Das ist aber noch nicht alles, was von den Ordnungshütern kommt: „Im Zuge dessen kam es zu gefährlichen Verkehrssituationen, da einige Verkehrsteilnehmer von der A61 aus Richtung Speyer kommend, auf der Überleitung von der A61 auf die A6 zunächst in Richtung Mannheim fuhren und im Stau entgegen der Fahrtrichtung ihr Fahrzeug wendeten.“
Ein Verhalten, das nun allen Verkehrsteilnehmern auf die Füße fällt – um solch gefährliche Manöver in der nächsten Zeit zu vermeiden, hat sich die Polizei entschieden, die Überleitung von der A61 auf die A6 Richtung Mannheim bis zum Ende der Baumaßnahmen auf der A6 am Dienstag komplett zu schließen. „Die Umleitung verläuft über das Walldorfer Kreuz auf die A5“, heißt es abschließend.
Stockender Verkehr auf der Autobahn A5
Dabei ist auch die A5 am Freitag schon zeitweise in beide Richtungen überfüllt, was zu stockenden Phasen führt.„Zu allem Übel fangen heute ja auch noch die Ferien in Nordrhein-Westfalen an“, weiß Jonas, der auf seinem Weg nach Frankfurt am Main bei der Hardtwald-Raststätte eine Pause einlegt. „Ich bin Gott sei Dank erst nach den Hauptverkehrszeiten hier bei Heidelberg angekommen. Wenn das jetzt noch so krass voll ist, wie war das dann heute Morgen?“ Der Verkehr stockt immer wieder, damit habe der 38-jährige Lkw-Fahrer aber gerechnet: „Ich wusste ja, dass die A6 gesperrt ist.“
Ganz anders als Matthias, ein Vertriebsmitarbeiter, der eigentlich in der Schweiz und Österreich tätig ist. „Um 11 Uhr muss ich in Eppelheim beim Capri-Sun-Werk sein. Weil so viel los ist, habe ich die Ausfahrt verpasst“, sagt der Anzugträger, der sich an seine Audi-Limousine lehnt und in Rekordgeschwindigkeit eine Zigarette inhaliert. „Ist das hier immer so oder wegen des Ferienanfangs? Eigentlich nutze ich hauptsächlich die A7 – und ich war noch nie so dankbar dafür wie heute.“
Nun habe er es ja fast geschafft, relativiert der Vertriebler, bevor er den verbliebenen Kippenstummel zwischen Zeige- und Mittelfinger Richtung Autobahn streckt. „Wenn ich aber da rüber schaue und daran denke, dass ich heute noch zurückfahren muss, treibt es mir den Schweiß auf die Stirn.“ Sein Blick streift auf die Gegenfahrbahn, wo sich die Fahrzeuge scheinbar überhaupt nicht mehr bewegen.
Verkehrschaos in der Kurpfalz
„Manchmal muss man sich schon über Deutschland wundern“, findet Jürgen, der gemeinsam mit Udo auf dem Weg in den Urlaub ist und an der Raststätte am Hockenheimring auf der A6 tankt. Der 57-Jährige begründet: „Jetzt haben die meisten Bundesländer Sommerferien und die machen die Autobahn zu.“ Sie seien auf dem Weg in den Urlaub, seien aber recht problemlos vom Navi umgeleitet worden. „Und jetzt sind wir zurück auf der A6“, freut er sich.
Schon am Morgen ist das Verkehrschaos perfekt. Vor der Abfahrt aus Mannheim kommend auf die B39 stehen die Fahrzeuge auf gut fünf Kilometern. Vom Kreuz Walldorf her ebenfalls auf vier Kilometer an der Ausfahrt Richtung Schwetzingen. Die einspurigen Verkehrsverengungen beidseits durch die Brückenbaustelle auf der B39 sorgen für mühsames Einfädeln – zwar weisen Hinweisschilder auf die weiträumigen Umleitungen hin, nur scheinen die für viele Auto- und Lastkraftwagenfahrer eher als Empfehlung zu wirken.
Viele der Autofahrer mit Ortskenntnissen scheinen diese nutzen zu wollen. Auf nahezu allen Land- und Kreisstraßen südlich von Schwetzingen und rund um Hockenheim scheint das Verkehrsaufkommen zumindest stark erhöht zu sein.
Besonders schwer haben es die Verkehrsteilnehmer, die auf der B291 zwischen Schwetzingen und Hockenheim unterwegs sind. Über den Freitag hinweg staut es sich hier von Schwetzingen kommend zeitweise bis zur Abfahrt nach Oftersheim. Diejenigen die bei Hockenheim starteten, müssen mit langen Wartezeiten in der Dauerbaustelle rechnen. Und das sorgt für Frust: Vom P+M-Parkplatz aus lassen sich über den Vormittag immer wieder Fahrer beobachten, die wütend gestikulieren, schreien – einige fahren über die Ampel, auch wenn man beiden Augen zusammenkneifen muss, um zu sehen, dass die noch gelb ist. Andere nutzen Feld- und Schleichwege, um die Staus zu umfahren – und möchten die verlorene Zeit zurückgewinnen, indem sie mit deutlich zu hoher Geschwindigkeit durch den Hardtwald rasen.
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Sperrung auf der A6: Verhalten der Autofahrer ist nicht akzeptabel