Schwetzingen. 50 Jahre Schwetzinger Kammerorchester – das ist Grund genug zurückzublicken und mit einem besonderen Konzert dieses Jubiläum gebührend zu feiern. Und es kann stolz sein darauf, dass es seit 50 Jahren das Kulturleben der Stadt und der Region mitgestaltet.
Die Geschichte begann 1974 mit einem kleinen, jedoch sehr engagierten Kreis von ehrenamtlich Musizierenden: zwei Flötistinnen, einige Geigenspieler und Bratschisten, wenige Cellospieler und eine Cembalistin. Obwohl das Ensemble als reines Streichorchester konzipiert war, verstärkten es, entsprechend den Anforderungen, immer wieder auch andere Instrumente wie Bläser, Schlagwerk, Cembalo, Orgel oder Klavier. In den 50 Jahren seines Bestehens begleitete das Schwetzinger Kammerorchester zudem große Aufführungen der Musik-Theater-AG des Hockenheimer Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasiums, unter anderem das „Requiem“ von Mozart, das Oratorium „Messias“ von G. F. Händel, das Musical „Der Zauberer von Oz“ oder die Operette „Im Weißen Rössl“.
Kammerorchester spielte bei der Einweihung des Schwetzinger Krankenhauses
Schon im Gründungsjahr umrahmte es musikalisch die Einweihung des Schwetzinger Krankenhauses. Im Laufe der Jahre wirkte es mit bei zahlreichen Kirchenkonzerten, bei Feierstunden im Hebel-Altersheim, bei der Präsentation von Spargel-, Wein- und weiteren Hoheiten im Rokokotheater und unternahm Konzertreisen ins In- und Ausland.
Vorläufer des Schwetzinger Kammerorchesters war das seit 1971 bestehende Barockensemble, dessen Gründung als Verein bald darauf scheiterte. „Das Schwetzinger Kammerorchester hat sich nicht als Verein konstituiert“, sagt Dirigent Ruhland im Gespräch mit der Schwetzinger Zeitung, „das hat den Vorteil, dass wir flexibel sein können und offen für alles. Andererseits aber bekamen wir auch keine regelmäßige Förderung durch die Stadt, projektbezogen aber hat sich die Stadtverwaltung immer offen gezeigt und uns unterstützt.“
Von der ersten Stunde mit dabei ist Kurt Glöckler, ehemaliger Schuldekan, sowie Michael Trensky, evangelischer Pfarrer. Letzterer erinnert sich sehr gut an die Anfangsjahre des Kammerorchesters. Er ist auch der Verfasser der Festschrift, deren Kern die Darstellung aller wichtigen Ereignisse der letzten 50 Jahre bildet, versehen mit Zitaten aus Presseberichten und eigenen Kommentaren. Zudem fügte Trensky auch das Repertoire des Kammerorchesters seit seines Bestehens hinzu. „Seit seiner Gründung hat sich das Orchester immer ganz besonders der Musik des Barock gewidmet“, schreibt er: „Deshalb finden sich auf den Programmheften Werke von Bach, Händel, Vivaldi oder Telemann wieder.“
"Große musikalische Akademie" im Mozartjahr 1991 im Rokokotheater Schwetzingen
Da Hermann Lutz, der das Schwetzinger Kammerorchester von 1974 bis 2003 leitete, eine große Vorliebe für Mozart hatte, setzte er auf das Programm immer wieder auch Werke von Mozart. Zum Mozartjahr 1991 zum Beispiel bot das Orchester im Rokokotheater ganz im Stile von Mozarts Lebzeiten eine „Große musikalische Akademie“ dar. Bei vielen dieser Werke war auch der Einsatz von Flöten erforderlich. Zu den Gründungsmitgliedern gehörten ja die hervorragenden Flötistinnen Ursula Rehmann und Waltraud Trensky, nach deren Weggang führte Petra Schenk die Tradition fort, wie Trensky schreibt.
Ab 2003 übernahm Rainer Ruhland die Leitung des Kammerorchesters. Mutig und selbstbewusst wagte er immer Neues, sodass es eine große Entwicklung durchgemacht hat. Ruhland schöpfte aus seiner 30-jährigen Erfahrung als Musiklehrer am Gauß-Gymnasium, als Organist in der Oftersheimer Christuskirche, ein Dienst, den er fast 45 Jahre versah, sowie aus fast 40 Jahren Erfahrung als Leiter des dortigen Kirchenchors. „Als Musiklehrer am Gauß-Gymnasium hätte ich mir nie vorstellen können, einmal ein Kammerorchester zu leiten“, gesteht Ruhland: „Als Lutz aufgehört hat, ist man auf mich zugekommen und ich habe zugesagt.“
Während des Studiums bekommt man schon einiges mit, wie man ein Orchester leitet, erzählt Ruhland. Doch dieses Wissen umzusetzen, setzt Engagement, Leidenschaft und Liebe zur Musik voraus. „Außerdem hatte ich auch viel Glück“, meint Ruhland bescheiden. Besonders angetan ist er von den Musikerinnen und Musikern des Orchesters, die sich, wie er sagt, in ihrer Freizeit zum gemeinsamen Musizieren treffen, um abwechslungsreiche Programme auf hohem Niveau zu erarbeiten. Da ist zum Beispiel der Konzertmeister Wolfgang Grosch, Mitglied des Kurpfälzischen Kammerorchesters. Wegen seiner Verpflichtungen dort, kann er nicht immer anwesend sein, aber er bringe regelmäßig seine Ideen ein. Da ist Oboistin Barbara Obert, die als kompetente Beraterin dem Orchester zur Seite steht. Auch Ruhlands Tochter Angelika, Konzertmeisterin an der renommierten Düsseldorfer Philharmonischen Gesellschaft, ist dabei. Sie kennt viele Musiker, die bereit sind, das Kammerorchester bei besonderen Auftritten zu unterstützen.
Galakonzert beim Jubiläum von Hockenheimer Gymnasium
Somit löste das Amateurorchester mit seinem ansprechenden Programm, das sich durch Kombination von Bekanntem und weniger Bekanntem auszeichnet, sowohl beim Publikum als auch bei der Presse immer viel Begeisterung aus. Und Ruhland zählt einige Auftritte auf, die ihm wegen des großen Publikumserfolgs sehr gut im Gedächtnis geblieben sind, insbesondere aber das Galakonzert zum 50-jährigen Jubiläum des Gauß-Gymnasiums, die dreimalige Aufführung des Singspiels „Im weißen Rössl“ in der Hockenheimer Stadthalle – immer vor vollem Haus – eine großartige Leistung aller Mitwirkenden, wie Ruhland betont.
Nun steht am Sonntag, 3. November, das Jubiläumskonzert in der evangelischen Stadtkirche an – mit einem Programm, das durchaus bezeichnend ist für den Geist und das Repertoire des Schwetzinger Kammerorchesters. „In Erinnerung an den ersten Auftritt mit Barockmusik spielen wir zum 50-jährigen Jubiläum Werke von Charpentier, Bach und Händel“, sagt Ruhland und ergänzt: „Es sind wunderbare Werke.“
Bei Charpentiers Prelude werden die Zuhörer sofort die Melodie der Eurovision erkennen, die Stücke von Bach, das Konzert für Oboe, Violine, Streicher und Generalbass sowie der Sinfonie für Orgel und Orchester gehen auf verloren gegangene Konzerte zurück, deren Rekonstruktion das Orchester zu Gehör bringen wird. Und Händels berühmte Wassermusik ist eine Sammlung von 22 repräsentativen Orchestersätzen, die in drei Suiten zusammengesetzt wurden: in F-Dur mit Hörnern, in D-Dur mit Trompeten und in G-Dur mit Flöten. „Heute weiß man“, so Ruhland, „dass die Stücke der D- und G-Dur nicht getrennt, sondern abwechselnd in der Reihe aufgeführt wurden, in der auch wir sie jetzt beim Jubiläumskonzert spielen werden.“ Dies alles sei nur möglich, weil ein ganzes Jahr fleißig geprobt wurde, meint dazu Ulrich Pfeiffer, der Sprecher des Kammerorchesters. „Wir hoffen sehr, dass dieses spannungsreiche Konzert auf entsprechende Resonanz stößt“, sagt er am Ende unseres Gesprächs.
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