Schwetzingen. Die Schwetzinger SWR Festspiele sind immer für Überraschungen gut. In diesem Jahr laden sie an Christi Himmelfahrt zur musikalischen Radtour ein. Die Resonanz ist groß. Als Cellist des legendären Quatuor Ébène hat Raphaël Merlin weltweit die großen Konzertpodien der klassischen Musik bespielt. Mit seinem radelnden Kammerorchester Les Forces Majeures denkt er den klassischen Konzertbetrieb neu. Am Donnerstag, 9. Mai, ist der charismatische Vollblutmusiker mit dem Ensemble bei den SWR Festspielen zu Gast und spielt, nach einer Radtour an und über den Rhein, ein Konzert im Mozartsaal des Schlosses.
Schwarzer Anzug, weißes Hemd, für die Damen vielleicht ein Kleid. Das Licht im Saal wird gedimmt, erwartungsvolle Stille tritt ein, dann Auftritt der Künstler, die mit routiniertem Applaus begrüßt werden – wer öfter in den Konzertsaal geht, kennt sie, die Rituale und ungeschriebenen Gesetze des klassischen Konzerts. Ähnlich feste Abläufe gibt es hinter den Kulissen: jeden zweiten Tag ein Konzert in einer anderen Stadt, Reisen mit dem Auto, mit dem Flieger. Ausgetretene Pfade, angepasst an unsere schnelllebige Zeit.
Musikalische Radtouren verbinden Kultur und Bewusstsein
Umso überraschender ist da die Herangehensweise des Ensembles Les Forces Majeures. Ihre Konzertkleidung sind die gelben Regenjacken, statt auf Klavierbänken sitzen sie auf Rädern. Die Diskussion über klimaschädliche Lebensweisen, über den CO2-Ausstoß des Reisens beschäftigen spätestens seit Fridays for Future nicht mehr nur Jugendliche. Doch Les Forces Majeures reden nicht nur darüber, sie thematisieren die vielleicht drängendste Problematik unserer Zeit mit den Mitteln der Kunst – bei der Programmgestaltung wie bei der Art und Weise, ihre Touren zu planen.
In Frankreich bewältigt das Ensemble regelmäßig Touren zwischen Städten und Konzertorten mit dem Rad. Die musikalische Fahrradtour im Rahmen der Schwetzinger Festspiele bildet den Auftakt zur diesjährigen Tournee von Les Forces Majeures. Die Langsamkeit im Vergleich zu Auto und Flugzeug ist dabei durchaus gewollt. Sie ermöglicht einen tiefen Kontakt zum Publikum, den es im Konzertsaal mit seiner durch die Bühnenkante gezogene Grenze nicht gibt.
In der Natur und in der Reithalle
Auch insofern passt der Titel des Formats „Accordez vos vélos!“ („Stimmt eure Räder aufeinander ein“). In Schwetzingen radelt das Publikum ebenfalls mit und erlebt unterwegs mehrere Kurzkonzerte – auf der Wiese, am Wasser, in der Reithalle. In den Konzertsaal geht es erst am Abend, doch auch dort spiegeln sich die Naturerlebnisse des Tages in einem von Natur, Wasser und Reisen inspirierten Programm wider.
Auf dem Tableau stehen Werke wie „By the still Waters“ von Amy Beach oder „La Tempesta di Mare“, die 39. Sinfonie von Joseph Haydn. Die Strauss-Polka „Vélocipède“ oder „À bicyclette“ von Francis Poulenc – sie schlagen den Bogen zur Radtour am Tage. Diese Verbindung von scheinbaren Gegensätzen, von draußen und drinnen, von Natur und Konzertsaal ist typisch für die Herangehensweise von Raphaël Merlin.
Innovative Konzertformate sprechen neues Publikum an
„Vor zwei Jahren kam ich mit Raphaël über die Idee ins Gespräch, vor genau einem Jahr haben wir gemeinsam mit Robin Ducancel, dem organisatorischen Leiter des Ensembles, die Strecke genau geplant. Dabei sind die Ideen nur so gesprudelt“, erzählt Heike Hoffmann, Künstlerische Leiterin der Festspiele: „Dieses Projekt verwirklicht in idealer Weise meinen Ansatz, auch ein nicht oder noch nicht klassikaffines Publikum anzusprechen und die Schwetzinger Festspiele mit der Region zu verbinden.“
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Ein solches Projekt außerhalb des üblichen Rahmens stellt natürlich eine besondere Herausforderung für alle Beteiligten dar, wie Dorothee Pahnke, Mitarbeiterin des Festspielbüros und Projektverantwortliche berichtet. „Beim Besuch auf der Kollerinsel dachten wir über einen Auftritt im Restaurant nach. Ich wies, halb im Spaß, auf die angrenzende Reithalle hin. Am Ende der Überlegungen stand ein musikalisches Programm in der Reithalle. Familie Erny vom Reiterhof war sofort Feuer und Flamme!“
Breite Unterstützung für einzigartiges Festspielprojekt
Dann begann die Arbeit: Die Gemeinden und zahlreiche Partner vor Ort wurden angesprochen und in Planung und Organisation eingebunden. Die Resonanz war durchweg begeistert. Der ADFC begleitet die Tour mit Guides, der Naturschutzverein Brühl macht mit, Nextbike stellt die Räder und die Behörden erteilten die notwendigen Genehmigungen.
Und was sagt der Schwetzinger Oberbürgermeister Dr. René Pöltl dazu? „Die Schwetzinger SWR Festspiele gehen oder genauer gesagt radeln neue Wege! Was für eine tolle kreative Idee, die Musik mit dem Fahrrad aus Schwetzingen in die Region zu bringen. Da radeln und staunen wir gern alle mit!“
Für die Radtour können leider aktuell keine Anmeldungen mehr entgegengenommen werden. Es gibt bereits eine Warteliste. Die gute Nachricht: Für das Konzert um 20.30 Uhr im Mozartsaal gibt es noch Tickets unter dem Motto „Pay what you want!“
Außerdem verlosen wir für das Abendkonzert um 20.30 Uhr im Mozartsaal 2 x 2 Karten. Teilnehmen können Interessierte per E-Mail an Schwetzinger-SWR-Festspiele@swr.de mit dem Stichwort „Les Forces Majeures“. Die Schwetzinger Festspiele wünschen viel Glück!
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Schwetzinger Zeitung Plus-Artikel Kommentar Risiko und Chance für die Schwetzinger Festspiele