Im Interview

Kampf um den Schlossgarten Schwetzingen: Hainbuchen unter Pilzbefall

Gerhard Raab spricht über die umfassenden Maßnahmen zur Eindämmung des Hainbuchensterbens im Schwetzinger Schlossgarten und die Herausforderungen.

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Rolf Simianer
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SSZ_Hainbuchhenhecke im Löwenallee mit Hainbuchkugeln Bild: Rolf Simianer © Rolf Simianer

Schwetzingen. Gerhard Raab ist Diplomingenieur und bei den Staatlichen Schlössern und Gärten für den Bereich Objektmanagement und historische Gärten auch für den Schlossgarten Schwetzingen zuständig. Wir haben mit ihm über das Sterben der Hainbuchen und die Auswirkungen auf den hiesigen Park gesprochen.

Wie begegnen Sie dem Hainbuchensterben im Schwetzinger Schlossgarten im Moment?

Gerhard Raab: Die Sensibilisierung der Mitarbeiter und der im Schlossgarten beschäftigten Firmen im Umgang mit befallenen Gehölzen ist ein wichtiges Mittel zur Eindämmung des Schadpilzes. Außerdem achten wir darauf, der Pflanzengesundheit dienliche Maßnahmen einzuhalten, und zwar ganz besonders dann, wenn es um Hainbuchen geht. So soll das abgestorbene und befallene Holz bei Hainbuchen, sobald es erkannt wurde, zeitnah entnommen werden. Weiterhin versuchen wir, vom Pilz befallenes Schnittgut gesondert zu lagern und daraus hergestelltes Häckselgut nicht wieder im Garten beispielsweise als Mulchmaterial auszubringen. Auch desinfizieren wir Astscheren und Sägen nach Schnittarbeiten an befallenen Pflanzen regelmäßig.

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Da der Schadpilz eine holzzersetzende Weißfäule verursacht, werden befallene Äste an den Bäumen brüchig und können daher zur Gefahr für die die Verkehrssicherheit der Gartenbesucher werden. Dies war unter anderem auch ein Grund für die Sperrungen von stark mit dem Hainbuchen-Rindenkrebs betroffenen Gartenteilen. Teile des Englischen Landschaftsgartens waren deswegen eine ganze Weile für Gartenbesucher gesperrt. Zurzeit führen wir bei betroffenen Gehölzen Baumpflegemaßnahmen durch, um deren Verkehrssicherheit wieder herzustellen.

Womit wollen Sie in Zukunft der Krankheit begegnen?

Raab: Neben der Hitze und Trockenheit der letzten Sommer verursachen auch die örtlichen Standortbedingungen im Schwetzinger Schlossgarten den Gehölzen zusätzlichen Stress. Dazu zählen vor allem die Bodenbeschaffenheit und die Grundwasserabsenkungen der letzten Jahrzehnte. Vor allem im Englischen Landschaftsgarten stehen die Bäume grundwasserfern auf sandigem, trockenem Schwemmland und das bedeutet für die Gehölze weiteren Stress und Vitalitätsverluste. Da die Hainbuchen an Stressstandorten besonders anfällig für diese Pilzkrankheit sind, wird im Schlossgarten versucht, den genannten Stressfaktoren mit gärtnerischen Maßnahmen zu begegnen.

Gerhard_Raab Bild: Rolf Simianer © Rolf Simianer

Dazu zählen die Verbesserung der Wasser- und Nährstoffversorgung sowie Maßnahmen zur Bodenverbesserung. Dass sich dies hilfreich auf die Vitalität der Hainbuchen auswirkt, kann man an den Hainbuchenhecken in den Boskettbereichen bereits erkennen. Hier wird über Tröpfchenbewässerung und mit dem Fasswagen schon seit längerem eine aufwendige Bewässerung und Düngung der Hecken durchgeführt. Nicht zuletzt durch diesen zusätzlichen Pflegeaufwand blieben die Pflanzen bis jetzt von dem Schadpilz verschont.

Und wie geht es weiter?

Raab: Zukünftig ist auch die weitere Entwicklung der Eigenkompostierung geplant. Die anfallenden Grünabfälle des Gartens sollen wieder verstärkt im Stoffkreislauf des Gartens verbleiben und werden hier kompostiert. Der reife Kompost soll dann flächenhaft zur Düngung und Bodenverbesserung im Bereich der Gehölze ausgebracht werden. Mit dem Betrieb einer eigenen Baumschule soll auch dem Risiko der Fernverbreitung über eingekauftes Pflanzgut begegnet werden.Hier werden wir zukünftig unsere eigenen Hainbuchen anziehen. Wir haben aufgrund der negativen Folgen des Klimawandels auf die Vegetationsbestände des Schlossgartens rechtzeitig reagiert und betreiben seit zwei Jahren eine eigene Baumschule. Hier laufen Versuche, geeignete klimaangepasste Gehölzarten für den Schlossgarten anzuziehen, um den Gehölzbestand an die sich verändernden Klimabedingungen anzupassen und um den Genpool der im Garten vorhandenen Pflanzen für die Zukunft zu erhalten.

SSZ_Hainbuchenhecke im calathea - Hain Bild: Rolf Simianer © Rolf Simianer

Wie fühlen Sie sich selbst angesichts des fortschreitenden Baumsterbens in Ihrem beruflichen Alltag?

Raab: Die geänderte Situation bedeutet für uns eine ständige Herausforderung, auch im Hinblick auf die enormen zusätzlichen finanziellen Belastungen unseres Budgets. Das bringt mich oft an die Grenzen der eigenen Stresstoleranz. Die rasante Geschwindigkeit der klimabedingten Veränderungen und der negativen Folgen für den Gehölzbestand des Schlossgartens ist erschreckend. Die trockenen Jahre ab 2018 haben eine nicht mehr vorhersehbare Entwicklung in Gang gesetzt. Das hat dieses Jahr dazu geführt, dass wir das erste Mal ganze Bereiche des Gartens aufgrund des schlechten Zustandes der Baumbestände und der sich daraus ergebenden Gefahren für die Gartenbesucher absperren mussten. Nachdem zunächst vor allem die Rotbuchen und die Stieleichen starke Vitalitätsverluste bis hin zum Absterben zeigten, sind zwischenzeitlich eine ganze Reihe von Baumarten erheblich von den Folgen des Klimawandels betroffen und wir bekommen es ständig mit neuen Schaderregern zu tun. Da sind zum Beispiel die Rußrindenkrankheit an Ahornen, die Pfennig-Kohlenkruste an Rotbuchen oder das verstärkte Auftreten des Zunderschwamms an Rosskastanien und Eichen – und jetzt auch noch der Rindenkrebsbefall an den Hainbuchen.

Eine Schreckensvorstellung, die mich quält, ist der Ausfall unserer rund zwölf Kilometer langen Hainbuchenhecken durch diesen Schadpilz – aber ich bleibe hier mal bewusst zuversichtlich.

 

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