Im Interview

Kultwirte des "Zähringer Hofs" in Schwetzingen über damalige Zeit

Wirtin Peggy Schäfer und Veranstalter Götz Junk haben viele Jahre Regie geführt im „Zähringer Hof“ – sie waren Teil des Kultes um das traditionsreiche Gasthaus. Weggefährt Rolf Simianer hat die beiden interviewt.

Von 
Rolf Simianer
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Am Ort des Geschehens. Hier sitzen Peggy Schäfer und Götz Junk vor dem heutigen „Zähringer Hof“. © Simianer

Schwetzingen. Peggy, wie kamst du zum „Zähringer Hof“? – Oder kam in Wirklichkeit der „Zähringer Hof“ eines Tages zu dir?

Peggy Schäfer: Der „Zähringer Hof“ kam zu mir. Mein Ehemann war arbeitslos und kam aus der Arbeitslosigkeit heraus auf die Idee, eine Wirtschaft zu führen. Er sollte die Kneipe machen und ich weiterhin als Versandleiterin bei der Firma Geo Duschkabinen arbeiten. Meine Aufgabe im „Zähringer“ bestand darin, das Lokal abends zu putzen.

Doch bereits nach einem halben Jahr und der Trennung von deinem Mann warst du als alleinige Pächterin des Lokals auf dich selbst gestellt. Wie hast du dich in diesem Moment gefühlt?

Schäfer: Am Anfang wie auf rohen Eiern. Ich konnte noch nicht einmal Bier zapfen, und mein selbstständiger Vater musste mir den Unterschied zwischen Umsatzsteuer und Einkommenssteuer erklären. Doch ich habe mich durchgebissen und mir schnell auch den Respekt des Publikums verschafft.

Hättest du nicht auch in deinen früheren Beruf bei Geo zurückkehren können, anstatt dich in ein völlig neues berufliches Umfeld in der Gastronomie zu wagen und Wirtin zu werden?

Schäfer: Die hätten mich wahrscheinlich wieder genommen. Aber diese Frage kam nicht auf, da ich mit dem alten Job abgeschlossen hatte. Und weil ich den bestehenden Pachtvertrag noch eine Zeit lang hätte erfüllen müssen. Außerdem wollte ich mich der Herausforderung stellen und einen neuen Lebensabschnitt beginnen.

Ein historisches Bild vom Gasthaus „Zähringer Hof“, das uns Gerhard Rieger aus seiner Postkartensammlung zur Verfügung gestellt hat. © Archiv/Rieger

Wie kamst du mit dem damals, sagen wir, etwas zweifelhaften Ruf des „Zähringer“ zurecht, der ja noch eine reine, typische Männerkneipe war?

Schäfer: Das mit dem schlechten oder zweifelhaften Ruf habe ich nie verstanden. Solange die Männer aus dem Stammpublikum bei mir im „Zähringer“ saßen, konnten deren Ehefrauen doch sicher sein, dass sie keinen anderen Frauen nachstiegen oder sonstigen Unsinn veranstalteten.

Was meinst du mit sonstigem Unsinn? – Und wie hast du die Männer davon abgehalten?

Schäfer: Wenn zum Beispiel ein Streit unter den Gästen zu eskalieren drohte, reichte meine Autorität, die Leute wieder zur Ruhe und zur Vernunft zu bringen. Ich brauchte nie die Polizei holen, meine Ohrfeigen aus Wörtern taten es auch. Aber in diesem Zusammenhang möchte ich sagen: So richtig geärgert habe ich mich über die „eleganten Damen“, die ab und zu in ihren teuren Klamotten und Pelzmänteln in den „Zähringer Hof“ kamen. Die sind dann ohne „Guten Tag“ oder „Bitte“ zu sagen einfach zu den Toiletten gegangen: Zum Sch . . . . . waren wir schon immer gut genug.

Als dir die Idee eines abendlichen Bühnenbetriebs vorgeschlagen wurde, welche Gedanken sind dir da zuerst gekommen?

Schäfer: Ich dachte: Die Idee ist gut, die Idee ist groß; und mit einem guten Team sicher durchführbar.

Wie ist eigentlich die Arbeitsbeziehung zwischen dir und Götz Junk entstanden?

Schäfer: (lacht) Wahrscheinlich bei dem einen oder anderen Gespräch nach Feierabend.

Götz, du bist von Beruf aus Geograf. Was waren deine Beweggründe, in den Kulturbetrieb im „Zähringer“ einzusteigen?

Götz Junk: Während meines Studiums hielt der Bus zu meinem Wohnort Plankstadt direkt in der Herzogstraße vor dem Eingang des „Zähringer“. Ein Besuch lag also nahe. Dort sah ich dann die Bühne. Ich hatte immer schon ein Interesse an Kultur, vor allem an Livemusik. Als mich dann einige mir bekannte Bands fragten, ob sie dort auftreten könnten, beschloss ich zu vermitteln.

Nach welchen Kriterien hast du die Bands ausgewählt; besonders wenn mehrere am gleichen Termin auftreten wollten?

Junk: Zuerst einmal hatte ich einen Wechsel der Stilrichtungen angestrebt, also an jedem Freitag ein anderer Musikstil. Dabei wendete ich einen Negativ-Katalog an: Keine Klassik, davon gab es ja schon genug in Schwetzingen. Keine Schlager, weil ich davon Sodbrennen bekomme, und natürlich keine rechtsradikale Musik. Doch Auftrittswünsche am gleichen Termin waren sehr selten. Und wenn es doch einmal dazu kam, konnte die Situation so gelöst werden, dass beide entweder miteinander oder hintereinander auftreten konnten.

Folkmusik-Sessions gab es regelmäßig auf der Bühne im „Zähringer“. Immer voller Leidenschaft und Inbrunst. © Götz Junk

Gab es dennoch manchmal Ärger mit Bands?

Junk: Eigentlich nie.

Von 2001 bis Anfang 2003 warst du nach dem familiär begründeten Ausstieg von Peggy alleiniger Betreiber des Lokals und der Bühne. Lief es ohne Peggy noch rund?

Junk: Ja, weil Peggy am Anfang noch aushalf und mir eine super Starthilfe leistete.

Bevor die Welde-Bräu das Lokal renovierte, was notwendig war, und dann zu einer Speisegaststätte ausbaute, hat dir Dr. Spielmann als Besitzer ein Angebot zum Weiterbetrieb des „Zähringer Hofes“ mit Kulturbühne gemacht?

Junk: Sein Außendienstleiter Fritz Münch bot mir an, mich nach dem Umbau als Pächter für die Speisegaststätte zu bewerben. Das kam aber für mich nicht in frage. Außerdem war der Pachtpreis aus meiner Sicht unattraktiv.

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Eure Zeit im „Zähringer Hof“ liegt über 20 Jahre zurück. Was habt ihr zwischenzeitlich gemacht und was macht ihr heute?

Schäfer: Zuerst war ich ein Jahr lang Hausfrau und Mutter. Dann führte ich sieben Jahre lang das Lokal „Lemon“ in der Kronenstraße. Und dann trat ich als Bürogehilfin in ein Ingenieurbüro ein, in dem ich heute Prokuristin bin.

Junk: Ich bin in meinen alten Beruf als Berater für den Nahverkehr zurückgekehrt und bin mittlerweile im Vorruhestand.

Peggy und Götz, was war denn euer schönstes Erlebnis im „Zähringer Hof“?

Schäfer: Das Schönste für mich war die schöne Gemeinschaft zwischen unterschiedlichsten Menschen aus den unterschiedlichsten sozialen Schichten. Daran habe ich viel Freude gehabt.

Junk: Für mich war es die Band „Sounds of silence“, eine Simon-und-Garfunkle-Coverband. Bei deren Auftritt sang die Hälfte des Publikums alle Lieder mit. Es war einfach wunderbar.

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