Schwetzingen. Wer dieser Tage die Straßenbahn-Haltestelle im Hirschacker nutzt, erlebt Mirinda Reynolds in Aktion. Die Künstlerin schafft dort auf dem ehemaligen Trafoturm ein gigantisches Wandgemälde mit dem schönen Titel „Von Herzen verbunden“. Es ist ein Symbol für eine Freundschaft, die seit nunmehr zehn Jahren zwischen der Stadt Schwetzingen und Fredericksburg in US-Bundesstaat Virginia besteht. Genau genommen waren es 2022 zehn Jahre, dass die offizielle Städtepartnerschaft besiegelt wurde.
Es höre sich eventuell leicht an, aber es sei alles andere als leicht gewesen, verdeutlichte Oberbürgermeister Dr. René Pöltl in Bezug darauf, einen Künstler aus den USA in die Kurpfalz zu bekommen. „Darum sind wir jetzt umso erleichterter, dass es geklappt hat“, betonte das Stadtoberhaupt bei einem Pressetermin. „Wir haben überlegt, was wir zum Jubiläum machen könnten. Gut gefiel uns die Idee eines Wandgemäldes, das die Verbundenheit der Gemeinden zum Ausdruck bringt.“ Kulturamtsleiterin Dr. Barbara Gilsdorf sei es schließlich gewesen, die den Kontakt zu Mirinda Reynolds hergestellt habe, auf eine Idee Pöltls eingehend, jemanden aus Fredericksburg dafür zu gewinnen. Beim jüngsten Besuch in den USA habe man einander persönlich kennengelernt.
Fotovorlage für das Wandgemälde in Schwetzingen aus den 1970er Jahren
Die für ihre Murals, also Wandgemälde, weithin bekannte Malerin, die auch Kunst an einer Schule unterrichte, sei sofort Feuer und Flamme für das Projekt gewesen. „Es ist eine so große Ehre für mich“, betonte Mirinda Reynolds. In Europa sei sie bis dahin nur einmal gewesen, vor vielen Jahren in Frankreich. Mit Begeisterung schilderte sie, wie das Mural am Ende aussehen soll: „Eine Seite wird Kybele, die große Göttermutter Magna Mater darstellen. Sie ist der Beginn von allem, unser aller Ursprung.“ Dazu wird sie die bekannte Statue aus dem Schlossgarten nahe dem Hirschbrunnen als Vorlage verwenden, die für das Element Erde steht. Die zweite Seite des Turms wird die Auswanderungsgeschichte der Schwetzinger und der Deutschen allgemein mit einer Ankunftsszene in den USA zeigen.
Die dritte Seite sei von einem Foto aus dem Jahr 1970 mit Soldaten in der Kilbourne-Kaserne und Tomkins-Barracks inspiriert. „Amerikanische Soldaten, die als Freunde blieben, um zu beschützen. Mich sprach sogar jemand an, dessen Vater auf dem Foto zu sehen sei“, erläuterte sie. Bei der Arbeit werde sie oft von Passanten angesprochen, denn der Turm liegt genau neben dem Fußweg zum Haltepunkt. „Toll ist, dass das fertige Werk von vielen Menschen zu sehen sein wird. Es liegt in Sichtweite zu den Zügen“, so Dr. Pöltl.
Zum Hintergrund des Murals und der Künstlerin
- Die Idee zur Beauftragung von Mirinda Reynolds zu einem Wandgemälde entstand 2021, und sollte eigentlich zum zehnjährigen Jubiläum der Städtepartnerschaft mit Fredericksburg 2022 realisiert werden. Aufgrund eines Unfalls der Künstlerin musste die Umsetzung auf 2023 verschoben werden. Das Wandgemälde entsteht auf drei Schauseiten verteilt an einem ehemaligen Trafoturm, nahe der neuen S-Bahnhaltestelle Schwetzingen-Hirschacker. Es besteht aus einem Kompendium an Motiven: Denkmäler und Gebäude der Partnerstädte werden mit Symbolen verwoben, die auf die Auswanderungsgeschichte der Jahrhunderte verweisen. In der direkten Umgebung des Trafoturms werden zudem fünf Texttafeln eingeweiht, die über die Auswanderungsgeschichte Schwetzinger Bürger in die USA, über die Präsenz des US-amerikanischen Militärs in den Tompkin Barracks, über die Schließung einer Städtepartnerschaft zwischen Schwetzingen und Fredericksburg und letztendlich zur Biografie und Werk von Mirinda Reynolds informieren.
- Mirinda Catherine Reynolds (*1968, Asheville, North Carolina) ist eine der bekanntesten Künstlerinnen in Fredericksburg. 2012 wurde sie mit der Gestaltung ihres ersten Wandgemäldes in Fredericksburg beauftragt. Es folgten weitere Wandbilder in Fredericksburg und in der Region mit thematischem Fokus auf historischen Landschaftsszenen. Daneben war sie dort maßgeblich an der Entwicklung einer freien Kunstszene beteiligt, etwa als Kuratorin von Kunstfestivals und Ausstellungen. Weitere Infos unter mirindareynolds.com (auf Englisch). zg
Viel habe Reynolds nachgedacht und geplant, bis der Entwurf gestanden habe. Schmunzelnd berichtete das Stadtoberhaupt über ein kleines Problem: „Sie hatte alles in Zoll notiert. Mit einem Metermaß klappt da die Umsetzung nicht. Es hat zwar etwas gedauert, aber wir haben zur großen Erleichterung aller ein Zollmaß auftreiben können.“ Schon jetzt freue er sich auf die „Big Party“ mit den Freunden aus Fredericksburg am 7. Mai. Dank gebühre den Stadtwerken Schwetzingen, die das Kunstwerk sponsern. Geschäftsführerin Martina Braun: „Nachdem das Gebäude seine ursprüngliche Funktion wegen einer neuer Trafostation verloren hat, haben wir es von der Netzgesellschaft gekauft. Wir freuen uns, dass es erhalten bleibt.“ Und die Künstlerin ist begeistert von dem Gebäude: „Der Turm ist großartig. Er sieht aus, als sei er über 100 Jahre alt – einfach romantisch.“
Mirinda Reynolds hoffe, bis zur Einweihung fertig zu sein, was vom Wetter abhinge. Sie liebe die Umgebung, die sie an Zuhause erinnere. „Ich wohne etwas außerhalb von Fredericksburg, ähnlich wie hier, mit Schafen und über 15 000 Bienen.“ Künstlerin sei sie seit jeher. „Schon als kleines Mädchen habe ich alle Wände meines Zimmers angemalt“, erzählte sie und muss lachen. Denn genau neben dem Turm befindet sich ein Kindergarten. Die Kleinen begleiteten ihr Projekt neugierig und mit vielen Fragen. „Zum Glück ist ein Kind dabei, das übersetzen kann“, so Reynolds, die mit einem Augenzwinkern ergänzte, dass das Projekt nun auf vier Seiten entstehe: „Hinten habe ich für die Kinder eine Farbpalette aufgemalt, in die ich einen Punkt mit jeder Farbe gesetzt habe, die ich neu verwende.“
Mit Autokorso zur „Big Party“
Die feierliche Einweihung am Sonntag, 7. Mai, findet um 16 Uhr am Trafoturm statt, zu der auch die Bewohner des Stadtteils Hirschacker eingeladen sind. Neben OB Pöltl werden Dr. Uwe Wenzel, Leiter des Mark Twain Centers für transatlantische Beziehungen Heidelberg, die Künstlerin Mirinda Reynolds und der Fredericksburger Stadtrat Matt Kelly Redebeiträge halten. Auch die Delegation aus der US-amerikanischen Partnerstadt Fredericksburg wird an der Einweihung Termin teilnehmen. Im Anschluss an den offiziellen Teil lädt die Siedlergemeinschaft Hirschacker auf ihrem Gelände zu einer deutsch-amerikanischen Party mit Essen, Getränken und Musik ein.
Bereits um 14 Uhr treffen auf dem Schlossplatz sechs amerikanische Oldtimer des MSC Schwetzingen und eines Privatmannes ein. Um 15 Uhr starten diese Oldtimer als Autokorso zum Trafoturm.
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