Lutherhaus

Neujahrsempfang in Schwetzingen: Gemeinsam wieder in Einklang kommen

Das Bedürfnis nach Gesprächen und Geselligkeit ist mehr denn je gegeben. Erst recht nach den Einschränkungen der zurückliegenden Pandemiejahre. Dies war am Donnerstagabend beim Neujahrsempfang der Stadt Schwetzingen zu spüren.

Von 
Katja Bauroth
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Oberbürgermeister Dr. René Pöltl setzt auf das Miteinander in der Stadt und im Einklang für die Umwelt. © Norbert Lenhardt

Das Bedürfnis nach Miteinander, nach Gesprächen und Geselligkeit, ist mehr denn je gegeben. Erst recht nach den Einschränkungen der zurückliegenden Pandemiejahre. Dies war am Donnerstagabend beim Neujahrsempfang der Stadt Schwetzingen zu spüren. Der Mensch ist nun mal ein soziales Wesen, ein Rudeltier. Um die 400 Gäste kamen daher ins Lutherhaus, darunter Gemeinderäte, weitere bekannte Gesichter aus Politik, Wirtschaft und Kirche, aus den umliegenden Gemeinden und sogar der Partnerkommune Karlshuld. Deren dritter Bürgermeister Klaus Scherm samt Delegation fiel in der schicken Tracht auf.

Bürgermeister Matthias Steffan leitete launig den Abend ein, stellte dabei jedoch fest, dass in Sachen Applaus etwas Übungsbedarf bestehe – zwei Jahre ohne Empfang hinterlassen eben doch Spuren.

Neujahrsempfang der Stadt Schwetzingen im Lutherhaus. Bürgermeister Matthias Steffan leitet launig den Abend ein. © Lenhardt Norbert

Neujahrsempfang in Schwetzingen: Großer Zusammenhalt in der Stadt

Oberbürgermeister Dr. René Pöltl hatte für seine Ansprache das Motto Einklang ausgewählt, welches er mit Zitaten untermalte und gut gewählten Worten ausschmückte. „Der Übermensch steht über den Menschen, aber er steht im Einklang mit der Natur“, zitierte er den chinesischen Philosophen und Dichter Dschuang Dsi, der im 3. Jahrhundert vor Christus lebte und schon damals erkannte, wie wichtig der Einklang des Menschen mit seinem Umfeld ist. „Die Worte zum Jahresbeginn sollen nicht nur Rück- und Ausblick auf die Entwicklung Schwetzingens sein, sie sollen auch einen Gedankenanstoß geben, weil wir als Menschen und Menschheit grundlegend darüber nachdenken müssen, wo unser Platz auf dieser Erde und in unserer Gemeinschaft ist und wie wir uns als Individuum einordnen und verhalten“, erläuterte Pöltl.

In seinem kurz gehaltenen Rückblick machte er kein Geheimnis daraus, dass „die vergangenen drei Jahre von Krisen, Herausforderungen und vielen Belastungen und Einschränkungen für uns alle geprägt waren“. Die Corona-Pandemie, der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine in Europa, die erneute Flüchtlingskrise, die Inflation und die Energiekrise wuchsen innerhalb kürzester Zeit zu Herausforderungen, „wie wir sie in dieser Massivität seit Ende des Zweiten Weltkriegs noch nicht erlebt haben.“ Viele ältere Mitbürger nickten zustimmend. Pöltl: „Diese Häufung und Intensität von Krisenszenarien erschrecken viele von uns sehr. Wir erleben Verunsicherung und Stress, es werden vielfach auch Ängste ausgelöst.“ Er ermutigte, dass trotz allem die Zuversicht und die Hoffnung nicht abhandenkommen dürfen.

Musikschulleiter Philipp Wolfart (r.) versüßt den Abend mit Seyda Sibel, Kevin Holloway und Carl Krämer musikalisch: Michael Jacksons „Human Nature“, „Sunny“ (Bobby Hebb) und „Mercy Mercy Me (The Ecology)“ von Marvin Gaye. © Lenhardt Norbert

Neujahrsempfang in Schwetzingen: Oberbürgermeister Pöltl spricht großen Dank aus

Deutschland habe gezeigt, dass es viele Herausforderungen gemeinsam meistern kann, bei aller berechtigter Kritik im Einzelnen, auch wenn Teile überzogen und wenig sachorientiert gewesen seien, „ist die Gesamtbewältigung der Krisen bislang gut gelungen. Und wir leben in Schwetzingen an einem Ort des Zusammenhalts und der Gemeinschaft, viele engagierte Schwetzinger haben aus freien Stücken angepackt und geholfen, wenn es angezeigt war, sei es während der Pandemie oder bei Ankunft von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. Hierfür möchte ich an dieser Stelle allen ausdrücklich danken“, so der Stadtchef. Dank schickte er zudem an seine Verwaltung, die zum Wohle aller an einem Strang gezogen habe und durchaus auch mal die Bürokratie links liegenließ.

Mit einem stillen Gedenken an „viele liebe Menschen, die seit 2020 in Schwetzingen und anderen Orten verstorben sind sowie die rund 160 000 in Deutschland, die an oder mit dem Corona-Virus verstorben sind“ (Quelle: Johns Hopkins University, Stand 3. Januar 2023), leitete er zum Ausblick über. Dabei sagte er klar: „Ich wage keine Prognose.“ Seine Hoffnung und Erwartung jedoch sei, dass sich „Schwetzingen im Jahr 2023 zeigen wird, wie wir es kennen, schätzen und lieben. Wir wollen bei vielen Themen und Projekten vorankommen, wir wollen Kultur und Freizeit genießen, wir wollen Freunde aus unseren Partnerstädten – etwa aus Fredericksburg Anfang Mai – und das Special Olympics Team aus Jamaika empfangen, wir wollen unsere Stadt gemeinsam verbessern, wir wollen ein attraktiver Lebens- und Arbeitsort sein und wir wollen das Leben genießen und feiern“. Damit sprach er sichtlich vielen Menschen aus dem Herzen und lud gleichzeitig ein, „ein Teil davon zu sein, damit unsere Stadt so liebens- und lebenswert bleiben kann, wie sie ist. Unterstützen Sie vor allem auch unsere Vereine, die Kulturveranstalter und unsere Gewerbebetriebe, damit Vielfalt in Schwetzingen weiter zu Hause sein kann. Ohne Ihre Mitwirkung geht es nicht!“

Neujahrsempfang in Schwetzingen: „2023 das Leben feiern“

Klar ist aber auch: Der Mensch kann und darf nicht so weitermachen wie bisher. Auf der Grundlage des 2022 erschienenen Buches „Das Zeitalter der Resilienz“ von Jeremy Rifkin machte er die aktuelle Situation deutlich und zitierte Rifkin: „Die Viren kommen in immer neuen Wellen. Das Klima erwärmt sich weiter. Die Erde verwildert zusehends. Lange haben wir geglaubt, wir könnten die Natur zwingen, sich an unsere Spezies anzupassen, doch heute bleibt uns nichts anderes übrig, als uns an die unberechenbare Natur anzupassen. Wir haben keine Bedienungsanleitung für das Chaos, das sich um uns herum offenbart.“

Lars Hoffmann und die Feuerwehr zeigen ihre neuesten Fahrzeuge: Oskar ist mit Papa Jan Ranglack ganz begeistert. © Norbert Lenhardt

Das Chaos bezieht sich dabei nicht nur auf den unmittelbaren Umgang des Menschen mit der Natur wie auf das vom Menschen verursachte Artensterben und den Klimawandel, sondern vor allem auf dessen grundsätzliche Lebensausgestaltung mit seinen Bedarfen in einer modernen globalisierten Gesellschaft und deren Auswirkungen auf unsere Welt und Umwelt, so Pöltl. „Dabei ist mir deutlich geworden, dass wir uns nicht mehr im Einklang befinden, nicht mehr mit unserem Planeten und seiner Natur, der uns nicht nur Heimat ist, sondern uns mit seinen begrenzten Rohstoffen ernährt und unseren Wohlstand und die Globalisierung ermöglicht. Wir sind aber auch nicht mehr im Einklang mit uns selbst und unserer Gemeinschaft. Wir leben unser eigenes extensives Leben ohne Blick auf die massiven Auswirkungen, die es mit sich bringt, und wir verlassen zunehmend die freiheitlich-demokratische Basis unseres Lebens mit dem Risiko, die uns selbst so wichtigen Freiheiten und Mitwirkungsrechte zu verlieren.“

Neujahrsempfang in Schwetzingen: Mit großen Herausforderungen der Zeit umgehen

Daher sei es umso wichtiger, gerade im eigenen Lebensumfeld „wieder in den Einklang mit uns selbst, der Lebens- und Wertegemeinschaft und der uns unmittelbar umgebenden Natur zu kommen – hier kennen wir uns aus, hier können wir direkt etwas bewirken“, animierte er, gemeinsam nach Wegen für den Einklang zu suchen, um so „mit den großen Herausforderungen unserer Zeit wie Klimawandel, Gefährdung und Verlust der Natur, Radikalisierung, Werte- und Demokratieverlust auf lokaler Ebene umzugehen“. Denn: „Alles, was gegen die Natur ist, hat auf Dauer keinen Bestand“, schloss OB Pöltl mit einem Zitat des britischen Naturforschers Charles Darwin (1809 – 1882). Er würdigte noch die vielen Helfenden des Abends von der Verwaltung, der Stadtgärtnerei und dem Deutschen Roten Kreuz sowie der Feuerwehr, die vor dem Lutherhaus zum großen Vergnügen der Kinder ihre neuesten Fahrzeuge vorstellte.

Um die 400 Gäste sind zum Neujahrsempfang ins Lutherhaus gekommen – darunter auch eine Delegation aus der Partnergemeinde Karlshuld. © Lenhardt

An Bürgermeister Steffan schickte er besondere Worte „für die stets außergewöhnlich gute Arbeit und Zusammenarbeit“, ebenso an seine Assistentinnen Sabrina Cass und Sarah Erles sowie Ehefrau Stefanie, die gerade in den Corona-Jahren Einiges aushalten musste.

Mit dem Wunsch für ein „erfolgreiches, lebendiges und lebenswertes Jahr für unsere Stadt und Ihnen allen viel Gesundheit, Zufriedenheit und möglichst viel Glück im Jahr 2023“ stießen alle mit „Feierabend“-Sekt von Tischmacher Weine oder Saft an, bevor die Schnittchen von Tommy Möbius und seinen „lebensmittel.punkt“ sowie der Bäckerei Utz bei ausgedehnten Gesprächen bis 22 Uhr verputzt wurden. Dazu unterhielt der neue Musikschulleiter Philipp Wolfart mit einer tollen Formation musikalisch, die unter anderem „Mercy Mercy Me (The Ecology)“ von Marvin Gaye aus dem Jahr 1971 auf persönlichen Wunsch des Oberbürgermeisters spielte – ein trefflich ausgewähltes Lied, in dem es um den Umgang des Menschen mit der Natur geht.

Autor Katja Bauroth liebt Begegnungen und Storys - im Lokalen und auf Reisen.

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