SWR Festspiele

Lustwandeln im Schlossgarten Schwetzingen mit Musik

Das Wandelkonzert „Oboen auf Europareise“ im Schlossgarten Schwetzingen versetzte das Publikum in die Zeit des 17. und 18. Jahrhunderts.

Von 
Rita Weis
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Sehr viele Gäste aus nah und fern nahmen teil an der Reise der Oboen mit „La Petite Écurie“. © Rita Weis

Schwetzingen. „Bienvenu au Château de Schwetzingen – Willkommen im Schloss von Schwetzingen.“ So begrüßte Philipp Lamprecht, Trommler und Moderator des Residenzensembles „La Petite Écurie“, die Gäste zum WandelkonzertOboen auf Europareise“ im Schlossgarten. Dieses zweistündige Open-Air-Konzert versetzte das Publikum in die Zeit des 17. und 18. Jahrhunderts.

In Frankreich regierte König Ludwig XIV. (1638 – 1715), der seine Macht durch Architektur und höfische Künste demonstrierte. So ließ er die prunkvolle Schlossanlage in Versailles errichten. In der Kurpfalz nahm man dieses höfische Leben als Vorbild. Kurfürst Carl Philipp legte Anfang des 18. Jahrhunderts den Grundstein für den Schwetzinger Schlossgarten. Man sprach Französisch, kleidete sich nach französischer Mode und genoss den Barockstil, der sich von Frankreich aus über Europa verbreitete.

Ensemble nutzt Barockoboen, Taille, Barockfagott und historische Schlaginstrumente

Der Name des Ensembles „Petite Écurie“ verweist direkt in diese Zeit und bezieht sich auf die „Grande Écurie“, eine musikalische Einrichtung am Hof Ludwigs XIV. , wo viele seiner Bläser beschäftigt waren. Das Ensemble nutzte Barockoboen, Taille, Barockfagott und historische Schlaginstrumente. An sieben Stationen im Schlossgarten, benannt nach Städten, spielte es Werke bedeutender Musiker der Zeit mit Bezug zu diesen Orten.

Das Ensemble „La Petite Écurie“ am Minverva-Tempel: (v. l.) Miriam Jorde Hompanera, Marc Bonastre Riu, Giovanni Battista Graziadio, Valerie Colen und Philipp Lamprecht. © Rita Weis

Die erste Station am Schlossgarteneingang hieß Paris. Am Hofe des Sonnenkönigs wirkte Jean-Baptiste Lully (1632 – 1687) als Komponist, Geiger, Gitarrist und Tänzer. Als „Sur-Intendant“ hatte er eine sehr hohe Stellung und bestimmte, welche Musik aufgeführt werden durfte. Auf Wunsch des Königs entwickelte sich der „französischen Stil“ mit der damals neuartigen Mischung aus Streichern und Bläsern und einem relativ großen Orchester. – Lully wird nachgesagt, dass er an der Weiterentwicklung der Schalmei zur eleganter klingenden Oboe beteiligt gewesen sei. Das Ensemble „La Petite Écurie“ präsentierte Teile aus Lullys damals beliebten „Marche de Savoye“.

Wandelkonzert im Schwetzinger Schlossgarten: Suite von Henry Purcell am Minerva-Tempel

Die zweite Station, Breslau, befand sich beim Laubengang hinter dem südlichen Zirkelgebäude. Hier spielte das Quintett die Ouvertürensuite F-Dur von Gottfried Finger (etwa 1660 – 1730), der unter anderem in Breslau lebte und in Mannheim beerdigt ist. „Suiten, das waren die Greatest Hits der damaligen Zeit,“ erklärte Lamprecht. Orchesterkompositionen wurden oft für Oboengruppen arrangiert. - Am Minerva-Tempel, der dritten Station London, spielte das Ensemble eine Suite von Henry Purcell. „Theatralisch“, nannte Lamprecht die Musik Purcells und ergänzte sie mit Geräuschen und einem Trommelsolo. „Wir spielen in kleinstmöglicher Besetzung mit größtmöglicher Wirkung,“ kommentierte er. -

Die vierte Station, Amsterdam, befand sich auf dem Weg zur Moschee. Repräsentant für Amsterdam war Servaes de Koninck (1653/54 – 1701), von dem das Ensemble die Ouvertüre g-Moll spielte. - Vor der Moschee, der fünften Station, Venedig, spielte das Ensemble das Concerto in g-Moll RV153 von Antonio Vivaldi. Der Moderator wies auf die Herausforderung hin, die langgezogenen Töne der Violinen auf die Blasinstrumente zu übertragen. Vivaldi habe nie die Oboe in seine Kompositionen einbezogen. Der „basso continuo“ wurde für die Zuhörer fast körperlich spürbar.

Das Ensemble „La Petite Écurie“ vor der Moschee: (v. l.) Miriam Jorde Hompanera, Marc Bonastre Riu, Giovanni Battista Graziadio, Valerie Colen und Philipp Lamprecht. © Rita Weis

Die „Reise“ ging weiter nach Graz, der sechsten Station, im Garten der Moschee. Der Habsburger Komponist Johann Joseph Fux (1660 – 1741) ist heute fast vergessen. Orientalische Einflüsse in der Musik gab es erst später, sagte Lamprecht. Trotz des Konflikts zwischen der Habsburger Monarchie und dem Osmanischen Reich rechtfertige sich die Musik von Fux als Bindeglied, da er von der französischen Barockmusik beeinflusst war, die auch die Osmanen liebten. Rhythmische Einlagen der Schellentrommel bei der Ouvertüre B-Dur ließ dennoch Orientalisches vermuten.

Die letzte Station Hamburg war im Obstgarten. Von dem fast vergessenen Komponisten Reinhard Kaiser (1674 – 1739) spielte das Ensemble die Ouvertüre D-Dur. Das Publikum erfuhr, dass Trommeln damals meist im militärischen Kontext verwendet wurden. Trommeln seien nicht notiert worden – außer bei Lully. Alles, was auf dem Rundgang an Schlagwerk gespielt wurde, war Improvisation.

Ensemble „Petite Écurie“ ist sehr international zusammengesetzt

Das Ensemble „Petite Écurie“ besteht aus den Oboisten Miriam Jorde Hompanera aus Spanien, Valerie Colen aus Holland, Marc Bonastre Riu aus der Schweiz, dem Fagottisten Giovanni Battista Graziadio aus Italien und dem Trommler Philipp Lamprecht aus Südtirol. Auf die Frage, wie die Musiker trotz räumlicher Distanzen zusammenkommen, antwortete Lamprecht, dass sie oft online kommunizieren und sich vor Konzerten einige Tage persönlich treffen.

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Die Resonanz des Publikums auf diesen historischen Spaziergang war begeistert. Für Birgitt Kreutzfeld aus Plön, die sich auf einer Kulturreise befand, war dies „der krönende Abschluss“. „Fantastic“, sagte Michael Woodhouse, ein Engländer aus Viernheim. „Sehr gut“, urteilte Anke Spijker aus Amsterdam, die extra für das Festival nach Schwetzingen gekommen war. „Ich habe immer Angst, dass Musik im Freien weggeht, aber sie blieb und war so schön“, erwiderte Susanne Colen, die Mutter der Oboistin Valerie Colen. Interessanterweise hörte man auf dem Rundgang viele Fremdsprachen – Grund zur Freude, dass viele Menschen den Weg nach Schwetzingen gefunden hatten.

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