„Als ich gegen 16 Uhr den leeren Welde-Saal betrat, überkam mich ein leichter Anflug von Melancholie. Zum einen, da das letzte Musikmachen gefühlt in unglaublicher Entfernung lag, zum anderen, da unsere Welt momentan sehr verrücktspielt. Und dann veranstaltest du einen Musikabend mit Freunden und Gästen, während unweit Menschen großes Leid erfahren.“ So fasst Martin Orth sein Seelenleben zusammen, das den ersten Soloauftritt nach zwei Jahren im Schwetzinger Gasthaus „Blaues Loch“ begleitete.
Letztlich wollte er zwischen all den dunklen Gedanken, die die Menschen mit der Pandemie und den Krieg in der Ukraine, den nun damit zusammenhängenden Ängsten wie auch steigenden Preisen im Alltag, helle Momente setzen: „Es muss auch Positives in der Welt geben. Tief im Inneren glaube ich an die Menschen“, bekräftigte der Musiker und freute sich schließlich auf seinen Auftritt. Noch Tage zuvor hatte er in den sozialen Netzwerken Fotos von seinen geschundenen Fingern veröffentlicht, die er sich durchs viele Proben geholt hatte.
Nachdem Soundcheck setzte er sich mit einem kühlen Bier auf die Terrasse des „Blauen Loch“ und ließ seinen Blick über den gut gefüllten Biergarten schweifen. Orth: „Schon seltsam, solch eine Ansammlung von Menschen zu sehen, hatte uns doch Corona seit über zwei Jahren im Griff.“ Doch das Leben muss weitergehen – mit Corona. Und mit Musik.
Um 19 Uhr begann sich der Welde-Saal zu füllen. Lange nicht gesehene Freunde und weitere Gäste fanden sich ein, begrüßten Orth. „Das ist eines der schönsten und wärmsten Gefühle des Musikmachens: Zu sehen, dass man gehört werden möchte.“
Anerkennung und gute Gespräche
20.30 Uhr geht’s los: Nun würde sich zeigen, ob die Finger in den zurückliegenden drei Wochen Vorbereitungszeit genügend Hornhaut auf den Kuppen aufgebaut haben. „Die ersten drei Songs verliefen finger- und stimmtechnisch noch etwas verkrampft, doch nach gutem Gelingen stellte sich eine angenehme Entspanntheit ein. So langsam wurde ich wieder in die Livemusik gezogen“, beschrieb Orth die ersten Konzertminuten mit „Help“ von den Beatles, „Dust in the wind“ von Kansas und den 1972 erschienenen Song „Heute hier morgen dort“ von Hannes Wader – allesamt kamen prima an. Auch bei seinen eigenen Werken „Final chapter“, „Heaven doesn’t wait“ und den am 15. April erscheinenden „Wolke Glas“ wurde ausgelassen applaudiert, „wofür ich sehr dankbar bin“.
In der Pause suchten Gäste das Gespräch mit Orth, erkundigten sich auch nach möglichen weiteren Auftritten, etwa mit der Band „K’lydoscope“. „Ich habe mich entspannt unterhalten und bekam die ersten Klopfer auf die Schulter“, so der Zweifach-Papa. Und was den Musiker am meisten freut: Die Gäste blieben sitzen und wollten mehr. Das zweite Set stand im Zeichen des Pianos. An den Tasten ist Martin Orth zu Hause, da kann er sich voll und ganz aufs Singen konzentrieren. Titel von Seal, Barcley James Harvest und The Moody Blues erklangen. Mit „Wonderful tonight“ von Eric Clapton beendete er den Auftritt.
Diesen Song widmete Orth seinem jüngst verstorbenen Vater Lothar – ebenfalls eine gestandene Musikergröße in der Region – und verließ mit einem Lächeln die Bühne. kaba
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