Schwetzingen. „Sonaten gehören mit zu den persönlichsten Werken dieser Komponisten“ erklärte Pianist Moritz Winkelmann die Wahl seines einzigartigen Programms rund um Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven. Diesen Klassikgenuss ließen sich die Besucher des Schwetzinger Mozartfestes nicht entgehen und fanden sich am Sonntagvormittag erwartungsvoll im Jagdsaal des Schwetzinger Schlosses ein.
Charmant führte Winkelmann durch das Programm und sicherte sich noch vor dem ersten Ton aus dem Flügel die Sympathie der Zuhörer. Diese konnten wählen, ob sie den Assoziationen des Pianisten folgen oder die Musik ganz anders erleben – seine Interpretation ließ es zu bei Beethovens Klaviersonate F-Dur op. 10 Nr. 2. Nach einem erfrischenden ersten Satz erklang die „Transzendenz Schuberts“ und tatsächlich hörte man eine gewisse Ähnlichkeit im Allegretto heraus, besonders im changierenden Wechsel zwischen Dur und Moll. In emsigen Tonwiederholungen startete das Presto. Die Finger des mehrfach ausgezeichneten Pianisten huschten nur so über die Tasten in technischer Perfektion, die er bei dieser Matinee noch oft unter Beweis stellen würde.
Auf die Sonate Beethovens folgte das Rondo KV 494 von Mozart, der die Tonart F-Dur zum zerbrechlichen Spieluhr-Thema machte. Die Klarheit vom Anfang behielt Winkelmann bei, auch wenn das freundliche Thema im Laufe des Rondos abgelöst wurde und neue Facetten hinzukamen. Die Klaviersonate Nr. 14 op. 27 Nr. 2 in cis-Moll von Beethoven stand nicht auf dem Programm und doch hätte jedes Kind das Thema des ersten Satzes der „Mondscheinsonate“ wiedererkannt. Den romantischen Titel findet Winkelmann unpassend: „Der Begriff stammt nicht von Beethoven. Für mich ist ´Mondscheinsonate´ etwas Romantisches, etwas im positiven Sinne fast Kitschiges so wie der Sonnenuntergang – ich finde, es lenkt mich ab. Aber der Name ist so etabliert, daran werde ich nichts ändern.“
Ungezügelte Energie
In seiner Interpretation richtete er sich viele mehr an Beethovens Zusatz „quasi una fantasia“. Besonders im berühmten ersten Satz, der grübelnd in Triolen dahinfloss, schaffte es Winkelmann, die Aufmerksamkeit des Publikums auf jeden Ton und jede Wendung noch mal neu zu richten. „Mein Ziel ist tatsächlich, es gar nicht ,anders´ zu spielen, sondern der Sache den Gehalt zu verleihen, den ich darin sehe – dadurch wird es sehr subjektiv und dadurch wird es anders.“ Obwohl er selbst den langsamen Satz als Herausforderung sieht, brillierte er mit ungezügelter Energie in den aufsteigenden Läufen des dritten Satzes und erntete viel Beifall.
Im zweiten Programmteil erwartete das Publikum eine sehr bewegte Sonate in a-Moll von Mozart (KV 310). Im Gegensatz zum vorherigen Rondo wirkte vor allem der erste Satz sehr besorgt und rastlos – eher ungewohnte Klänge für den Komponisten. Im zweiten Satz erschuf Winkelmann eine wunderschöne Melodie, gleich einer Erinnerung an fröhlichere Kindheitstage. Nach einem kämpferischen dritten Satz gibt es viel Applaus für die Interpretation. „Fast witzig“ sieht es Winkelmann, dass Mozart trotz seines vorauseilenden Ruhmes in Mannheim nicht genommen wurde.
Er arbeitet an einem Projekt
2021 meinte das Schicksal es besser mit dem Pianisten und er trat eine Professur für Klavier an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Mannheim an. Neben der pädagogischen Tätigkeit feilt Winkelmann weiter an seiner künstlerischen Karriere, die ihn bereits auf Tourneen in die USA, China und Japan brachte. Derzeit arbeitet er am Projekt, alle 32 Sonaten Beethovens bis zu dessen Todesjahr 2027 aufzunehmen. Die Sonaten werden laufend bis dahin vertont und jedes Jahr veröffentlicht, damit diese dann 2027 als Box erscheinen.
Die letzte Sonate auf dem Programm im Jagdsaal war Beethovens op. 110. Diese Sonate hat der Komponist niemandem gewidmet. „Daraus schließt man, dass es so persönlich ist, dass es keinen Widmungsträger haben kann.“ Als vorletzte Sonate entstanden, ist diese nicht mehr an gegebene Formen gebunden. Besonders beeindruckend ist der dritte Satz. Winkelmann drückt es in Worten und auch in seiner Interpretation aus: „Der dritte Satz ist der gewichtigste und er öffnet die Tore in die Ewigkeit – und zumindest in die Romantik.“
Dabei greift Beethoven auf das Kompositionswerkzeug des Barocks zurück. Auf ein sehr gefühlvolles, klagendes Arioso folgte eine raffinierte Fuge, ein zweites Arioso leitete das große Finale ein, ebenfalls eine Fuge. Als Zugabe durfte man bei einer Sarabande von Johann Sebastian Bach noch mal zur Ruhe kommen.
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